Tag der Entscheidung
schwarze, schlichte Erscheinung bot einen bedrohlichen Kontrast zu der Farbenprächtigkeit der Kopfbedeckungen und schönen Gewänder. Die vollständige Gemeinschaft der Tempel war hier versammelt, und die Delegation von einhundertzwanzig Personen als Abgesandte der heiligen Orden jeder einzelnen Gottheit im Kaiserreich bot ein eindrucksvolles Bild.
Zögernd beschlich die Erhabenen ein Gefühl von Ehrfurcht.
Hochopepa rückte näher zu Fumita und Shimone, als ihm bewußt wurde, wie sehr die Tempel Maras Intrigen unterstützten. Wenn auch kein einzelner Priester es mit irgendeinem Magier an Machtfülle aufnehmen konnte, so zollten doch selbst die Erhabenen den Obersten Hohen Priestern Turakamus und Jasturs einigen Respekt. Magie hatte die Audienzhalle unversehrt gelassen, trotz der gebündelten Anstrengung der Versammlung. Hochopepa war dem Willen des Himmels gegenüber nicht so respektlos, daß er die Kraft der göttlichen Gunst leugnete.
Vorsicht war jetzt geboten, entschied er.
Weihrauch wehte durch die Luft. Staub von abgesprungenem Gips und zermahlenes Glas von dem zerbrochenen Oberlicht glänzten auf dem polierten Marmorboden. Diese Hinweise auf Gewalt konnten die Magier nicht davon ablenken, noch etwas anderes wahrzunehmen, während sie auf das Podest zuschritten: zwei leere Riedkörbe mit Schleifen im kaiserlichen Weiß. Auf dem Boden vor dem Kaiserlichen Thron lag ein Schleier, erst vor kurzem von der Braut abgeworfen, entsprechend den althergebrachten Riten tsuranischer Staatshochzeiten.
Als die bestürzten Erhabenen an dem Geländer für die Bittsteller angekommen waren, schlug ein Herold dreimal mit einem bronzebeschlagenen Amtsstab auf den Boden und rief: »Justin, zweiundneunzigmal Kaiser!«
Die kaiserliche Ehrengarde in ihrer goldenen Rüstung kniete huldigend, als ein Junge in glänzenden Gewändern sich vom Thron erhob. Die versammelten Edlen sanken auf die Knie. Der Junge sah kein bißchen verängstigt aus; trotz des Gewichts seiner goldenen Rüstung und der gewaltigen, mit Topasen besetzten Krone waren seine Schultern aufrecht, und er reckte das Kinn. Auch Jehilia neben ihm, nicht mehr länger Prinzessin, sondern Kaiserin, erhob sich, den Diamantenreif, Zeichen ihres Amtes, über ihrer Kopfbedeckung als Braut. Als die Magier stehenblieben, streckte Justin die Hand nach seiner Frau aus. Sie stellte sich neben ihn.
Motecha wurde leichenblaß. Einige Magier um ihn herum verbeugten sich von der Taille an mit der Ehrerbietung, die ein Erhabener gewöhnlich einem Licht des Himmels entgegenbrachte. Shimone, Fumita und Hochopepa zählten zu den ersten, die dem Kaiser und seiner Braut gaben, was ihnen zustand, während andere Schwarzgewandete noch verblüfft überlegten.
Motecha fand seine Sprache wieder. »Was für ein Mummenschanz ist das?«
Der Hohe Priester Jurans trat mißbilligend mit steifen Schritten vor. »Wir sind gekommen, um das neue Licht des Himmels zu ehren, Erhabener.« Etwas schärfer fügte er hinzu: »Wie es die Pflicht eines jeden Menschen ist.«
Sevean begann zu schreien. »Woher nimmt sich dieser … dieser Junge das Recht, über das Kaiserreich zu herrschen?« Er zeigte mit einem Finger auf Justin, doch seine Augen suchten Mara, die zu den Priestern geschritten war. Ihre Gewänder waren ebenso kostbar und schön wie die ihres Sohnes.
Sie machte sich nicht die Mühe zu antworten, sondern gestattete dem Hohen Priester Jurans, an ihrer Stelle zu sprechen. »Justin ist von kaiserlichem Blut, seine Adoption in Ichindars Familie wurde offiziell vollzogen, als seine Mutter zur Guten Dienerin des Kaiserreiches ernannt wurde.« Bei diesen Worten verneigte sich der Priester respektvoll vor Mara. »Er ist der auserwählte Ehemann von Jehilia – Ichindars nächste Blutsverwandte und Erbin –, und die gerade vollzogene Heirat wurde von der Kaiserlichen Gemahlin, Lady Tamara, abgesegnet. Alles ist entsprechend den Vorschriften der Menschen und den höheren Gesetzen des Himmels vonstatten gegangen. Wenn auch etwas hastig, wurde die Vermählung doch streng nach den Regeln der Tradition vollzogen.«
Einer der fanatischsten Traditionalisten, Lord Setark von den Ukudabi, bahnte sich seinen Weg im Gefolge der Erhabenen, die noch immer durch die großen, offenstehenden Türen strömten.
Er und seine Armee hatten sich in der Stadt verborgen, darauf vorbereitet, Jiro zu helfen, sollten die Omechan bei ihrem Angriff gegen die Mauern versagen. Er hatte mißmutig zugehört, als der Priester die
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