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Tag der Buße

Titel: Tag der Buße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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respektiert, wie er auch ihre respektierte. Er liebte ihre Begeisterungsfähigkeit und unterhielt sich gern mit ihr. Er freute sich sehr, daß sie zum Essen kam. Vielleicht würde er heute abend das Thema Adoption ansprechen. Mal sehen, wie sie reagierte.
    Nein, er würde es vermutlich nicht tun.
    Zu kompliziert nach so wenig Schlaf. Er würde später darüber nachdenken. Rina redete mit ihm.
    »Was willst du mit dem Beweismittel machen?«
    Decker öffnete die Augen. »Beweismittel?«
    Rina hielt die Plastiktüte hoch.
    »Ach das«, sagte Decker. »Ich bin zu einer Entscheidung gekommen – einem halbwegs zu verantwortenden Kompromiß. Wenn die ganze Sache vorbei ist – falls das je passiert –, werde ich mir Noam selbst vorknöpfen. Wenn ich glaube, daß er zu retten ist, werde ich die Augen vor der Gerechtigkeit verschließen und das verdammte Ding wegwerfen. Aber wenn er’s nicht ist … dann werf ich ihn den Wölfen zum Fraß vor und pfeife auf die familiären Konsequenzen.«
    »Das hört sich ziemlich fair an, Peter«, sagte Rina.
    »Du bist mir eine große Hilfe. Gute Nacht.«
    Als er fest schlief, rutschte Rina vorsichtig unter ihm weg. Sie erwog kurz, ihm einen Zettel zu schreiben, doch dann dachte sie, was soll’s. Er würde bloß einen Anfall kriegen, und das war’s nicht wert.
    Sie ging in die Küche und nahm den Ersatzschlüsselbund von der Wand. Peter hatte mindestens zwanzig Schlüssel – vermutlich einen von jeder Herrentoilette im Polizeigebäude. Wie der Schlüsselbund eines Gefängniswärters. Irgendwo dazwischen mußte der Schlüssel für den Porsche sein.
    Sie klimperte einen Augenblick mit dem Schlüsselbund, dann warf sie einen Blick in ihre Handtasche. Der Revolver lag auf dem Boden darin, unter mehreren losen Papiertaschentüchern verborgen. Sie hängte sich die Tasche über die Schulter und schloß leise die Tür hinter sich.
     
    Hank bürstete die Flusen von einer grauen Flanellhose aus englischem Kammgarn und dachte, wenn die Jungs daheim ihn jetzt sehen könnten. Hundertfünfzig Dollar für die Hose, siebenundsiebzig für das Hemd – feinste Baumwolle. Dann noch mal fünfzig für die Krawatte, weil sie reine Seide und von den Spaghettifressern importiert war. Graf Heinrich Stremmer würde selbstverständlich nur reinseidene Krawatten tragen. Das Problem war nur, daß die Klamotten fast die halbe Beute auffraßen. Der Rest ging für Essen drauf – reine Verschwendung, man aß es, dann schiß man es wieder aus – und das Geld, das sie für die Wanzenbude blechen mußten, in der sie sich einquartiert hatten. Dann war da noch Nick-O. Wie versprochen hatte Nick-O oder Nikolas, wenn Heinrich Stremmer seine deutsche Anwandlung hatte, sein Aerosmith-T-Shirt und eine neue schwarze Jeans bekommen. Hank hatte geglaubt, Nick-O würde sich freuen, doch der Junge hatte die Tüte nur auf die versiffte Matratze geschmissen und weiter geschmollt.
    Hank hatte ihn angebrüllt. Jetzt hab ich eine ganze Stunde damit verplempert, das für dich auszusuchen, und du schmeißt es hin, als ob’s Müll war.
    Nick-O hatte einen merkwürdigen Ausdruck im Gesicht. Dann bring es doch zurück, war alles, was er gesagt hatte.
    Merkwürdige Reaktion. Hank wußte nicht genau, was er davon halten sollte. Die letzte Nacht hatte Nick-O verändert. Er schmollte die ganze Zeit, aber er hatte aufgehört zu jammern. Das war gut, weil das Gejammere Hank echt auf die Nerven ging. Aber es war auch schlecht, weil Nick-O nicht mehr soviel Angst vor ihm zu haben schien. Er tat zwar immer noch, was er ihm sagte, aber es war die Haltung. Eine vollkommen andere Haltung. Er flippte nicht mehr aus, wenn Hank mit Fisch ankam oder wenn Hank anfing, die Messer zu schleifen. Als er die Forelle mitgebracht hatte, hatte Nick-O ihn aufgefordert – yeah, ihn aufgefordert, nicht etwa gebeten –, damit ins Badezimmer zu gehen.
    Du sagst mir, was ich tun soll?
    Ich sag dir nicht, was du tun sollst, hatte Nick-O geantwortet. Ich hab dir nur gesagt, du sollst damit ins Bad gehen. Ich hab genug von diesem Fischgestank. Was ist das überhaupt für eine Macke von dir mit dem Fisch?
    Hank hätte dem Jungen am liebsten sofort eine runtergehauen, aber Nick-O spielte mit der Pistole herum. Und diesmal war sie geladen. Hank hielt es nicht für klug, einem Jungen eine runterzuhauen, der gerade eine geladene Beretta in der Hand hielt.
    Wieso hast du denn diesen Tick mit dem Fisch? hatte Nick-O beharrt.
    Dieser kleine Scheißer. Fragte ihn schon wieder

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