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Tag der Entscheidung

Tag der Entscheidung

Titel: Tag der Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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irgend jemand sonst, welche Anleitung ein Mädchen benötigt, um Herrscherin zu werden.«
    Hokanu ließ die Hand sinken, und Mara war sprachlos – nicht vor Glück, wie Hokanu begriff, sondern vor Schmerz und Wut um seinetwillen. »Aber du selbst hast jetzt keinen Erben!« sagte sie schließlich. »Es ist zu gefährlich in diesen Zeiten, wo Devacai daran arbeitet, dir den Mantel streitig zu machen. Die Omechan und andere Ionani-Verbündete mögen nachgeben und Justin die Treue schwören, doch viele Lords werden mit ihren alten Eifersüchteleien eine neue Rebellion der Traditionalisten schüren. Du wirst noch jahrelang ihrer Bedrohung ausgesetzt sein, Hokanu.
    Justin und Jehilia benötigen jeden Vorteil, den wir ihnen geben können, und das bedeutet eine sichere Nachfolge der Shinzawai!« Ihre Stimme wurde halb von Tränen erstickt, als sie fortfuhr: »Verleite unsere Feinde nicht dazu, dich als Zielscheibe für ihre Morde auszuwählen! Ich könnte es nicht ertragen, dich wie deinen Vater sterben zu sehen, niedergemacht für irgendwelche eigennützigen Ziele!«
    Hokanu zog sie fest an sich. »Du hast recht, dir Sorgen zu machen«, murmelte er in ihre Haare. »Genauso wie ich recht hatte, Kasuma als Erbin der Acoma einzusetzen. Sie ist meine Tochter!« Jetzt klang Stolz in seiner Stimme; niemals hatte er das Mädchen wirklich zurückgewiesen. Mara spürte Trauer, daß sie jemals daran gezweifelt hatte.
    »Ich bin ihr Vater«, wiederholte Hokanu. »Und meines Wissens gibt es immer noch Gesetze und Traditionen, die mein Recht unterstützen, diese Entscheidung zu fällen.« Er fuhr mit dem Finger über ihr Kinn. »Mylady, du bist in dieser Sache überstimmt, vielleicht zum ersten Mal in deinem Leben.«
    Maras Antwort war ein gewaltiger Tränenausbruch. Kasuma als Erbin zu haben war eine Freude, doch das würde sie erst später wirklich spüren. Jetzt zerriß sie der Schmerz, der mit dem Wissen verbunden war, was Hokanu zurückgewiesen hatte, um ihr dieses hohe Geschenk und Opfer zu bringen.
    Sie wußte, was er zurückhielt: daß niemals ein Shinzawai-Kind von ihr heranwachsen und eines Tages das Blau erben würde.
    »Ich habe Dutzende von Cousins«, sagte er und zwang seine Stimme, leicht zu klingen. »Sie sind nicht alle so habgierig wie Devacai. Tatsächlich sind die meisten ehrenvoll und würdig. Vielleicht legen sich damit auch die Schwierigkeiten meiner Familie etwas, wenn ich unter meinen Rivalen einen Erben auswähle. Das könnte Devacais Gruppe entzweien.«
    »Du wirst keine Konkubine nehmen.« Maras Stimme klang heiser.
    Dem Tonfall nach war es eindeutig keine Frage. Und die eiserne Ruhe ihres Mannes wurde selbst zur Antwort, bis er meinte: »Mylady, du bist die einzige Frau, die ich mir in dieser Welt wünschen könnte. Solange du an meiner Seite bist, werde ich keine andere haben.«
    Mara biß sich auf die Lippen. Sie spürte hinter der Aussage ihres Mannes die persönliche Sehnsucht, die er mit Hilfe einiger Abhärtung verleugnete. Eine ähnliche Härte trat in ihr Herz. Doch sie sagte nichts von dem inneren Entschluß, als Hokanus Arme sich um sie schlossen und seine Lippen im hellen Licht nach den ihren suchten.

    Die Türen zu der großen Audienzhalle öffneten sich dröhnend, und Trompeter und Trommler ließen die Fanfare erklingen. Draußen auf dem offenen Hof schwiegen respektvoll jene Gewöhnlichen, die noch immer den Aufstieg des neuen Kaisers feierten. Zwei Kaiserliche Herolde traten an den Eingang und eröffneten im Chor die Antrittssitzung des zweiundneunzigsten Lichts des Himmels. Danach riefen sie die Namen jener auf, die vor seiner Kaiserlichen Majestät, Justin, erscheinen sollten.
    Zuerst wurden die hohen Beamten und Diener herbeigerufen, die unter Ichindar Rat gehalten hatten. Sie alle strömten herein, als sie genannt wurden, gekleidet in strahlend schönen Gewändern, wenn auch ihre Gesichter verhalten oder erwartungsvoll waren. Der Lord der Keda führte die Prozession an. Er schritt durch die Reihen der versammelten Lords und verneigte sich vor dem Geländer des pyramidenähnlichen Podestes.
    Justin bestätigte ihn formell weiterhin im Amt des Kaiserlichen Kanzlers. Lord Keda verneigte sich tief vor Ehrerbietung, sowohl vor dem jungen Herrscher als auch vor der Lady, die auf einem Kissen zwischen den auf fünf Ebenen verteilten Priestern saß.
    Lady Mara trug noch das Rot von der Erinnerungszeremonie, die sie am Morgen für ihre Toten abgehalten hatte. Tiefe Trauer überschattete ihr

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