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Tag der Entscheidung

Tag der Entscheidung

Titel: Tag der Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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Volk, untrennbar mit ihrer Unabhängigkeit verbunden, doch entgegen der Meinung, die die meisten Tsuranis hatten, waren sie nicht kriegerisch.
    »Oh, unsere jungen Männer spielen Krieg«, räumte Gittania ein. Sie lehnte sich während einer Pause auf einen großen Hirtenstab, den sie zum Gehen benutzte. Lujan vermutete, daß sie ihn auch als Waffe einzusetzen wußte, wenn er nicht zusätzlich als Zauberstab diente. Doch diese Annahme löste sich auf, als Gittania das Holz aus Versehen zerbrach und ohne große Zeremonie einen neuen Stab von einem Mann kaufte, der Hirtenhunde trainierte. Jetzt fuhr sie mit den Fingern hoch und runter, entfernte die rauhe Rinde, die Blasen verursachen konnte. »Doch Überfälle, Kämpfe, das sind alles Dinge, die junge Männer tun, um die Fähigkeiten zu erlangen, wenn sie ihre Frauen stehlen. Ein paar prahlerische dringen in kaiserliche Gebiete ein. Die meisten kehren nicht zurück. Wenn sie gefangengenommen werden und kämpfen, haben sie den Vertrag gebrochen und sind Gesetzlose.« Ihr Gesicht verdüsterte sich, als sie das sagte.
    Mara erinnerte sich an die Gefangenen, die als Sport für edle Tsuranis in der Arena zum Tode verurteilt waren, und sie war beschämt. Hatte einer der Spielleiter dieser Grausamkeit auch nur eine Ahnung, daß diese Männer, die sie zum Zweikampf hinausschickten, lediglich Jungen waren, deren erster Fehler nichts weiter war als ein bißchen Prahlerei? Hatte irgendeiner der kaiserlichen Krieger oder Beamten sich jemals die Mühe gemacht, jene zu befragen, die auf der anderen Seite der Grenze blieben, nackt und bemalt wie für eine Schlacht? Wohl kaum, dachte sie traurig.
    Gittania schien die wehmütigen Gedanken der Lady nicht zu bemerken. Sie deutete mit ihrem Stab über das buschbedeckte Tal, wo hier und da Querdidra-Herden zur Produktion von Käse und Wolle zu sehen waren. »Im Grunde sind wir eine Nation von Händlern und Hirten. Unser Boden ist zum größten Teil zu arm für Ackerbau, und unsere stärkste Industrie ist die Weberei. Das Färben ist natürlich sehr teuer, da der Farbstoff aus Euren wärmeren Ländern und aus Tsubar importiert wird.«
    Gittania schalt sich für ihr weitschweifiges Gerede und drängte Mara und Lujan weiterzugehen. Sie legte ein schnelles Tempo vor. Die Tage waren kürzer im Hochland, wo die hohen Bergkronen die Sonnenuntergänge vorzogen. Der Platz, an dem sie schließlich ihr Lager aufschlugen, lag in einer Senke zwischen felsigen Hügeln. Ein Bach strömte hier aus einer Quelle, und die kurzen, vom Wind verkümmerten Bäume boten ihnen ein wenig Schutz.
    »Wickelt euch gut in eure Decken ein«, drängte Gittania, als sie und Mara die Essensutensilien im eisigen Wasser spülten. »Die Nächte werden sehr kalt im Hochland. Selbst im Sommer kommt es gelegentlich zu Frost.«
    Am nächsten Morgen waren die Blätter und das Gras mit einer silbrigen Schicht von Eiskristallen überzogen. Mara bewunderte die faszinierenden Muster, und sie staunte über die zerbrechliche Schönheit, als ein zufälliger Sonnenstrahl den Rand zum Glitzern brachte. So unfruchtbar dieses Land auch sein mochte, es hatte eine ganz eigene, wilde Anmut.
    Der Weg wurde steiler. Immer öfter mußte Lujan Mara beim Klettern helfen, da seine mit Nägeln versehenen Kampfsandalen besseren Halt fanden als ihre, die nur mit einfachem Leder besohlt waren. Die Wolken schienen zum Greifen nahe, und die Querdidra-Herden wurden weniger, da es nur spärlich Futter gab, um sie zu ernähren. Hier bildete das Plätschern und Poltern der quellengespeisten Ströme das einzige Geräusch neben dem peitschenden und heulenden Wind.
    Der Paß selbst war eine sich windende Felskante, die sich zwischen steilen Schieferflächen schlängelte, die schwarz glänzten, wo Wasser aus der Erde tropfte. Mara atmete die dünne Luft tief ein und erwähnte den fremden Geruch, der in den Windstößen zu sein schien.
    »Schnee«, erklärte Gittania. Ihre Wangen waren rot von der Kälte, und ihr Lächeln schien als Gegensatz dazu noch wärmer. Sie zog ihre rot-weißen Ärmel noch weiter über die Hände. »Wenn die Wolken dünner wären, könntet ihr das Eis auf den Gipfeln sehen. Das ist kein Anblick, an den ihr Tsuranis gewöhnt seid, würde ich meinen.«
    Mara schüttelte den Kopf; sie hatte nicht genügend Luft zum Sprechen. Lujan, abgehärteter als sie, sagte: »Es gibt Gletscher in der großen Bergreihe, die wir den Hohen Wall nennen. Es heißt, daß wohlhabende Lords in den nördlichen

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