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Tag der Entscheidung

Tag der Entscheidung

Titel: Tag der Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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Wenn Ihr zurückkehrt, werden sie Euch wieder übergeben werden. Wenn Ihr sterbt, werden sie Eure Überreste zurück in Eure Heimat bringen. Das sage ich, die Kaliane.«
    Mara neigte den Kopf als Zeichen, daß diese Vereinbarung ihre Zustimmung fand.
    »Also gut«, blaffte Mirana, die ein Stück entfernt stand, »Mann, willst du weiter hier mit offenem Mund rumstehen, aus Enttäuschung darüber, daß du das goldhaarige Mädel nicht für unseren Sohn bekommen hast? Oder gehst du zu den Soldaten und schaffst Kommandeur Lujan herbei?«
    »Halt den Mund, altes Weib! Der Friede des Morgens ist heilig, und du entweihst das Leben selbst mit deinem Gelärme.« Er straffte die Schultern und starrte sie an, bis die Kaliane ihm einen mißbilligenden Blick zuwarf. Daraufhin zog er schlurfend davon, ein komischer Botengang, da seine Frau ihn vorgeschlagen hatte.
    Als er verschwunden war, raffte die Kaliane ihre Roben gegen den Nebel zusammen. Sie wandte sich an Mara: »Ihr werdet aufbrechen, sobald ihr euch mit Vorräten für die Reise versorgt habt. Ihr werdet zu Fuß gehen, da das Hochland zu rauh und unwirtlich für andere Beförderungsmittel ist.« Sie hielt inne, als dächte sie still über etwas nach. »Gittania, eine unserer Akolythen, wird Euch als Führerin über den Paß begleiten. Mögen die Götter Eure Bemühungen mit einem Lächeln betrachten, Lady Mara. Es ist keine leichte Aufgabe, der ihr Euch gestellt habt, denn die Cho-ja sind eine wilde Rasse mit einem Gedächtnis, das Verzeihen nicht so einfach zuläßt.«
    Eine Stunde später, nach einer warmen Mahlzeit, waren Mara und ihr Begleiter bereit. Eine kleine Gruppe lärmender Kinder und fauler Hausmatronen, angeführt von Hotaba und seinem Rat, versammelten sich, um Abschied von ihnen zu nehmen. Sie wurden begleitet von der Akolythin Gittania, die sich als ein zierliches Mädchen mit mausgrauen Haaren herausstellte, das ganz verloren wirkte in den gewaltigen Falten der Ordensumhänge, ein knielanges, gewebtes Kleidungsstück mit blendendem rotem Muster auf weißem Grund. Sie hatte gerötete Wangen, eine spitze Nase und ein unbezähmbares Lächeln. Während die nüchternen, gedeckten Farben der Thuril-Röcke mit der Landschaft zu verschmelzen schienen, bot sich Gittanias Kleidung geradezu als Zielscheibe an.
    Lujan machte schnell eine Bemerkung darüber. »Vielleicht«, so philosophierte er in einer seiner seltenen Reflexionen, »haben diese auffälligen Sachen die gleiche Funktion wie jene bunten Vögel oder Beeren, die giftig sind. Eine Warnung sozusagen, daß ihre magische Kraft denen Vergeltung bringen wird, die sie anzugreifen versuchen.«
    Obwohl er leise sprach, hörte ihn die Akolythin. »Tatsächlich nicht, Krieger. Wir, die als Lehrlinge unseren Eid geschworen haben, werden anders gekennzeichnet, weil wir gesehen werden wollen. In der Zeit unserer Ausbildung sind wir verpflichtet, jedem Mann und jeder Frau zu helfen, sollten sie unsere Hilfe benötigen. Die Kleider dienen als Erkennungszeichen, damit wir schnell gefunden werden können.«
    »Wie lange dauert Eure Ausbildung?« fragte Mara, die sich gegen den treibenden Nebel zusammenkauerte.
    Gittania blickte sie wehmütig an. »Bei einigen bis zu fünfundzwanzig Jahre. Andere erreichen nie die Passage und müssen das Weiß und Rot ihr Leben lang tragen. Den Berichten nach brauchte der jüngste Magier siebzehn Jahre für seine Ausbildung. Er war ein Wunder. Seine Leistung blieb über tausend Jahre lang ungeschlagen.«
    »Die Anforderungen an Euch und Eure Kameraden sind wirklich sehr hoch«, bemerkte Lujan. Da der Krieg der Wirkungsbereich eines jungen Mannes war, konnte er sich kaum die Geduld vorstellen, die es erfordern mußte, das halbe Leben mit dem Studium zuzubringen.
    Doch Gittania schien keinen Groll wegen dieser Mühsal zu hegen. »Ein Meister besitzt große Macht – und damit auch eine ungeheure Verantwortung. In den Jahren als Akolyth lernen wir Mäßigung, Geduld und vor allem Demut, und wir erhalten Zeit, Weisheit zu entwickeln. Wenn man sich auf Geheiß einer jeden Hirtenmutter in den Bergen um kranke Babys gekümmert hat, lernt man im Laufe der Zeit, daß die kleinen Dinge so viel oder sogar noch mehr wert sind als die großen Angelegenheiten der Herrschaft und Politik.« Hier hielt das Mädchen inne und grinste frech. »Zumindest versichern mir das die Älteren. Meine Jahre zählen noch zu wenig, um die Bedeutung eines Baby-Ausschlags gegenüber all den großen Wendungen des Universums

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