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Taenzer der Nacht

Taenzer der Nacht

Titel: Taenzer der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Holleran
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den Gang auf und ab und stieß Drohungen aus. Zuerst achtete keiner auf ihn, nur einer rief: „Steck ihn dir doch in den Hintern und drück ab!“ und einige Tunten kreischten: „Oh, das w ä r’ geil!“ Und dann schrie der Puertoricaner: „Ich zähl’ bis fünf, dann schieß ich euch allen die Rübe ab!“, und die Leute begannen, sich nach ihm umzudrehen. „Alle halten die Klappe! Sonst schieß ich dem hier die Rübe ab!“ schrie er, während er in der Dunkelheit neben einem Typen stand, den wir nicht sehen konnten.
    Dann – während die Unschuld vom Lande auf einem Stein im Central Park unter den Fenstern des Hotels Pierre saß und eine Krise durchmachte –, sagte Malone in seiner lässigen, ruhigen Stimme: „Mach doch, mir ist es egal.“
    Und Sutherland fiel atemlos ein: „Erschieß doch mich, Liebling, ich bin so abgefahren, daß ich nur noch ‘runter komme, wenn mir der Kopf abgeschossen wird. Denn der ist doch der Grund für alle Probleme, stimmt’s nicht? Wir denken viel zuviel! Schieß mir die Rübe ab, Liebling, und ich bin nur noch ein hoch sensibles Arschloch!“
    Und dann fing Sutherland an, Malone in seiner mun te ren und atemlosen Stimme von einem Kurs zu erzäh len, den er bei einem schwulen Psychologen in San Francisco mitgemacht hatte, der darüber ging, wie man mit seinem Arsch als Quelle sexuellen Vergnü gens in Kontakt kommt.
    „Halt die Klappe!“ schrie der Mann. „Ich knall dich über den Haufen!“
    „Mach doch, Liebling!“ stöhnte Sutherland. „Drück ab und hol mich ‘runter!“ Und er beendete seine Unter haltung mit Malone, während die Menge johlte: „Richtig so, weiter, zeig’s ihm!“, und der Puertoricaner drehte sich hin und her und richtete seine Pistole auf die Leute, die gerufen hatten. Dann fing Mahogany an, und der Mann setzte sich in die vorderste Reihe, um Diana Ross zuzusehen, wie sie den Titelsong sang.
    Nach dem Film kamen sie mit strahlenden Gesichtern in ihrer schwarzen Fliege heraus und zündeten sich eine Zigarette an, während Malone sich an die Straße stellte, um ein Taxi anzuhalten. Sutherland sah den Puerto rikaner in seinem weiten Pelzmantel und dem spitzen Hut, wie er am Straßenrand dastand mit einem mürrischen, gestörten Gesichtsausdruck, als ob er nur auf einen weiteren Vorwand wartete, um jemanden mit seiner Pistole zu bedrohen. Die menschlichen Ner ven hatten in diesem Stadtteil einen leicht ausgefran sten Rand – eine dünne Linie zwischen menschlichem Leben und der Gewalt.
    Man verpaßte in dieser Straße immer um zehn Minu ten einen Mord. Man kam nichtsahnend herunter, um einzukaufen, und der Bürgersteig war abgezäunt, als ob er frisch asphaltiert wäre, und ein Schild baumelte herab: „Spurensicherung. Nicht betreten.“ „Da sieht man, wie gefährlich schlechte Kunst fürs Publikum ist“, sagte Suther land, während er dem Puertorika ner, der ihn mit einem wilden, verrückten Blick anstarrte, eine Zigarette anbot. „Sie verbreitet Unordnung, wie schon Plato sagte. Aber nicht ich war es, den Sie hätten erschießen sollen“, er wurde bereits von den anderen zum Taxi gerufen, „Sie sollten lieber die Schnulzen schrei berin Jacqueline Susann umbringen, mein Lie ber.“
    Und damit stieg er ins Taxi und sandte ihm einen Kuß mit den Fingerspitzen, während der Mann anfing, auf Spanisch zu ihm herüberzuschreien.
    Und wieder schlug die Stadt über ihnen zusammen, und sie führten das anstrengende Leben, das für uns nur in den Zeitungen existiert, wenn überhaupt. Be stimmt werden in New York jeden Abend mehr Parties gegeben als in jeder anderen Stadt der Erde. Malone und Sutherland gingen normalerweise jeden Abend auf drei, und am Wochenende noch auf ein paar mehr. Früh morgens, wenn wir aus dem Park nach Hause kamen, liefen wir Malone in die Arme, wie er im Smoking dastand, und, mit einer Zeitung und einer Packung Milch unter dem Arm, sich mit einem Penner in den Dampfwolken unterhielt, die aus den Luft schächten aufstiegen, ein gespenstischer Anblick.
    „Erfolg gehabt?“ fragte Malone dann munter, wenn er uns sah. Er suchte in der Tasche nach einer Zigarette und zog statt dessen einen mit Nieten besetzten Cock ring heraus. „Suchen die Typen dort auch nach Liebe? Und finden sie sie?“ Denn auch, als er selbst schon überall mitmachte, war er überzeugt, daß dies eine müh same Art war, sein Leben zu verbringen. Eines Abends nach dem Besuch einer neuen Diskothek, die gerade in der East Nineteenth Street aufgemacht

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