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Tag der Buße

Titel: Tag der Buße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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Lichtblitzen bombardiert. Der Raum war etwa sieben mal zwanzig Meter groß. An den Seitenwänden stand ein Automat neben dem anderen, und in der Mitte gab es zwei weitere Reihen von Maschinen, die mit den Rückseiten gegeneinander standen. Hintendurch war der Kassenschalter sowie ein halbes Dutzend Fahrstände mit simulierten Cockpits von Raumschiffen, Rennwagen und U-Booten. Außerdem gab es noch ein paar Hockeyautomaten. Decker konnte das ständige Tock, Tock, Tock hören, mit dem der Puck gegen die Seiten knallte. Fantasyland – wo ein einsamer Junge für ein paar Stunden wer sein konnte.
    Rasch hatte er festgestellt, daß die Jugendlichen in der Spielhalle in zwei Gruppen zerfielen. Auf der einen Seite die Dungeons and Dragons. Sie hatten dünne Schnurrbarte und trugen Brillen, die am Steg von Klebeband zusammengehalten wurden. Ihre Haare waren ungewaschen, und jeder hatte einen Bleistift in der Hemdtasche. Auf der anderen Seite die Supercoolen mit nach hinten geklatschten Haaren – ebenfalls ungewaschen. Sie trugen reichlich mit Metallketten behängte Jeans- und Lederklamotten. Die D & D’ler bearbeiteten die Maschinen mit Stil und sparten Schweiß und Energie für die Momente auf, wo es richtig hoch herging. Die Hohlköpfe dagegen hauten wie die Verrückten auf die Knöpfe und murmelten ständig Schimpfwörter vor sich hin, egal wie das Spiel ausging:
    »Das ist verdammter Beschiß, Mann.«
    Oder:
    »Scheiße, war ich saugut drauf, Mann.«
    Decker sah nach rechts. Dort explodierte gerade ein Bildschirm in tausend Lichtpunkte. Dazu ertönte eine elektronische Version des Star Wars -Themas. Das wurde übertönt von dem Tapp, Tapp, Peng des Tausendfüßlers. Aus den Pengs wurde schnelles Maschinengewehrfeuer, während der Wurm sich in seine Einzelteile auflöste und verschwand.
    Immer vorwärts.
    Decker zeigte das Foto herum – erst den Schlauköpfen, dann den Ledertypen. Das Ergebnis war das gleiche. Niemand hatte Noam Levine je gesehen. Decker war klar, daß das Foto irreführend sein mußte. Wenn Noam in die andere Welt geflohen war, hätte er sicher als erstes sein Aussehen verändert. Aber er versuchte es trotzdem und bat die Kids, sich von der jüdischen Kleidung nicht irritieren zu lassen. Noam würde möglicherweise ein Guns ’n’ Roses-T-Shirt tragen.
    Trotzdem hatte er kein Glück.
    Nachdem er immer wieder auf Unverständnis gestoßen war, klopfte Decker einem der D & D’ler auf die Schulter und fragte, ob er ihn kurz sprechen könnte. Der Junge, den er sich ausgesucht hatte, war ein schlaksiger Typ im Teenageralter mit Pickeln im Gesicht. Er trug eine Brille und hatte sehr gerade Zähne – dafür hatte sein Dad bestimmt viertausend Dollar an den Kieferorthopäden geblecht. Der schlaksige Junge sah Decker argwöhnisch an.
    »Was wollen Sie?« fragte er.
    »Ich würde zu einem bestimmten Problem gern deine Meinung hören.«
    Der Junge sah Decker an, dann seine Freunde, dann wieder Decker. Seine Lippen verzogen sich langsam zu einem Lächeln. »Meine Meinung kostet Sie aber was.«
    »Ich bin Polizist«, sagte Decker.
    »Hab ja nur Spaß gemacht«, sagte der Junge.
    »Das hab ich mir gedacht.«
    »Wie kann ich Ihnen helfen, Officer?« fragte der schlaksige Junge nun. »Wie ich bereits sagte, kenne ich den Jungen auf dem Foto nicht. Aber ich bin Ihnen gerne in jeder Hinsicht behilflich.«
    Die Augen des Jungen funkelten schelmisch – wie die von Eddie Haskell.
    Ein tiefer Posaunenschleifer endete in einem nebelhornartigen Dröhnen. Darauf folgte eine menschliche Stimme mit einem abgehackten »Scheiße«.
    Decker wollte schon loslegen, lächelte dann aber erst mal und fragte: »Wo genau bin ich hier überhaupt?«
    Ein anderer Junge mischte sich in das Gespräch. Er war etwa fünfzehn, nicht richtig dick, aber etwas pummelig um die Taille und hatte ein Doppelkinn. »Meinen Sie das metaphysisch oder nur im physischen Sinne?« fragte er.
    »Ich weiß, daß ich im Süden von Brooklyn bin«, sagte Decker. »Aber wie heißt dieser Stadtteil hier?«
    »Wenn Sie ein Polizist sind, wieso wissen Sie dann nicht, wo Sie sind?« fragte der Schlaksige.
    »Ich bin vom Los Angeles Police Department«, sagte Decker.
    »Ist der Junge, nach dem Sie suchen, aus Los Angeles?« sagte der schlaksige Junge.
    »Nein, er ist aus Boro Park. Bin ich hier in Boro Park?«
    »In Sheepshead Bay«, sagte der Pummelige.
    »Sie sehen nicht aus wie von Boro Park«, sagte der schlaksige Junge. »Sie sehen noch nicht mal jüdisch

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