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Tag der Buße

Titel: Tag der Buße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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Ihnen jetzt ein paar Gesichter, Mr. Stoner. Nicken Sie, wenn Ihnen jemand bekannt vorkommt.«
    Die ersten beiden Fotos riefen keine Reaktion hervor. Das dritte war ein Bild von Noam. Auch das starrte Stoner nur ausdruckslos an. Doch als Benderhoff ihm das High-School-Foto von Hersh zeigte, wurden seine Augen größer.
    »Das ist er«, sagte Stoner.
    »Sind Sie sicher?« fragte Benderhoff.
    »Absolut«, flüsterte Stoner. »Motherfucker.« Von der Anstrengung mußte er so heftig husten, daß ihm die Schläuche fast aus der Nase glitten. Dann beruhigte er sich wieder und lag ganz still.
    Benderhoff und Decker sahen sich an.
    »Sie haben gesagt, zwei Männer hätten Sie überfallen?«
    »Ja«, sagte Stoner.
    »Sie brauchen nur zu nicken, wenn das für Sie einfacher ist«, sagte Decker. »Okay, also zwei Männer haben Sie überfallen.« Er zeigte auf das Foto von Hersh. »Und einer davon war der hier?«
    Stoner nickte. »Der andere … maskiert.«
    Decker zögerte einen Augenblick und sagte dann zu Benderhoff: »Merkwürdig, einer war maskiert, der andere nicht. Klingt nicht nach einem typischen Straßenraub.«
    Stoners Augen weiteten sich erneut.
    »Mr. Stoner«, sagte Decker. »Diese Kerle werden weiter Leute überfallen. Sie haben großes Glück gehabt. Das nächste Opfer kommt vielleicht nicht so glimpflich davon. Ich muß genau wissen, was passiert ist, damit ich verstehe, wie die beiden operieren. Wissen Sie, was ich meine?«
    Stoner schloß die Augen.
    »Wir haben Ihre Frau hinausgeschickt, damit wir ganz offen mit Ihnen reden können«, sagte Decker.
    »Was Sie sagen, wird innerhalb dieser vier Wände bleiben«, sagte Benderhoff.
    Stoner antwortete zwar nicht, doch aus seinen geschlossenen Augen liefen Tränen.
    »Mr. Stoner?« sagte Benderhoff.
    »Machen Sie … weiter«, sagte Stoner. »Ich weiß … daß Sie’s wissen. Aber meine Frau … zweiunddreißig Jahre verheiratet. Sie … darf es nicht … erfahren.«
    »Ich verstehe«, sagte Benderhoff.
    »Machen Sie weiter«, sagte Stoner.
    »Ich will es so kurz wie möglich machen«, sagte Decker. »Diese Clubs, in die Sie gehen … die sind sehr exklusiv. Wie ist dieser Mann reingekommen?«
    »Mein Gast«, flüsterte Stoner.
    »Kannten Sie ihn von früher?« fragte Benderhoff.
    Stoner schüttelte den Kopf. »Er … wartete … draußen.«
    »Sie haben ihn mit reingenommen«, sagte Decker. »Dann muß er ordentlich angezogen gewesen sein.«
    Stoner nickte. »So … jung … kraftvoll. Er hat mir erzählt, er hätte … er hätte seinen Ausweis verloren. Er … war wütend, weil … die ihn nicht reinließen. Ich hab’s geglaubt … Er hatte das richtige Aussehen. Einen ausländischen Akzent … gute Manieren. Ich hab ihn eingeladen … als meinen Gast. Ich war … ein Idiot. Hätte … es wissen sollen. Ein unheimliches Lächeln.«
    »Ein unheimliches Lächeln?« sagte Decker. »Inwiefern?«
    »Irgendwie verrückt.« Stoner wandte sich zu Benderhoff. »Wenn meine Frau … wenn sie das erfährt …« Er fing an zu husten – ein abgehacktes mitleiderregendes Geräusch, das ihm offenbar große Schmerzen bereitete.
    Decker wartete, bis er sich wieder beruhigt hatte, dann sagte er: »Sie haben ihn also in den Club eingeladen. Haben zusammen was getrunken.«
    Stoner nickte. »Irgendwann hat er vorgeschlagen … wir sollten … in seine Suite gehen … im Belle Maison.«
    »In seine Suite?« sagte Decker.
    »Er hat mir erzählt, er sei ein deutscher Graf. Heinrich Stremmer.« Stoner blickte auf. »Ich hab das für … Unsinn gehalten. Ein Stricher … davon gibt’s viele … im Club. Aber er sprach … fließend Deutsch.«
    Decker dachte, daß es vermutlich Jiddisch gewesen war. Für ein ungeübtes Ohr hörten sich die Sprachen gleich an. Andererseits könnte Hersh durchaus auch Deutsch können.
    »Seine Suite … zu öffentlich«, sagte Stoner. »Dann schlug er mein Büro vor. Ich hatte ihm erzählt … ich arbeite hier in der Gegend. Er meinte … falls uns jemand sieht, könnte … ich sagen, er war … ein Klient.«
    »Und auf dem Weg dorthin wurden Sie angegriffen«, sagte Decker.
    Stoner nickte.
    »Er hat Sie in eine Falle gelockt«, sagte Decker.
    »Ich … ein Idiot. Betrunken …«, sagte Stoner.
    »Er wußte, wo Sie arbeiten«, sagte Benderhoff.
    »Ja«, flüsterte Stoner. »Muß er gewußt haben.«
    »Wer hat auf Sie eingestochen?« fragte Benderhoff. »Oder haben das beide getan?«
    »Heinrich«, flüsterte Stoner. »Er hat … zugestochen. Ich war …«

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