Tag der Entscheidung
Gesicht, gaben ihr ein müdes und hohlwangiges Aussehen. Lord Keda fühlte Mitleid für sie in sich aufsteigen. Sie hatte sich gegen weitverbreitete Streitigkeiten durchgesetzt und einen unglaublichen Sieg errungen: Doch ihr Triumph hatte einen traurigen Tribut gefordert. Keyoke und ihre Berater Saric und Incomo hatten ihr Leben gelassen; viele geringere Offiziere und Krieger waren ebenfalls während der Zwietracht gefallen. Das Haus Acoma hatte nur noch eine Handvoll höherrangiger Mitglieder auf dieser Seite des Rads des Lebens. Lord Keda erbot der Lady seinen persönlichen Gruß. Nicht viele Herrscher im Kaiserreich hätten so viel riskiert oder nahezu alle geopfert, die ihnen lieb und teuer waren – im Namen des allgemeinen Wohls.
Die Herolde schmetterten einen anderen Titel, und Lord Keda verbeugte sich und verschwand. Er nahm seinen Platz unter den anderen Lords ein, während nacheinander die Minister des Hofes vorgerufen wurden. Vielen wurden die alten Posten zurückgegeben. Einige wenige wurden befördert. Andere wurden in Schande fortgeschickt, ohne daß der Grund öffentlich bekanntgegeben wurde.
Im Laufe der Zeit bemerkte Keda, daß Justin von einer schlanken, dunklen Gestalt in der Rüstung eines Kaiserlichen Weißen Ratschläge erhielt; jemand in der Position eines Leibwächters rechts von dem Jungen. Lord Keda begutachtete den Mann, dessen Gesicht sich im Schatten zu verlieren schien. Er hatte den Beamten niemals zuvor gesehen, was merkwürdig genug war. Die höherrangigen Kaiserlichen Weißen waren ihm alle vertraut, in all den langen Jahren, die er Ichindar gedient hatte. Lord Keda hätte vor Sorge seine Stimme erhoben, wenn nicht Lady Mara so wohlwollend dreingeblickt hätte.
Schließlich näherte sich die Liste der Beamten ihrem Ende. Danach folgten, ihrem Rang entsprechend, die Herrscher und schworen dem Licht des Himmels die Treue. Für einige wenige war es ein deutlich fröhlicher Moment, für andere eher ein bitterer. Doch als die letzte Familie des Kaiserreiches vor ihm niedergekniet hatte, erhob sich Justin. »Mylords, Ihr, die Ihr einst den Rat des Kaiserreiches bildetet, ich begrüße Eure Anerkennung unseres Aufstiegs« – er stolperte bei dem Wort, und der neben ihm stehende kaiserliche Offizier flüsterte ihm etwas zu – »auf den Thron des Himmels. Einige von euch waren unsere Feinde, doch sie sind es nicht länger. Von diesem Tag an gibt es eine Generalamnestie, und jeder Rebellion gegen das Kaiserreich wird vergeben. Lasset außerdem wissen« – wieder spornte der Beamte den Jungen an –, »daß alle Blutsfehden und Rivalitäten beendet sind. Wer immer die Hand gegen Nachbarn erhebt, erhebt die Hand gegen mich, ich meine uns. Das Kaiserreich.« Der Junge errötete, doch niemand lachte über seine Unbeholfenheit. Denn mit dieser Verkündigung hatte das junge Licht des Himmels erklärt, daß dieses Kaiserreich in der Tat von Gesetzen bestimmt sein würde und daß wer immer versuchen würde, das blutige Spiel des Rates neu zu entfachen, dies auf Gefahr des kaiserlichen Zorns hin tun würde.
Der Kaiser nickte seinen Herolden zu, und eine rote Haarlocke rutschte unter seinem goldenen Helm hervor. Sein sommersprossenbesprenkeltes Gesicht verzog sich zu einem Lächeln, als der Erste Herold ausrief: »Lujan, Kommandeur der Acoma! Tretet vor Euren Kaiser!«
Lujan erschien, er sah sichtlich verwirrt aus vor Überraschung und Verlegenheit. Er trug zu Ehren Maras seine beste Rüstung, doch er hatte niemals daran gedacht, formal am Hof präsentiert zu werden. Er kniete vor dem neuen Kaiser und der Herrin, der er so lange gedient hatte, nieder; beinahe schien Mara ihm wie eine Fremde mit der Tiara der Regentschaft über der roten Kopfbedeckung, dem Zeichen ihrer Trauer.
Als Mara zu ihrem Kommandeur sprach, konnten nur jene wenigen Privilegierten etwas verstehen, die in den vordersten Reihen saßen. »Saric, Keyoke, Irrilandi und Incomo gaben alle ihr Leben für diesen Sieg, unseren größten Sieg. Ihr seid von Eurem Kaiser gerufen, Lujan, um die Belohnung für Euren jahrelangen höchst lobenswerten Dienst zu erhalten. Laßt Eure Taten und Eure Loyalität als Beispiel dienen für alle Krieger im Kaiserreich. Niemand sonst von den Lebenden besitzt Eure Standfestigkeit.«
Lujan schien immer noch verblüfft, als Lady Mara sich erhob und von ihrem offiziellen Platz herunterstieg. Sie nahm seine Hand, bat ihn, sich zu erheben, und führte ihn am Geländer entlang zu einer Stelle, wo zwei
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