Tag der Entscheidung
vollwertigen Bürgern des Kaiserreichs erklärt werden, müßte genügen, um das ungerechte Urteil der Versammlung aufzuheben.«
Mara nahm ihre ganze Kraft zusammen. »Zuerst einmal müssen die Erhabenen vernichtet werden«, warnte sie. Die Aussicht auf eine direkte Konfrontation mit den Magiern versetzte sie in Angst und Schrecken.
Die Magier nickten in beinahe aufreizender Gelassenheit. »Die Mittel liegen vor uns. Doch die Zeit wird knapp.«
Die rasante Geschwindigkeit, mit der die Lady der Acoma von den Ereignissen überwältigt wurde, bedeutete eine eigene Last und erforderte besondere Vorsicht. Mara bekämpfte die lähmende Verzweiflung, die in ihr aufsteigen wollte. Sie hatte ihre Berater verloren. Die Götter wußten, wo Arakasi war. Sie hatte keine Ahnung von Lujans Schicksal. Die Armeen der Acoma mochten bereits Asche sein, und ihr Ehemann war möglicherweise in genau dem Augenblick von der Versammlung ausgelöscht worden, da sie zur Feindin erklärt worden war. Jiro von den Anasati war vielleicht schon in der Heiligen Stadt, ihre Kinder tot. Und selbst wenn wie durch ein Wunder das Kaiserliche Viertel noch sicher war und unter dem Schutz der Kaiserlichen Weißen stand, blieben da noch die Armeen der Anasati und Omechan vor den Mauern der Stadt.
Mara rief sich zur Ordnung. Es nützte nichts, sich jedes erdenkliche Unglück auszumalen; das schmälerte nur den Vorteil – wie klein er auch immer sein mochte –, den die Chakaha-Magier für sie errungen hatten. Hinter jeder Biegung sah sie den Tod lauern, ob sie nun handelte oder nicht. Da war es besser, die Dinge so energisch wie möglich in die Hand zu nehmen. Ob es Justin und Kasuma gutging oder nicht, ob ein Omechan oder Anasati bereits den Goldenen Thron erklommen hatte oder nicht – sie war es den Cho-ja, die sie gerettet hatten, schuldig, sich mit ihrer ganzen Kraft für sie einzusetzen.
»Ich brauche Informationen«, drängte sie und stand auf. Ihr Körper tat weh. Sie beachtete die Schmerzen jedoch nicht, sondern wandte sich an die Chakaha-Magier. »Ich werde eure Hilfe benötigen. Wenn ich erst einmal weiß, welche Geschütze gegen uns aufgefahren werden, muß ich schneller als der Wind in die Heilige Stadt gelangen.«
Die Chakaha-Magier richteten sich jetzt ebenfalls auf. Sie verneigten sich vor ihr. »Euer Wille ist uns Befehl, Lady Mara«, sagte einer. »Fragt uns, was Ihr wissen wollt. Wir werden unsere Künste benutzen und es Euch zeigen.«
In ängstlicher Erwartung der Verluste, denen sie sich jetzt würde stellen müssen, zwang Mara sich, das Kommende zu ertragen. »Mein Ehemann Hokanu«, begann sie, ohne das Zittern in ihrer Stimme ganz kontrollieren zu können. »Wo ist er?«
»Schließt die Augen«, baten die Magier.
Mara gehorchte mit einem unguten Gefühl. Energie prickelte in ihrem Körper: Magie. Sie sah mehr als Schwärze hinter ihren Lidern: Eine Art Schwindel erfaßte sie, und sie sah Hokanu über die strategische Karte der Heiligen Stadt gebeugt. Er deutete auf eine Reihe weißer Nadeln an den Wänden, den Helm in der Hand, das Gesicht besorgt. Er sah aus, als hätte er seit vielen Tagen nicht geschlafen.
Sein Anblick war mehr, als Mara ertragen konnte. »Er lebt!« schrie sie, den Tränen nahe vor Erleichterung. Ihre Freude und Dankbarkeit gegenüber den Göttern für diese glückliche Fügung wollten sie beinahe überwältigen. Dann schüttelte sie ihr Erstaunen ab und wandte sich den praktischen Dingen zu. Die Magier informierten sie, daß Hokanu und seine Truppe aus schnellen Reitern noch vor der Belagerung durch die Stadttore geritten waren. Die Fußsoldaten der Shinzawai marschierten noch immer aus dem Norden heran, doch sie würden als Hilfstruppen nicht übermäßig von Nutzen sein, wie Mara erkannte, als die Magier ihr Schwarzgewandete zeigten, die den blaugekleideten Kriegern den Zugang zur Heiligen Stadt verwehrten.
Mara war zum Feind erklärt worden, und die Schwarzen Roben verboten ihren Verbündeten, der Lady der Acoma zu helfen. Ohne ausdrücklichen Befehl, sich den Erhabenen zu widersetzen, kam die tsuranische Schulung zum Vorschein, und Hokanus Krieger gehorchten.
»Die Kaiserlichen Weißen«, grübelte Mara. »Sie werden sich verteidigen. Wer außer Hokanu könnte sie befehligen?«
Als Antwort erhielt sie einen anderen Blick, diesmal auf die Kammer, in der über die beste Taktik beraten wurde. Mara erkannte die Gestalten um den Lord der Shinzawai, dessen Träume auch die ihren waren: Arakasi war da,
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