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Tag der Buße

Titel: Tag der Buße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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routinemäßig einen Vergewaltigungsfall übernahm.
    Mal hatte man Glück, mal Pech. Kein Grund, sich verrückt zu machen. Sobald seine Wunden völlig geheilt waren und sobald die Alpträume nachließen, würde es ihm wieder gut gehen. Vielleicht ab und zu noch ein leichtes Zwicken. Damit könnte er leben. Die verdammten Ärzte versuchten ihn mit Schmerzmitteln vollzupumpen. Wofür hielten sie ihn denn? Für ein kleines Mädchen?
    Erneut klopfte es an der Tür.
    Da war aber einer hartnäckig.
    Er stellte das Kopfteil schräger, um es so bequem wie möglich zu haben. Wenn er ehrlich war, fühlte er sich, als wäre er unter eine Dampfwalze geraten. Aber zum Teufel, Genesung brauchte halt seine Zeit. Er rief den Besucher herein und bekam ganz große Augen, als sein Bruder die Tür öffnete und eintrat.
    Randy Decker war einsdreiundachtzig groß. Seiner bulligen Gestalt sah man das jahrelange Gewichtheben an. Er hatte einen dunklen Teint, schwarze durchdringende Augen und lange, glänzende schwarze Haare, die er zu einem Pferdeschwanz gebunden trug. Sein schwarz-grauer Bart verdeckte größtenteils die wulstige Narbe rechts an seinem Hals, die eine 38er Kugel hinterlassen hatte. An seinem linken Ohr prangte ein Ohrring in Form eines eisernen Kreuzes, auf seinem rechten Unterarm war eine nackte Frau eintätowiert. Aufgrund seines Aussehens und seiner perfekten Spanisch- und Portugiesischkenntnisse konnte er kurzfristig jeden Undercover-Auftrag übernehmen. Doch sein Spezialgebiet waren Drogensachen.
    Randy hatte sich dem Anlaß entsprechend feingemacht. Das hieß, seine Jeans hatte keine Löcher, und er trug etwas mit Ärmeln – genauer gesagt ein T-Shirt in Tarnfarben. An den Füßen hatte er Segeltuchschuhe, aber keine Strümpfe.»Ich hab Rina doch ausdrücklich aufgetragen, dir nichts zu sagen.«
    »Das hat sie auch nicht«, sagte Randy mit der rauhen Stimme eines Rauchers. Er zog einen Stuhl ans Bett und setzte sich. Der Sitz ächzte unter seinem Gewicht. »Für wie blöd hältst du mich, Peter? Mom ruft an und erzählt mir, du hättest dir den Arm gebrochen und kämst sie besuchen.« Er schüttelte den Kopf. »Das ergibt alles keinen Sinn. Du gehst nicht deine Eltern besuchen, wenn du gerade geheiratet hast und auch noch das Glück hast, dir den Arm zu brechen. Dann würdest du zu Hause bleiben und deine Frau bumsen, daß ihr Hören und Sehen vergeht. Du würdest nur dann deine Eltern besuchen, wenn du gerade dein Leben vor deinen Augen hast ablaufen sehen, weißt du, wovon ich rede?«
    »Natürlich weiß ich, wovon du redest.«
    »Ich hab das dreimal durchgemacht und dir jedesmal sofort davon erzählt.« Randy schlug Decker auf den rechten Arm – den gesunden. »Was soll diese Geheimnistuerei?«
    »Ich wollte nicht, daß du dir Sorgen machst.«
    »Du wolltest nicht, daß ich mir Sorgen mache?« Randy schlug ihn erneut auf den Arm. »Ich hab mir Sorgen gemacht, als Mom mir erzählte, du kämst sie besuchen. Ich wußte ja nicht, wo das Arschloch dich erwischt hatte. Als Rina mir sagte, nur am Arm und an der Schulter, war ich erleichtert. Hey, du hast doch noch das Wichtigste – deinen Grips, dein Rückgrat und deine Eier. Da kann dir nichts passieren.«
    »Du bist mir einer!«
    »Nun ja, ich will die Sache ja nicht verniedlichen oder so, ich meine nur, es hätt’ viel schlimmer kommen können.«
    »Da hast du recht.«
    Randy wippte mit einem Bein. »Der Kerl ist tot, oder?«
    »Er ist tot.«
    »Das ist gut. Saubere Sache. Sonst frißt es einen völlig auf. Man fängt an, verrücktes Zeug zu denken. Das hilft keinem.«Decker nickte.
    »Wo hast du ihn erwischt?« fragte Randy.
    »Zwischen den Augen.«
    »Und wo sonst noch?«
    »Wie meinst du das?«
    »Du hast angeblich ’ne ganze Trommel in ihn entleert.«
    Decker zog die Augenbrauen hoch. »Eine Trommel und ein Magazin.«
    Randy lachte. »Wie du siehst, kenn’ ich die ganze Geschichte. Hast du seine Eier erwischt, Peter?«
    »Nein«, sagte Decker. »Hätt ich vermutlich, wenn ich hätte zielen können.«
    »Eine Trommel und ein Magazin?« sagte Randy. »Da hast du ja Schweizer Käse aus ihm gemacht. Wie hast du das deinen Vorgesetzten erklärt?«
    »Die waren ganz in Ordnung«, sagte Decker.
    »Das ist gut. Das Letzte, was du jetzt brauchen kannst, ist Knatsch mit deinen Vorgesetzten. Wie geht’s dir denn nun wirklich?«
    »Wird schon wieder.«
    »Haben die dir von deiner Dienststelle aus ’nen Psychofritzen geschickt?«
    »Ich hab’ Vietnam durchgemacht«,

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