Tag der Entscheidung
er nachgeben.
Mara öffnete die Augen; sie bebte vor hemmungslosem Lachen. »Welch eine Überraschung es für die meisten Herrscher sein muß zu erkennen, daß die Cho-ja nur wenig mehr, oder vielleicht weniger, als treue Söldner sind.«
»Die Menschen müssen noch viel über unser Volk lernen«, stimmten die Chakaha-Magier taktvoll zu. »Die alten Lebensweisen haben sich geändert. Selbst die Versammlung könnte unserem Volk nicht noch einmal einen solchen Vertrag auferlegen wie den, der sie Tausende von Jahren in diesem Elend festgehalten hat. Als wir den Krieg der Magier verloren, war unsere Magie noch nicht weit genug entwickelt, um Verteidigungszwecken zu dienen. Aber Ihr könnt sicher sein, daß diese Schwäche in den Ländern jenseits des Kaiserreiches beseitigt worden ist.«
Mara sah das gefährliche Glitzern in den Augen der Chakaha-Magier, und Kälte durchflutete ihren Körper. Traditionen waren zerbrochen worden, und Gefahr lag in der Luft. Wenn sie wollte, konnte sie jetzt zugreifen, die Situation nutzen und den nächsten Jahrhunderten einen sicheren Frieden bescheren. Sie kämpfte gegen eine innere Beklommenheit an. »Nachrichten müssen übermittelt und Taten in die Wege geleitet werden, um Justins Anspruch auf den Goldenen Thron zu erzwingen, bevor die Versammlung einschreiten kann. Hört, was alles getan werden muß.«
Mara wartete; sie unterdrückte ein Zittern, das ihrer Furcht entsprang. Ihre Haare waren auf dem Kopf hoch aufgetürmt, sorgfältig gelockt und geflochten und mit kostbaren Metallnadeln befestigt. Goldene Nadeln, dachte sie, und bei der Arroganz, die in der Dreistigkeit lag, sich kaiserliches Gold anzustecken, fühlte sie sich noch kleiner und unsicherer. Und doch mußte sie jetzt alles auf eine Karte setzen, wenn das Kaiserreich überleben sollte.
In ihrem Kopf dröhnten noch die Befehle und Anweisungen, die sie zwischen ihrem Bad und dem Ankleiden gegeben hatte. Sie holte tief Luft und wandte sich an den Cho-ja-Kommandeur, der neben ihr hockte. »Wo sind wir genau?«
Wie seine Artgenossen im freien Chakaha mied dieser Krieger die Abzeichen der menschlichen Kommandeure. Sein schwarzer Rückenpanzer begann bereits, schwache türkisfarbene Streifen auszubilden, vielleicht ein Schmuck, vielleicht Rangzeichen. Mara hoffte darauf, die Unterschiede einmal studieren zu können, wenn die Götter beschlossen, ihr den Sieg zu gewähren. Dann schob sie solche Spekulationen beiseite, als der Krieger nach oben deutete. »Direkt über uns liegt das Kaiserliche Vorzimmer. Diejenigen, die sich auf Euren Wunsch hin zu einer rechtmäßigen Krönung versammeln sollten, warten bereits in der Audienzhalle. Alle Vorbereitungen sind getroffen, und Eure Leute warten auf Euch.«
Mara wappnete sich. Sie winkte die Zofe fort, die sie vom Kaiserlichen Viertel zu sich gerufen hatte; sie hatte sich zwischen die Reihen der Krieger gestellt, um ein letztes Mal an Maras Kleidung zu zupfen. Das Kleid, das sie vom Speicher geholt hatten, war unmöglich ohne Falten zu tragen. Es hatte der letzten Kaiserwitwe gehört, einer größeren Frau als Mara, doch es kam dem Grün der Acoma näher als alles andere. Rasch war es in der Taille enger gemacht worden, und Nadeln verkürzten ein wenig den Saum. Mara fühlte sich in den Kleidern wie ein Nadelkissen. Der schwere Stoff scheuerte an den wunden Stellen, die sie der Rüstung verdankte, und auch Reispuder konnte nicht alle Kratzer und Schrammen verbergen, die sie sich während der Flucht durch den Wald zugezogen hatte.
Sie spürte jeden Zentimeter ihres mißhandelten Körpers unter den Lagen von Stoff. »Wenn Ihr von diesem Tunnel nach draußen gelangt, werden die Erhabenen wissen, daß etwas vor sich geht«, sagte sie.
Die Magier nickten. »Wir sind auf sie vorbereitet, so gut es uns möglich ist.«
Mara nahm ihren Mut zusammen, der jede Minute weiter zu schwinden schien. »Dann schickt Arakasi zu mir. Ich möchte mit ihm sprechen, bevor wir mit dem letzten Schritt beginnen.«
Es beunruhigte die Lady noch immer, wie schnell die Magier einen bloßen Wunsch in einen Befehl verwandelten. Sie hatte kaum zu sprechen aufgehört, als ihr Supai auftauchte, so verstimmt, wie ihn kaum jemand zuvor einmal gesehen hatte.
Arakasi erhob sich von der Stelle, an der der Zauberspruch ihn abgesetzt hatte. Anders als die kaiserlichen Zofen, die zuvor hergeschafft worden waren, um Mara beim Ankleiden zu helfen, und die angesichts dieser Art der Fortbewegung beinahe den Verstand
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