Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Tag der Buße

Titel: Tag der Buße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
Vom Netzwerk:
Gegend, wo er das Auto geparkt hatte, gibt es keine richtigen Restaurants. Vielleicht hat ihn jemand nach dem Essen dort abgesetzt. Allerdings wäre es doch viel sinnvoller gewesen, mit dem Auto bis zum Restaurant zu fahren. Wissen Sie, was ich glaube? Der Typ war bei seiner Freundin. Die hat ihn ein paar Blocks vom Büro entfernt abgesetzt, damit ihn niemand sah, der ihn kannte. Auf dem Heimweg ist er dann überfallen worden. Die Uniformierten haben mir erzählt, er hätte stark nach Alkohol gerochen.«
    »Es war niemand bei ihm, als er überfallen wurde?«
    »Nope. Das paßt gut zu meiner Theorie, daß ihn irgendwer abgesetzt hat.«
    »Wissen Sie, ob Stoner schwul ist?« fragte Decker.
    »Schwul?« Benderhoff riß die Augen auf. »Keine Anzeichen dafür. Warum? Was haben Sie denn für mich?«
    Decker zeigte ihm die Fotos von Noam und Hersh und erklärte ihm ausführlich den Zweck seines Besuchs. Während er zuhörte, starrte Benderhoff die ganze Zeit auf die Fotos und nickte an bestimmten Stellen. Als Decker fertig war, fuhr Benderhoff sich mit den Fingern durch die Haare und dachte noch einen Augenblick nach.
    »Das ist zwar nicht ganz mein Gebiet, aber ich weiß, daß es in der Gegend ein paar Lokale gibt, wo … na ja, Sie wissen schon … wo ehrbare Geschäftsmänner mit homosexuellen Neigungen, die alles zu verlieren haben, ein bißchen Spaß haben können. Sehr nobel. Sehr diskret. Soweit ich weiß, hat’s da noch nie Probleme gegeben. Die, die da hingehen, sind ganz ehrbare Bürger. Aber sie könnten sich vielleicht mal bei der Sitte danach erkundigen. Die wissen bestimmt mehr als ich.«
    »Die Clubs sind um diese Uhrzeit sicher alle geschlossen?«
    »Das nehm ich an.«
    »Das einfachste war wohl, wenn wir Stoner ein paar Fotos zeigten«, sagte Decker. »Irgendwelche Typen im entsprechenden Alter, und ich misch meine darunter.«
    »Könnte schwierig sein, wenn Mrs. Stoner daneben sitzt.« Benderhoff lachte leise vor sich hin. »Vielleicht könnte ich ja meinen ganzen Charme mal spielen lassen. Ich brauch sie nur mit meinen unschuldigen blauen Augen anzustrahlen, und sie läuft wie ein Hündchen hinter mir her.«
    »Wann hatten Sie vor, mit Stoner zu reden?«
    »Ich weiß noch nicht«, sagte Benderhoff. »Gegen sieben. Oder vielleicht acht. So in der Richtung.« Er sah auf seine Uhr. »Es ist jetzt halb fünf. Das Good Sam ist ganz in der Nähe. Wir könnten oben noch ein paar Stunden pennen, dann ’nen Kaffee trinken und los.«
    Decker fand das eine gute Idee.
    Benderhoff zögerte, dann sagte er: »Ist dieser Junge mit Ihnen verwandt?«
    »Nein«, antwortete Decker ohne jedes Zögern. »Ich tue meiner Frau einen Gefallen. Sie ist mit der Familie befreundet.«
    »Das muß ja ’ne tolle Frau sein.«
    Decker nahm ein Foto von Rina heraus – ein vom Fotografen aufgenommenes, das sie kurz vor ihrer Hochzeit hatte machen lassen. Decker hatte es sich für seinen Schreibtisch gewünscht. Und er wollte sie darauf mit langen offenen Haaren haben, weil er wußte, daß nach der Hochzeit die ganze Pracht entweder bedeckt oder geflochten sein würde. Zuerst hatte sie es überhaupt nicht machen wollen – die Zeit, das Geld, das ganze Theater mit Make-up und Klamotten. Aber er verlangte ja sonst so wenig von ihr, daß sie schließlich ohne große Widerrede zugestimmt hatte. Alle Aufnahmen waren hervorragend geworden. Der Fotograf hatte gemeint, sie könnte als professionelles Model arbeiten, und hätte gern ein Porträt von ihr in sein Schaufenster gestellt. Aber Rina hatte ihn gebeten, es nicht zu tun. Das ganze Getue um sie war ihr peinlich.
    Benderhoff starrte lange auf das postkartengroße Foto. Dann sagte er: »Wissen Sie was? Wenn das meine Frau war, würd ich ihr auch ’nen Gefallen tun.«
     
    Thomas Stoners Kopf lag reglos wie Marmor auf dem Kopfkissen. Aus seinen Nasenlöchern kamen Schläuche, in seinem Arm steckten Nadeln. Das Krankenhausnachthemd war am Hals offen. Graue Haare kringelten sich auf seiner Brust. Das Haar auf seinem Kopf war silbrig und dünn und vom Schwitzen sehr feucht. Seine Augen waren eingesunken, die dicken Lippen fast blutleer. Decker saß auf der rechten Seite des Bettes, Benderhoff auf der linken. Sie waren sehr dicht an den Mann herangerückt und gaben ihm eine Minute, um sich an ihre Gegenwart zu gewöhnen. Schließlich bedeutete Stoner mit einem Nicken, daß sie anfangen könnten.
    Benderhoff nahm ein halbes Dutzend Fotos heraus, darunter welche von Noam und Hersh. »Ich zeige

Weitere Kostenlose Bücher