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Tag der Buße

Titel: Tag der Buße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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spielen?«
    »Nur Bonnie.«
    »Das ist nicht komisch«, sagte Decker. »Ich finde deinen Tick mit Waffen äußerst beunruhigend. Das hat dich schon mal fast den Kopf gekostet.«
    »Du redest, als ob du mein Vater wärst.«
    »Hör auf, Rina.«
    Sie seufzte. »Okay. Du hast mir eine berechtigte Frage gestellt, also werd ich sie ehrlich beantworten. Ich hab die Waffe mitgenommen, um dir zu zeigen, daß ich sie noch habe.«
    »Du hast mir doch erzählt, du hättest sie verkauft.«
    »Ich wollte sie verkaufen …«
    »Du hast mich angelogen.«
    »Du hast die ganze Zeit darauf rumgeritten, Peter. Ich wollte nur …« Sie verstummte mitten im Satz.
    »Du wolltest, daß ich die Klappe halte, also hast du mich angelogen«, sagte Decker. »Es geht doch nichts über Ehrlichkeit in der Ehe.«
    »Ich geb’s ja jetzt zu«, sagte Rina. »Und ich hatte auch ein ganz schlechtes Gewissen deswegen. Es tut mir leid. Verzeihst du mir?«
    »Wenn du den Revolver verkaufst.«
    »Peter, das sollte meine Entscheidung sein, nicht deine.«
    »Du bist meine Frau! Nach jüdischem Recht hab ich dich gekauft.«
    Rina starrte ihn wütend an. »Ich hasse es, wenn du mit religiösen Argumenten etwas durchsetzen willst.«
    »Dieses Gespräch führt eh zu nichts«, sagte Decker.
    »Dann laß es!«
    Eine Zeitlang schwiegen beide verärgert. Schließlich sagte Decker: »Nach zwei Jahren sehe ich endlich ein, daß du - egal was ich sage … egal was ich tue … diese dämliche Waffe mit dir rumschleppen wirst.«
    »Da hast du recht.«
    Decker trommelte mit den Fingern auf das Lenkrad. »Ich hoffe bei Gott, daß du weißt, was du tust.«
    »Peter, du hast kein Vertrauen in mein Urteilsvermögen. Eine Ehe sollte auf gegenseitigem Vertrauen beruhen.«
    »Wer predigt denn jetzt hier rum?«
    »Was muß ich denn tun, damit du mir vertraust?« fragte Rina. »Besser schießen können als du?«
    Decker fing an zu lachen.
    »Yeah, lach du nur«, sagte Rina. »Weißt du, was ich glaube. Ich glaube, du fühlst dich bedroht.«
    »Und ich glaube, du bist ein bißchen überreizt«, antwortete Decker.
    Rina verschränkte die Arme über der Brust, weil sie schon wieder zu wütend war, um zu antworten. Hauptsächlich wegen seines herablassenden Tonfalls.
    »Wenn du nicht reden willst, dann halte ich auch die Klappe«, sagte Decker.
    Rina hielt das für eine gute Idee. Eine Zeitlang fuhren sie schweigend. Doch als sie den Eastern Parkway erreichten, nahm Rina seine Hand. Sie konnte es nicht ertragen, wenn sie sich stritten. Dafür war das Leben zu kurz. Er sah zu ihr hinüber und lächelte. Selbst wenn er glaubte, er sei wütend, brauchte er nur einen Blick in diese Augen zu werfen, und er schmolz dahin. Er liebte sie so sehr, daß er nicht lange wütend auf sie sein konnte. Und das war ja wohl auch nichts Schlimmes, oder?
     
    Crown Heights war eine weitere kleine Insel der Ultra-Orthodoxen. Da heute kein Feiertag war, liefen die Geschäfte wie gewohnt. Die eisernen Scherengitter waren beiseite geschoben, und die Türen standen weit offen. Einige Ladenbesitzer spritzten den Bürgersteig vor ihrem Geschäft mit dem Schlauch ab. Eine ältere Frau mit Stirnband stand auf einer Leiter und untersuchte einen langen Riß in der Schaufenstermarkise.
    Vor EISENSTATS LEBENSMITTEL standen Kisten mit Sonderangeboten auf dem Bürgersteig. ETTIS DISCOUNT hatte einen Kleiderständer vor die Tür gestellt, an dem wild durcheinander Jacken und Mäntel hingen, in allen möglichen Größen und für Männer und Frauen. Neben den Mänteln standen behelfsmäßige Regale mit Schuhen. Ein weiterer Billigladen verkaufte Wäsche. Auf mehreren Klapptischen vor dem Schaufenster lagen stapelweise Handtücher und Bettlaken. Eine Bäckerei hatte Tische und Stühle auf den Bürgersteig gestellt. An einem Tisch saßen zwei Männer mit schwarzen Hüten. Sie aßen Zwiebelbrötchen und tranken aus Styroporbechern. Aus einem Lieferwagen, der in der zweiten Reihe parkte, verkaufte ein bärtiger Chassid Obst und Gemüse an eine Schar von Hausfrauen. Ein anderer bärtiger Mann überquerte gerade die Straße und bugsierte einen dampfenden Handkarren durch ein Schlagloch.
    Der ganze Block wirkte eher wie ein Markt als wie eine Geschäftsstraße. Decker hätte sich nicht weiter gewundert, wenn die Händler laut ihre Ware angepriesen hätten.
    Die Parkuhren waren alle besetzt, und einige Autos parkten schon in der zweiten Reihe. Nach Los-Angeles-Maßstäben hätte man ein Gebiet von dieser Größe ohne weiteres an

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