Täglich frische Leichen
einigen
Wirbel veranstalten.«
»Ich weiß immer noch nicht,
wovon du redest«, beharrte Milroyd .
»Natürlich nicht.« Johnny
nickte. »Hab’ ich dir eigentlich schon erzählt, daß ich früher Pfadfinder war?«
»Dein Lebenslauf interessiert
mich nicht«, erklärte Milroyd kühl.
»Du weißt doch — jede gute Tat
verdient ihren Lohn«, fuhr Johnny lächelnd fort. »Du hast bei der Polizei
angerufen und ihnen erzählt, wo Sterns Leiche zu finden sei, aber die Jungen
hatten Pech. Sie werden ganz schön sauer auf dich sein, Alex. Vielleicht sollte
ich sie nun anrufen — genauso anonym wie du — und ihnen verraten, daß du
falschen Alarm geschlagen hast.«
Darauf folgte eine unangenehme
Stille, und mir wäre es lieber gewesen, Johnny hätte seinen Mund gehalten.
Milroyd verließ den Raum. Ich stand auf und gesellte mich zu Johnny, denn ich
sagte mir, falls es Ärger gab, könnte ich meine Selbstverteidigungskunst
stehend besser ausüben.
Milroyd kehrte mit einer
Aktentasche zurück. »Ich weiß zwar immer noch nicht, was du da erzählst,
Johnny«, meinte er, »aber ich nehme an, es handelt sich um einen Fall, den du
bearbeitest. Stimmt’s?«
»Sozusagen«, erwiderte Johnny.
»Und du hast einen
Auftraggeber. Stimmt’s?«
»Sozusagen«, wiederholte
Johnny.
Milroyd öffnete die Aktentasche
und entnahm ihr ein Bündel Banknoten, daß mir die Augen übergingen. Ich
erhaschte einen Blick auf den obersten Geldschein — es war ein Fünfziger! Und
wenn die anderen auch alle Fünfziger waren, dann steckte in dem Bündel mehr
Geld, als ich je zuvor auf einem Haufen gesehen hatte.
»Zu dumm«, sagte Milroyd
bedauernd. »Siehst du, Johnny, ich könnte nämlich im Augenblick einen Mann wie
dich sehr gut brauchen. In Florida wohnt ein Kerl, der mir viel Geld schuldet.
Ich habe das Gefühl, er will nicht zahlen. Deswegen suche ich jemand, der
hinfährt und für mich kassiert. Ein glücklicher Zufall, daß du ausgerechnet heute abend hier hereingeschneit bist. Ich dachte schon
daran, dich gleich morgen früh anzurufen und zu fragen, ob du den Job nicht
übernehmen willst.« Er begann, das Geld zu zählen. »Du wärst etwa eine Woche
unterwegs«, sagte er. »Ich käme für alle Spesen auf, und als Anzahlung... wie
wär’s mit einem Tausender?«
Johnny schüttelte energisch den
Kopf. »Zieht nicht, Alex«, sagte er. »Ich bleibe bei meinem Vorschlag.«
»Du begehst einen Fehler«,
meinte Milroyd freundlich.
»Das glaube ich nicht.«
Milroyd blickte zu dem
kahlköpfigen Kleiderschrank hinüber. »Mr. Rio möchte uns verlassen, Charlie«,
sagte er. »Zeig ihm den Weg.«
Johnny nahm Kurs auf die Tür,
und ich folgte seinem Beispiel. Da sagte Milroyd scharf: »Du nicht, schönes
Kind. Du setzt dich hübsch brav wieder hin. Du bleibst nämlich hier!«
Ich wollte ihn gerade auf
seinen Irrtum aufmerksam machen, aber dann sah ich ein, daß er doch recht hatte
— die beiden anderen Figuren hatten schon wieder Kanonen in den Fingern. Sie
deuteten damit geradewegs auf mich. Also nahm ich wieder auf der Couch Platz
und gab mir Mühe, so zu tun, als sei ich gar nicht vorhanden.
Johnny fuhr herum, das Gesicht
rot vor Zorn. »Was soll der Blödsinn, Alex?« fragte er ungehalten. »Mavis geht
mit mir.«
»Irrtum, Johnny«, sagte
Milroyd. »Sie bleibt da, du gehst. Sie ist für ein Paar Tage mein Gast, also so
eine Art Versicherung. Wenn die Polizei kommt und mich wegen des Anrufs
verhört, von dem du sprachst, dann wird Mavis wohl einen kleinen Unfall haben.
Nichts Lebensgefährliches, eben nur so einen dummen Unfall. Säure im Gesicht oder
so... du weißt ja Bescheid.«
Ich sah Johnnys Hand ins
Jackett tauchen, aber plötzlich erstarren, weil Charlie ihm einen Pistolenlauf
in den Rücken gerammt hatte.
»Spiel nicht den Helden,
Johnny.« Milroyd lächelte dünn. »Dein Kopf ist ohnehin nicht dicht, willst du
unbedingt auch noch ein Loch im Bauch haben?« Er nickte Charlie zu. »Überzeug
dich, daß Mr. Rio nicht versucht, noch mal wiederzukommen. Und wenn er’s doch
tut: Das Gesetz erlaubt, auf verdächtige Gestalten am Haus zu schießen.«
»Okay«, knurrte Charlie und
verlieh dem Pistolenlauf weiteren Nachdruck. »Du hörst, was der Boss sagt.«
»Nur eins noch, Alex«, sagte
Johnny scharf. »Wenn Mavis etwas zustößt, dann...«
»Ich weiß«, unterbrach ihn
Milroyd. »Die Brüder im Fernsehen sagen das auch immer. Ihr passiert nichts,
solange du nichts unternimmst, Johnny. Denk dran.«
An meinen Beinen spürte
Weitere Kostenlose Bücher