Tag der Entscheidung
Verteidigungsfall aktiv zu werden, und Isashani kann von Ontoset aus höchstens Truppen zu ihm schicken, wenn die Ereignisse es erfordern.« Mara seufzte. »Politisch gesehen sind wir im Nachteil. Es gibt mehr Befürworter für eine Rückkehr des alten Rates als solche, die auf unserer Seite stehen. Nein, dies wird kein langer Krieg. Entweder wir gewinnen entscheidend und früh, oder Jiro wird auf noch breiterer Basis Unterstützung finden.«
Lujan fingerte an der Klinge seines Schwertes herum, als ärgerte er sich über die kleinen Kerben, die nach der Auseinandersetzung am Morgen wieder abgeschliffen werden mußten. »Ihr fürchtet Desertion und Verrat?«
»Ich fürchte sie nicht«, antwortete Mara, »aber sollten wir versagen, erwarte ich sie.« Als die Positionen auf der Karte wiederhergestellt waren, kaute sie an ihrer Lippe und kam zu einer Entscheidung. »Wir müssen die Belagerung schwächen, um jeden Preis. Das Anwesen bei Sulan-Qu muß riskiert werden. Lujan, wie sollen wir vorgehen?«
Der Kommandeur der Acoma nahm seinen schweißnassen Helm auf. »Wir können unseren Freund Lord Benshai von den Chekowara bitten, sich nach Norden auf Euren alten Besitz zuzubewegen, doch er sollte sich am westlichen Flußufer halten. Jiro soll sich ruhig fragen, ob er dort unsere Garnison verstärken will oder auf die Heilige Stadt zumarschiert.«
Mara lächelte ihn befriedigt an. »Wenn wir ihn dazu veranlassen können, auch nur einen kleinen Teil der Anasati-Truppen auszusenden, um die Chekowara zu belästigen, wird die Versammlung einen Hinweis bekommen, doch einmal in seiner Hand zu lesen.«
»Benshai wird davonlaufen wie ein aufgeschrecktes Vögelchen, sobald Jiro den Fluß überquert, um ihn abzufangen«, wandte Arakasi trocken ein. »Seine Bediensteten erzählen hinter seinem Rücken, daß Benshai im Traum wie ein Feigling spricht.«
Mara seufzte. »Wenn wir Glück haben, weiß Jiro das nicht.«
Jetzt lag Niedergeschlagenheit in Arakasis Stimme. »Jiro weiß das ganz sicher. Möglicherweise hat sein Berater Chumaka ein Ohr am Mund des fetten Lords der Chekowara und lauscht jedem einzelnen Atemzug. Meine Agenten haben Beweise, daß er in seinen Jahren als Clanlord den Clan Hadama in ziemliche Unordnung brachte. Trotz seiner kostbaren Roben und seiner ernst aussehenden Soldaten ist er vollkommen oberflächlich und ohne jede Tiefe. Nein, er kann in bester Entschlossenheit den Fluß entlangmarschieren, doch beim ersten Anzeichen eines Angriffs der Anasati wird Benshai von den Chekowara nach Süden flüchten. Jiro wird wissen, daß Euer Besitz bei Sulan-Qu unbewacht ist, da die Hälfte von Benshais Kurtisanen aus Spionen von Chumaka besteht.«
Eine unterschwellige Intensität in Arakasis Ton veranlaßte Kamlio, sich aufzurichten. Sie holte tief Luft und hätte sich beinahe an ihn gewandt, doch dann überzog plötzlich Röte ihr Gesicht. Sie blickte gequält und verlegen zu Boden.
Mara bemerkte es einen kurzen Augenblick vor Lujan. Sie berührte unauffällig unter dem Tisch das Handgelenk ihres Kommandeurs, um die Diskussion über all diese gewichtigen Tatsachen zu unterbrechen. Sie wollte, daß die Spannung zwischen dem Supai und der ehemaligen Kurtisane sich endlich in irgendeiner Handlung oder in einem Gespräch entlud.
Arakasi ergriff zuerst das Wort; er sprach so sanft wie immer, doch seine Stimme hatte einen Unterton so hart wie die stählernen Schwerter der Barbaren. »Mir gefallen die Angewohnheiten des Lords der Chekowara nicht.« Sein Ekel wurde offensichtlich, als er fortfuhr: »Junge Mädchen als Spioninnen sind eine Spezialität von Chumaka. Mara wurde beinahe einmal von einer umgebracht. Ihr Name war Teani.« Er hielt inne, die Augenbrauen fragend gewölbt. »Wenn dich meine Meinung zu diesem oder einem anderen Thema interessiert, brauchst du nur zu fragen.
Aber hör bitte damit auf, mich anzustarren, als wäre ich eine Buchrolle, ein Rätsel oder irgendein sprechendes Tier.«
Kamlio starrte auf ihre Füße; Verwirrung stand in ihrem Gesicht. »Ich halte Euch nicht für so jemanden.« Sie wirkte atemlos, als wäre sie weit gerannt. Sie wollte sich schon verbeugen und hatte den Mund geöffnet, um Mara um Erlaubnis zu bitten, gehen zu dürfen; doch der höfliche Blick Maras sagte ihr, daß ihr keine Gnade gewährt werden würde. Sie zwinkerte mit den Augen, reckte ihr Kinn in die Höhe und warf dem Supai einen verletzten Blick aus großen, geweiteten Augen zu. »Ich weiß nicht, was ich Euch fragen
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