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Tag der Entscheidung

Tag der Entscheidung

Titel: Tag der Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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Kristalltore erreicht. Mögen die Götter mit Euch sein und Euch eine Audienz bei der Königin der Cho-ja gestatten.« Die Akolythin schwieg unbeholfen, während sie in die Tasche ihres Gewandes griff und einen kleinen Gegenstand herausholte. Er war rechteckig und tiefschwarz wie Obsidian. »Dies ist ein Lesestein«, erklärte sie. »Er enthält eine Aufzeichnung der Erinnerungen, die der Rat der Kaliane Euch im goldenen Wahrheitskreis entlockt hat. Er zeigt, warum wir Euch freien Weg in unserem Land gewährt haben, und gibt den Schwärmen von Chakaha einen Rat. Die Cho-ja-Magier können den Inhalt erkunden, wenn sie möchten.« Sie drückte den Gegenstand in Maras Hände, deren Finger kalt vor Anspannung waren. »Lady, ich hoffe, die Erinnerungen in diesem Stein werden Euch helfen. Die Kaliane erwähnte einige von ihnen. Sie sind ein redseliger Beweis für Eure Sache. Eure große Gefahr wird sein, den ersten Kontakt herzustellen, denn diese Cho-ja können blitzschnell töten.«
    »Ich danke Euch.« Mara nahm den Stein entgegen und steckte ihn in ihre Robe. Sie war froh, daß ihr Kommandeur seine Waffen zurückerhalten hatte, denn sie mochte den Gedanken nicht, unbewaffnet in ein möglicherweise feindseliges Lager zu gehen. Sie verabschiedete sich von Gittania. »Bitte sagt auch Eurer Kaliane meinen tiefen Dank. Mit der Gnade der Götter und viel Glück werden wir uns wiedersehen.«
    Mit diesen Worten nickte sie Lujan zu und ging auf das üppige Tal in der Tiefebene zu, wo die Stadt Chakaha auf sie wartete. Weder sie noch ihr gutaussehender Kommandeur warfen einen Blick zurück, wie Gittania ein wenig traurig bemerkte. Während des dreitägigen Marsches hatte sie begonnen, die Gute Dienerin zu mögen, deren Neugier soviel Anteilnahme an anderen enthielt und deren Hoffnung es war, die Zukunft Tsuranuanni in andere Bahnen zu lenken.

    Der Pfad fiel steil ab, über Steine, die sich unter ihren Schritten lösten. Lujan stützte seine Lady unter dem Arm, und obwohl seine Berührung fest war, spürte Mara die Unsicherheit ihrer Lage. Jeder neue Schritt führte sie weiter ins Unbekannte.
    Aufgewachsen auf den bewohnten Gebieten der Acoma-Güter und gewohnt an die Menschenscharen in den tsuranischen Städten, an die Gegenwart von Bediensteten, Sklaven und den zahlreichen Offizieren, die den Haushalt eines Menschen von edler Geburt ausmachten, konnte sie sich an keine Zeit in ihrem Leben erinnern, da sie so allein gewesen war. Ihre Meditationszelle im Tempel Lashimas war von den anderen nur durch eine dicke Mauer getrennt gewesen, und während der zurückgezogensten Besinnungsstunden am Abend zu Hause wären auf ein einziges Wort hin Bedienstete oder Krieger herbeigeeilt, um sich nach ihren Wünschen zu erkundigen.
    Hier war nur der wilde, nebelverhangene Steinabhang hinter ihr und der Dschungel vor ihr, mit seiner heimischen Cho-ja-Bevölkerung, deren Kultur ganz anders war als der sichere, vertragsgebundene Handel, den sie mit den insektenähnlichen Wesen auf ihren Gütern betrieb.
    Niemals in ihrem Leben hatte sie sich so klein gefühlt und die Welt ringsum so riesig empfunden. Es benötigte all ihren Willen, sich nicht einfach umzudrehen, Gittania hinterherzurufen und sie zu bitten, sie zu den Thuril-Gebieten zurückzugeleiten, die jetzt längst nicht mehr merkwürdig oder bedrohlich wirkten, sondern einfach und nachvollziehbar menschlich. Doch dort im Thuril-Dorf warteten der Rest ihrer Ehrengarde und Kamlio, und sie hingen alle von ihren Anstrengungen ab; und damit verbunden auch ihre Familie und ihre Kinder und all diejenigen, die auf ihren ausgedehnten Gütern lebten und den Shinzawai oder den Acoma gegenüber verantwortlich waren. Sie durfte sie nicht fallenlassen, mußte sie vor dem Zorn der Magier schützen, der ganz, sicher folgen würde. Mara ging resolut weiter und begann eine Unterhaltung.
    »Lujan, sagt mir: Als Ihr das Leben eines Grauen Kriegers führen mußtet und keine Hoffnung auf ein Leben in Ehre hattet, wie habt Ihr das geschafft?«
    Lujans Helm neigte sich etwas, als er sie von der Seite ansah. In seinen Augen erkannte sie, daß auch er die riesige Weite und Leere der Landschaft um sie herum spürte und daß er Tsurani genug war, um sich bei dem Gefühl der Verlorenheit ebenfalls unsicher zu fühlen. Wie sehr wir doch einander verstehen, dachte Mara; unser beider Bemühungen, die Schwierigkeiten des Lebens zu meistern, haben sich zu einer außerordentlichen Beziehung verwoben, die besonders geschätzt

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