Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tag der Vergeltung

Tag der Vergeltung

Titel: Tag der Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liad Shoham
Vom Netzwerk:
mich informieren wollen, etwas, das ich Ihrer Meinung nach wissen sollte, bin ich für Sie da.« Obwohl der Name Eli Nachum nicht gefallen war, nicht einmal andeutungsweise, verstand Ohad den Wink: Er würde nur befördert werden, wenn er Eli Nachum in den Rücken fiele.
    Zunächst hatte er beschlossen, nichts zu unternehmen. Vor Eli hatte er Respekt, er achtete ihn; so ziemlich alles, was er wusste, hatte er von ihm gelernt. Gutes mit Schlechtem zu vergelten war nicht seine Art. Seine Zeit würde noch kommen. Er hatte sich stets für einen guten Menschen gehalten, er würde niemandem ein Messer in den Rücken rammen.
    Bei Gesprächen mit anderen Polizisten und durch Dinge, die Eli ihm persönlich anvertraut hatte, hatte er jedoch über die Monate mitbekommen, dass Eli Nachums Schicksal längst besiegelt war; in den höheren Etagen wartete man nur auf die passende Gelegenheit, ihn vom Dienst zu suspendieren. Ein Ermittler aus einem anderen Team hatte ihn einen »toten Gaul« genannt. Gegen seinen Willen grollte er Eli, Wut machte sich in ihm breit, weil er seiner Beförderung im Wege stand und an seinem Sessel klebte, statt ihn für die Jüngeren freizumachen. Er schätzte ihn immer weniger und nahm auf einmal wahr, was alle wahrzunehmen schienen: Er ging nach veralteten Methoden vor, wehrte sich gegen Modernisierung und Veränderung.
    Als ihnen der Adi-Regev-Fall übertragen worden war, hatte er verstanden: Würde Nachum hier scheitern, wäre es das Ende seiner Laufbahn. Mosche Navon hatte ihm das Seil zugeworfen. Er musste zugreifen, das wusste er, eine zweite Gelegenheit würde er nicht bekommen. Als Nachum bei Gericht seinen verlogenen Bericht einreichte, verrichtete er seinen Botendienst.
    Tagelang hatte er in seinem Büro gehockt und Eli nicht in die Augen sehen können. Navons Grinsen verriet ihm, dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis er von der Information Gebrauch machen würde. Navon hatte sogar angedeutet, dass er überlegte, ihn zu Giladi, diesem Journalisten, zu schicken, der Eli das Leben mies machte. Eli würde natürlich gleich durchschauen, wie diese Information zu Navon oder den Medien gelangt wäre. Daher wappnete er sich schon einmal für die bevorstehende Konfrontation und arbeitete Argumente aus. Doch noch bevor Navon entschieden hatte, was zu tun sei, hatte die Staatsanwaltschaft die Sache zum Glück aufgedeckt. Nun war die Bahn frei, und dass er nachgeholfen hatte, Eli Nachum aus dem Weg zu räumen, blieb unbemerkt.
    * * *
    Dana Aronov lag in ihrem Bett im Krankenhaus und hatte die Augen geschlossen. Das Gesicht war in Verbände gewickelt, sie hatte eine Sauerstoffmaske auf dem Mund und in eine Vene am Unterarm bekam sie eine Infusion. Ihre Vergewaltigung war schwerwiegender und brutaler als die von Adi Regev gewesen. Dana war im Hof ihres Wohnhauses von einem Nachbarn gefunden worden. Bewusstlos. Noch vor zwei Tagen war sie mit ihrer Freundin in Eilat im Urlaub gewesen.
    Mosche Navon hatte ihn um vier Uhr morgens angerufen und ihm den Fall übertragen. »Das ist deine Gelegenheit, Bar-El«, hatte er in autoritärem Ton erklärt, »bau bloß keine Scheiße und enttäusch mich nicht.« Das »wie Eli« hatte er sich sparen können. Ohad hatte verstanden.
    Binnen einer halben Stunde war er im Krankenhaus gewesen und hatte darum gebeten, die vergewaltigte Frau zu sehen. Beim Anblick des geschwollenen, zugerichteten Gesichts hatte er den Blick senken müssen.
    »Schwer zu sagen, wie viel Zeit vergehen wird, bis sie wieder zu Bewusstsein kommt und Sie mit ihr reden können. Kann auch sein, dass sie gar nicht mehr aufwacht«, hatte der Arzt zu ihm gesagt, als sie an ihrem Bett standen.
    »Haben Sie Sperma gefunden?«, erkundigte er sich. Der Arzt schüttelte den Kopf. »Die Untersuchungen laufen noch, aber ich glaube nicht, dass wir etwas finden«, sagte er. »Ich schätze, dass er nicht zum Höhepunkt gekommen ist. Er hat sich darauf verlegt, sie zusammenzuschlagen.«
    Ohad hatte den Arzt angesehen, er war frustriert. Er hatte gehofft, in dem Fall kurzen Prozess machen zu können. Er wollte die erste ernsthafte Ermittlung unter seiner Leitung schnell zum Abschluss bringen. Ohne Identifizierung durch das Opfer und ohne DNA-Spuren sähe er ziemlich alt aus.
    Er musste klug vorgehen. Es war sein erster Fall, er durfte nicht scheitern. Diesmal würde ihm Ziv Nevo nicht davonkommen.
    Sein Handy klingelte. Gleich nach Mosche Navons Anruf hatte er einen Einsatzwagen angewiesen, Ziv Nevo zu verhaften.

Weitere Kostenlose Bücher