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Tag der Buße

Titel: Tag der Buße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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mal. Jetzt kennen wir uns nur noch irgendwie. Je älter wir werden, um so weniger hab ich mit ihm zu tun. Noam kapselt sich ab und redet nicht viel. Und wir haben völlig unterschiedliche Interessen. Wie Sie sicher gemerkt haben, interessiere ich mich für Sport, dann mag ich Autos, und ich mag …«
    Moshe wurde rot.
    »Du magst Mädchen«, füllte Decker die Lücke.
    »Wir sehen die Mädchen kaum«, sagte Moshe. »Wir haben lange Schule und sind in getrennten Gebäuden.«
    »Interessiert sich Noam auch für Sport und für Autos?«
    Moshe schüttelte den Kopf. »Nicht die Bohne.«
    »Wie sieht’s mit Computern aus?«
    »Noam soll sich für Computer interessieren?« sagte Moshe. »Das ist mir neu.«
    »Ich meine Computerspiele.«
    »Oh.« Moshe dachte einen Augenblick nach. »Er hatte so einen Game Boy – mit Octopus. Das hat er dauernd gespielt. Ich find diese Sachen langweilig, aber viele Kids stehen drauf. Hauptsächlich die jüngeren.«
    »Weißt du, ob Noam manchmal in Spielhallen rumhängt?«
    fragte Decker. »Oder hat er vielleicht einen Freund, der eine Nintendo Powerstation hat?«
    Moshe schüttelte den Kopf. »Wir haben keinen Fernseher, also haben wir auch keine Game Boy Powerstation. Das hat hier in der Gegend niemand.«
    »Hat er außer Octopus noch andere Spiele?«
    »Nicht daß ich wüßte.«
    »Was ist mit Mädchen?« fragte Decker. »Redet Noam schon mal über Mädchen?«
    Moshe wurde wieder rot. »Yeah, er mag Mädchen.«
    »Redet er über sie?«
    »Yeah.«
    »Viel?«
    »Was verstehen Sie unter viel?« sagte Moshe.
    »Wenn er über Mädchen redet, drückt er sich dann ziemlich derb aus?«
    »Yeah. Das stört mich irgendwie. Wir sind an so was nicht gewöhnt.«
    Wie erfrischend, dachte Decker.
    »Ich glaub, Noam ist pervers«, sagte Ephraim.
    »Er ist nicht pervers«, sagte Moshe.
    »Er ist doch pervers«, sagte Ephraim. Dann wandte er sich an Decker. »Er hängt viel bei den kleineren Kindern rum.«
    Decker zog die Augenbrauen hoch, aber Moshe verteidigte Noam.
    »Nicht das, was Sie denken. Es ist alles ganz offen. Er spielt bloß mit ihnen.«
    »Wie jung sind diese Kinder denn?« fragte Decker.
    »Also erstens hängt er überhaupt nicht bei ihnen rum«, sagte Moshe. »Manchmal spielt er mit den jüngeren Kindern in der Schul Fangen oder Häschen-in-der-Grube. Die sind so sechs oder sieben. Er ist wirklich nett zu ihnen. Und sie mögen ihn auch. Vielleicht wird er mal ein guter Gruppenleiter fürs Sommerlager.«
    »Findest du es denn merkwürdig?« fragte Decker.
    Moshe schien sich unbehaglich zu fühlen. »Yeah, ein bißchen schon.«
    »Es ist sehr merkwürdig«, sagte Ephraim.
    »Halt den Mund, Ephraim.«
    »Hat Noam eine Freundin?« fragte Decker. »Vielleicht eine heimliche Freundin?«
    Moshe schüttelte den Kopf. »Nicht daß ich wüßte. Die meisten Mädchen, die ich kenne, finden ihn ein bißchen seltsam. Meine Schwestern wollen überhaupt nichts mit ihm zu tun haben.«
    »Hat Noam schon mal angegeben, was er alles mit Mädchen gemacht hat? Vielleicht sogar mit Mädchen, die keine Jüdinnen waren?«
    Moshe zögerte ziemlich lange. Decker wußte, daß der Junge heftig mit sich rang. »Moshe, wenn er eine nichtjüdische Freundin hat, dann versteckt er sich vielleicht dort.«
    »Ich glaube eigentlich nicht, daß er eine nichtjüdische Freundin hat. Oder überhaupt eine Freundin. Er hat früher oft über italienische Mädchen geredet, was die alles machen … Ich weiß nicht, wo er den Quatsch her hat. Noam spielt sich gerne auf. Aber ich glaube, sein ganzes Gerede ist erfunden.«
    »Wunschdenken?«
    »Genau.«
    »Hast du ihn mal mit italienischen Jungs rumhängen sehen?« fragte Decker.
    »Nein«, sagte Moshe. »Aber da ich nicht bei denen rumhänge, kann ich eigentlich nicht sagen, ob er’s tut oder nicht.«
    »Hat Noam mal versucht, dir Drogen zu verkaufen?«
    Moshe schüttelte den Kopf.
    »Hat er mal Alkohol oder Drogen in die Schule geschmuggelt? Damit vielleicht seine Freunde Geschmack daran finden, sich vollzudröhnen.«
    »Nicht daß ich wüßte«, sagte Moshe. »Er hat ab und zu auf der Toilette geraucht. Das machen viele Kinder. Rauchen ist in der Schule nicht erlaubt, aber viele von den Rabbis rauchen direkt vor unserer Nase.« Er wurde wieder rot, wollte etwas sagen, aber überlegte es sich offensichtlich anders.
    »Was ist los?« fragte Decker.
    Moshe starrte nach unten. »Es ist eigentlich nichts Schlimmes … na ja, es war schon schlimm, wenn meine Eltern oder meine Lehrer es

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