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Tag der Buße

Titel: Tag der Buße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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Mädchen gibt, die schwanger sind und Drogen nehmen. Jungen in verrückten Gangs, die sich gegenseitig umbringen. Die sogar ihre Lehrer umbringen.« Er schüttelte den Kopf. »Mit dieser Welt möchte ich nichts zu tun haben.«
    Decker schwieg.
    »Sicher ist dort nicht alles so«, sagte Shimon.
    »Sie reden mit einem Cop«, sagte Decker. »Ich krieg auch nur ein ziemlich verzerrtes Bild von der Welt mit.«
    »Und deshalb sind Sie religiös geworden?«
    Decker zuckte die Achseln.
    Shimon lächelte. »Rina hatte vielleicht auch ein bißchen was damit zu tun?«
    »Ein bißchen.«
    Shimon zeigte auf ein kleines Backsteinhaus. Die verglaste Veranda war voller Spielsachen. »Das ist unsere erste Station. Sie haben gesagt, Sie wollen mit Ephraim und Moshe Greitzman sprechen. Ich kenne den Vater sehr gut. Ich werde mit ihm reden.«
    »Sehr gut.«
    Shimon öffnete die Verandatür und klopfte an ein verschlossenes Fliegengitter. Die Haustür selbst stand weit auf. Warme Luft und lautes Stimmengewirr drangen heraus. Ein kleines Mädchen kam zur Tür. Es war fünf oder sechs Jahre alt, hatte ein rundes Gesicht und Ketchupflecken am Kinn und auf seinem neuen Kleid. Seine Haare waren straff geflochten, was seine Pausbäckchen noch rundlicher erschienen ließ.
    »Malkie, ist dein Abba zu Hause?« fragte Shimon.
    Das kleine Mädchen rief »Abba«. Ein Mann um die Vierzig öffnete das Fliegengitter und trat nach draußen. Er war gut gepolstert in der Taille und hatte einen dichten schweren Bart.
    »Shim«, sagte er und schüttelte ihm die Hand.
    »Danny«, sagte Shimon. »Das ist Rina Lazarus’ – ähm – Rinas neuer Chossen, Akiva.«
    »Schana towa u-metukah. Masel tow.« Danny streckte seine Hand aus. »Wir haben uns gestern schon kennengelernt. Sie waren mit Yonasan hier.«
    Decker nickte.
    »Wie sieht’s aus?« fragte Danny Shimon. »Irgendwas Neues?«
    Shimon schüttelte den Kopf.
    »Ach, eine scheußliche Geschichte. Sag Ezra, daß wir heute für ihn gebetet haben.«
    »Das mach ich«, sagte Shimon. »Danny … Akiva ist Polizist – ein Detective. Er hat sich sehr für die Familie eingesetzt.«
    Es entstand eine verlegene Pause.
    »Er möchte sich mit Ephraim und Moshe über die Sache unterhalten«, sagte Shimon.
    Dannys Blick wanderte von Shimon zu Decker und wieder zurück zu Shimon.
    »Er muß allein mit ihnen reden«, sagte Shimon.
    »Meine Söhne haben mit dieser furchtbaren Sache nichts zu tun«, sagte Danny.
    Shimon legte einen Arm um Danny. »Natürlich nicht. Wir machen das nur ganz routinemäßig. Ich tu es für Ezra. Bitte, der Junge ist mein Neffe. Ezra und Breina sind sehr besorgt. Meiner Mutter und meinem Vater geht es auch nicht gut.«
    Danny atmete tief aus. Er wirkte ratlos. »Warum allein?«
    »Das ist das übliche Verfahren«, sagte Decker. »So red ich immer mit Kindern.«
    »Was werden Sie sie denn fragen?« wollte Danny wissen.
    »Es dauert sicher nur ein paar Minuten«, sagte Decker.
    »Danny, wir müssen noch zu vier weiteren Familien«, sagte Shimon. »Und je länger es dauert, um so schlechter sieht’s aus. Bitte.«
    Danny atmete noch einmal tief durch. »Wo wollen Sie mit ihnen reden?«
    »In ihren Zimmern wär nicht schlecht«, sagte Decker. »Oder ich geh mit ihnen um den Block, wenn Sie es nicht im Haus wollen …«
    »Doch, doch«, sagte Danny. »Gehen Sie nach oben in das Zimmer der Jungen. Ich möchte nicht, daß die Nachbarn sehen, wie Sie meine Söhne verhören.«
    »Glauben Sie mir, das ist kein Verhör. Es ist eine ganze einfache Sache. Ich bin gleich wieder draußen.«
    »Hilf uns«, sagte Shimon.
    »Natürlich.« Danny trat zur Seite und ließ sie herein.
    Das Haus war voller Gäste, und es wimmelte von Kindern. Danny nahm seine Frau beiseite und erklärte ihr, was sie wollten. Sie schien nicht gerade begeistert, aber Danny hatte eine Entscheidung getroffen, damit war die Sache klar. Er bat seine Frau, Decker und die Jungen nach oben zu bringen. Während Decker die Treppe hinaufging, fiel ihm auf, wie ungezwungen Shimon sich in das Gespräch am Tisch mischte. Er lächelte, plauderte, schien jeden zu kennen. Er fühlte sich offenbar so zu Hause, daß es Decker nicht gewundert hätte, wenn er sich die Schuhe ausgezogen hätte.
    Shimon war sehr umgänglich. Ganz im Gegensatz zu ihm. Decker fragte sich, ob er auch so kontaktfreudig wäre, wenn er sein Leben lang hier gewohnt hätte?
    Vermutlich nicht, weil er es genau wie Jonathan in dieser Enge nicht ausgehalten hätte. Er war ein

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