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Tag der Vergeltung

Tag der Vergeltung

Titel: Tag der Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liad Shoham
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entlang, auf dem er zuvor gewartet hatte. Wenn alles in Ordnung wäre, hätte er es ihm garantiert mitgeteilt, ihn vielleicht sogar freigelassen. Hatte das Opfer sich auf niemanden festgelegt, bedeutete es, dass die Polizei falschlag. Möglicherweise ließ er deshalb nichts durchblicken. Ziv fuhr sich nervös mit den Fingern durchs Haar. In seinem ganzen Leben war er noch nie so angespannt gewesen.
    Assaf Rosen saß in dem kleinen Raum am Tisch und erhob sich, als er hereinkam.
    »Na, was hat sie gesagt?«, brach es aus ihm heraus.
    »Es tut mir leid«, sagte er, »sie hat Sie identifiziert.«
    »Was? Was soll das heißen?« Eine Faust donnerte in seine Magengegend. Sein Gesicht glühte. Wie konnte das sein? Er war unschuldig! Weder hatte er sie noch sonst eine Frau vergewaltigt.
    »Ist sie sicher?« Verzweifelt war er auf der Suche nach einem letzten Funken Hoffnung, an den er sich klammern konnte, der ihm eine Erklärung für diesen Wahnsinn lieferte.
    Rosen nickte. »Sie hat sofort reagiert, allenfalls hat sie einige Sekunden gezögert. Nichts, wo man den Hebel ansetzen könnte«, sagte er.
    Er sank beinahe auf den Stuhl.
    »Was soll ich jetzt tun?«
    Rosen schwieg.
    »Ich war das nicht, ich habe sie nicht vergewaltigt. Glauben Sie mir?«, fragte er und seine Stimme überschlug sich.
    Rosen erhob sich. »Ich komme morgen wieder her und dann bereden wir alles Weitere.«
    »Vielleicht reden wir jetzt?«, bat er. Er hatte das dringende Bedürfnis, sich mit jemandem zu beraten, mit einem, der auf seiner Seite stand.
    »Tut mir leid, das geht nicht. Ich habe in anderthalb Stunden eine dringende Gerichtsverhandlung und bin eh schon spät dran«, sagte Rosen und streckte ihm die Hand entgegen, als hätten sie ein erfolgreiches Geschäftstreffen zu besiegeln.
    »Von jetzt an kein Wort, das ist die Hauptsache. Reden Sie nicht mit der Polizei. Reden Sie mit keinem. Höchstwahrscheinlich setzen die einen auf Sie an, der Sie zum Reden bringen soll, einen, der Ihnen Ratschläge geben will, Ihr bester Freund sein will, damit Sie ihm Ihr Herz ausschütten. Auch wenn Sie es kaum noch aushalten, reden Sie nicht. Diese Leute werden von der Polizei eingeschleust. Sie sind V-Männer oder Kriminelle, die sich Strafmilderung erhoffen. Also nicht vergessen: Mund halten, kapiert?«
    Er nickte.
    »Gut, dann bis morgen«, sagte Rosen noch, bevor er aus dem Raum ging, ihn allein ließ, seiner Einsamkeit übergab. Mich trifft keine Schuld, ich habe sie nicht vergewaltigt, wollte er ihm nachrufen, es in die Welt hinausschreien, doch er schwieg. Wozu überhaupt? Wer hörte ihm denn zu?

15
    David Meschulam drehte noch eine Runde, um sicherzugehen, dass er auch nichts übersehen hatte. Bereits zum fünften Mal fuhr er durch die Straßen des Viertels, in dem sie wohnte, auf der Suche nach ihrem Wagen, doch ohne Erfolg. Der war verschwunden. Als hätte ihn die Erde verschluckt.
    Obwohl er im Radio gehört hatte, dass die Hitze, die sie mitten im Herbst heimsuchte, abends nachlassen sollte, war es feucht und heiß, und die Schwüle, vor allem aber die Anspannung brachten ihn ins Schwitzen. Vor anderthalb Stunden hatte er sie angerufen, um sich zu vergewissern, dass sie zu Hause war, und sofort wieder aufgelegt. Wenn sie zu Hause war – wo war dann ihr Auto? Sie war nicht verheiratet, hatte keine Kinder, wer hatte es dann? Waren seine Befürchtungen etwa eingetreten?
    Er sah auf die Uhr des Armaturenbretts. Es war Mitternacht. Wenn er den Wagen nicht fände, würde er bis zum Morgen vor ihrem Haus warten. Würde sich gedulden müssen, bis sie sich auf den Weg zur Arbeit machte, und ihr dann folgen. Die Zeit drängte. Möglicherweise war es schon zu spät und Nevo hatte ausgepackt, um sich zu retten.
    Wie ein Wahnsinniger hatte er den ganzen Samstag über versucht, ihn zu erreichen. Dass er nicht ans Telefon gegangen war, hatte ihn ganz irre gemacht. Obwohl er wusste, dass es alles andere als clever war, hatte er sich nicht beherrschen können und war zu ihm nach Hause gefahren. Er wollte mit ihm reden. Doch da war er nicht. Er hatte geahnt, dass etwas Schlimmes passiert sein musste, er vermutlich geschnappt worden war. Er überlegte, ob er Faro von der Sache erzählen sollte, entschied sich aber dagegen. Er konnte schwer einschätzen, wie Faro darauf reagieren würde, außerdem wollte er ihm keinen Stress machen. Sein Job war es, Faro eine Hilfe zu sein, nicht, ihm zusätzliche Probleme aufzuhalsen.
    Er hatte es nicht glauben können, als er

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