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Täglich frische Leichen

Täglich frische Leichen

Titel: Täglich frische Leichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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nichts bedeckt ist, reichen zwei Hände gar nicht aus. Und für
jungmädchenhafte Scheu war’s ohnedies schon zu spät. Ich besprühte ihn also nur
mit giftigen Blicken und rief: »Was, zum Teufel, wollen Sie hier?«
    »Ich habe auf dich gewartet,
Kleine«, erklärte er gelassen. »Ich habe mehr Zeit als Geld und pflege gern der
Muße. Und wo wäre dafür ein besserer Platz als hier in deiner Kemenate?«
    »Sie haben’s geschafft!« sprach
ich à la Erste Tragödin.
    »Ich, du, er, sie — wir haben’s
geschafft«, sagte er. »Und da wir nun so hübsch beisammen sind, schaffen wir
uns selbst! Wir brauchen nur ein bißchen Jazz und was zu trinken, und dann
sollst du mal sehen, wie geschafft wir uns schaffen, du Überzahn!«
    »Sie haben George aus dem
Kofferraum genommen«, sagte ich, ohne auf sein Geschwätz zu achten. »Aber wieso
haben Sie ihn hierhergebracht?«
    »Ich habe die Blauen kommen
sehen«, sagte er, »und sagte mir, einer Wuchtbrumme wie dir muß man ganz
einfach ’nen Gefallen tun. Also hab’ ich den Alten umgeladen. Geschafft?«
    Ich blitzte ihn an. »Am besten
schaffe ich euch beide jetzt in den Pazifik — wo er am tiefsten ist!«
    »Aber im Bad ist er doch auch
ganz gut aufgehoben«, meinte er.
    »Das meinen Sie. Ich nicht!«
    Er nickte, irgend etwas schien
seinem verrückten Gehirn zu gefallen. »Jetzt kommst du dran«, sagte er. »Was
gibt’s denn in diesem Etablissement zu trinken?«
    »Dort drüben im Schrank steht
eine Flasche Whisky«, gab ich ihm Auskunft, um mal für einen Augenblick Ruhe zu
bekommen. »Für Notfälle — wie heute!«
    Er ging zum Schrank, und
während er sich mit der Flasche befaßte, eilte ich ins Schlafzimmer.
    Ich war gerade in ein Höschen
geschlüpft, da klingelte es. Ich zog mich hastig fertig an, um öffnen zu
können, streifte einen Pullover über den Kopf und zwängte mich in hautenge
Hosen. Ich stieg in die Sandalen und wollte eben zur Tür, da fiel mir auf, daß
etwas an dem Klingeln eigentümlich war.
    Es hatte nur einmal
geklingelt...
    Ich ging ins Wohnzimmer — der
Pilzkopf war nicht mehr da. Er schien’s mit dem
Weggehen sehr eilig gehabt zu haben, denn er hatte nicht mal die Flasche
entkorkt. Sie stand noch unversehrt auf dem Tisch.
    Zwei Schritte noch, dann schrie
ich wieder — das schien ja heute nachgerade bei mir zur Gewohnheit zu werden!
Mit dem Gesicht nach unten, just an der Tür, lag noch ein Toter...
    Ich stand ein Weilchen da und
starrte nur — allmählich wurde es mir einfach zuviel. Und dann bemerkte ich,
daß mir der Mann bekannt vorkam. Ich hatte ihn schon gesehen. Ich krabbelte auf
Knien und Händen hin und drehte ihn um. Ich kannte ihn tatsächlich. Es war
Johnny Rio. Aber tot war er noch nicht.
    Von Erster Hilfe verstehe ich
ja nicht viel, dafür verstehe ich um so mehr von Johnny Rio; beispielsweise
wäre es nutzlose Zeitvergeudung gewesen, ihm Wasser ins Gesicht zu gießen. Ich
entkorkte die Flasche und träufelte ihm Whisky in den Mund.
    In Null Komma nichts hatte er
sich aufgesetzt und blinzelte mich an. »Wer, zum Teufel, hat mich
niedergeschlagen?« fragte er mit belegter Stimme. »Hör schon auf, den guten
Whisky zu verschütten, du Dummkopf! Gieß ihn in ein Glas und gib’s mir!«
    Ich tat wie geheißen, er leerte
das Glas, rappelte sich hoch und musterte mich mißgelaunt .
»Wer hat mich niedergeschlagen?« wiederholte er.
    »Schau mich nicht so an«, sagte
ich. »Ich war im Schlafzimmer und hab mich angezogen.«
    »Auch das noch!« stöhnte er.
»Wer war denn nun hier?«
    »Der Beatle muß es gewesen
sein«, sagte ich. »Vielleicht bekam er es mit der Angst, als du geklingelt
hast. Jedenfalls ist er nicht mehr da.«
    »Beatle?«
    » Yeah «,
sagte ich, »der Geschaffte.«
    »Mavis«, erklärte Johnny kühl,
»jetzt bist du tatsächlich übergeschnappt.« Er seufzte und reichte mir das
Glas. »Trink mal, während ich mich ein bißchen auffrische.«
    »An deiner Stelle täte ich das
nicht«, sagte ich rasch. »Jedenfalls nicht im Bad.«
    »Wo denn sonst, in der Küche?«
    »Mein Bad wird dir gar nicht
gefallen«, beharrte ich.
    »Kümmere du dich nur um den
Drink — und gib ein, zwei Eiswürfel hinein«, knurrte er und schlurfte ins Bad.
    Ich war in der Küche und holte
gerade Eis, da ertönte sein Schrei. Nun hatte auch er seinen Teil abgekriegt.
Zwei Sekunden später prallten wir im Wohnzimmer zusammen.
    »Mavis!« Die Augen quollen ihm
fast aus dem Kopf. »In deinem Bad hockt ein Toter!«
    »Ich weiß«, sagte ich.

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