Tag der Vergeltung
Schwierigkeiten gemacht, aber Adi? Sie war immer ein gutes Mädchen gewesen. »Was soll ich tun? Sag es mir, worum du mich auch bittest, ich werde es tun«, sagte er zärtlich, in Furcht vor einem weiteren Ausbruch.
Sie schwieg.
»Adi, meine Süße …«, hob er an und wusste nicht weiter. Nach der Verhaftung des Täters war ihm ein riesiger Stein vom Herzen gefallen. Natürlich hatte er sich auch gefreut, dass er einen so bedeutenden Beitrag geleistet hatte, dass er seiner Vaterrolle gerecht geworden war und sein Kind beschützt hatte. Seitdem bauten sich jedoch immer mehr Hindernisse vor ihm auf.
»Ich bin mir einfach nicht sicher …«, sagte sie wieder und brach in Tränen aus.
Er nahm sie in die Arme. Zu seinem Erstaunen fiel sie ihm beinahe um den Hals. Er konnte spüren, wie sie zitterte. »Das ist in Ordnung, meine Adinka«, flüsterte er ihr ins Ohr, »alles wird gut. Ich passe auf dich auf. Alles wird gut. Bald ist alles vorbei.«
14
Die Anwesenheit der anderen Männer, die mit Ziv Nevo vor dem Raum warteten, entspannte ihn ein wenig. Schon seit zwei Nächten war er in Abu Kabir, in einer lang gestreckten, engen Zelle, in der es nach Urin, Kot, Desinfektionsmittel und Angst stank. Einer der elf Mitinsassen stand unter Mordverdacht, dem anderen wurde Raub vorgeworfen, die übrigen hatten geklaut, um ihren nächsten Rausch zu finanzieren. Obwohl er alles daransetzte, die Fassung zu wahren, schüttelte es ihn regelmäßig vor Angst. Er verzog sich in die hinterste Ecke der Zelle, sprach kein Wort, nahm keinen Blickkontakt auf, mischte sich nicht in die Auseinandersetzungen und das Gebrüll ein. Er war bleiern vor Müdigkeit, dennoch machte er nachts kaum ein Auge zu.
Am Samstagabend hatte der Richter die U-Haft um sieben Tage verlängert. In weniger als fünf Minuten. Fast ohne ihn eines Blicks zu würdigen. Er hatte lediglich abgesegnet, was der Vertreter der Staatsanwaltschaft und Assaf Rosen, sein Rechtsanwalt, miteinander vereinbart hatten.
Ihm war keine Zeit gegeben worden, um sich mit seinem Rechtsanwalt zu beraten. Erst eine Viertelstunde vor der Verhandlung war er auf ihn zugekommen und hatte sich als sein Pflichtverteidiger vorgestellt. Völlig verwirrt hatte Ziv ihn angestarrt. »Das heißt, Sie müssen mich nicht bezahlen«, hatte Rosen hinzugefügt. Wie Ziv herausfand, bekamen Leute wie er unentgeltlich einen Vertreter der Justiz gestellt. Rosen hatte sich für seine Verspätung entschuldigt, die Polizei habe ihm das falsche Polizeirevier genannt, um ihr Gespräch hinauszuzögern. Ziv meinte, das sei nicht weiter schlimm, Hauptsache, er sei da. Rosen stellte ihm einige kurze Fragen, die ihm unerheblich schienen. Danach schlug Rosen ihm angesichts der Umstände vor, einer Verlängerung der U-Haft um sieben bis zehn Tage zuzustimmen.
»Bei einer solchen Straftat, wie sie Ihnen vorgeworfen wird, bekommt die Staatsanwaltschaft fast immer, was sie in den ersten Verhandlungen zur Haftverlängerung beantragt. Um die Zeit in der U-Haft einzuschränken, müssen wir einen Deal machen. Die werden fünfzehn Tage beantragen, wir sagen fünf, dann trifft man sich in der Mitte«, setzte er ihm selbstbewusst auseinander.
»Aber ich bin nicht schuldig, ich habe das nicht getan … Ich bin unschuldig …«, protestierte er.
»Das spielt im Moment keine Rolle«, schnitt Rosen ihm das Wort ab. »Wenn Sie dagegen vorgehen wollen, werde ich mich dafür einsetzen. Sie müssen aber wissen, dass dabei nichts für Sie herausspringt, Sie bekommen trotzdem fünfzehn Tage Haftverlängerung. Ganz bestimmt bei Richter Luzon.«
Schließlich hatte sich Rosen mit der Staatsanwaltschaft auf eine Verlängerung von sieben Hafttagen geeinigt. Er hatte ihn angelächelt, ganz mit sich zufrieden. »Sie sollten mir dankbar sein«, hatte er ihm zugeflüstert, bevor er abgeführt wurde, »es hätte schlimmer kommen können.«
Vor einigen Minuten hatte er seine zweite Unterredung mit ihm gehabt.
Rosen hatte ihm erklärt, dass der Anwalt des Angeschuldigten das Recht hatte, bei der Gegenüberstellung anwesend zu sein. Daher war er gekommen. »Das ist ein kritisches Stadium«, sagte er. Das hatte Ziv auch schon von allein kapiert. Sie saßen nebeneinander, warteten darauf, dass die Prozedur endlich beginnen würde. Er wollte Rosen erzählen, was passiert war, ihn von seiner Unschuld überzeugen, doch der unterbrach ihn. »Lassen Sie uns danach reden. Nur schade um die Worte«, sagte er.
»Die Sache wird sich schon aufklären.
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