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Tag und Nacht und auch im Sommer

Tag und Nacht und auch im Sommer

Titel: Tag und Nacht und auch im Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank McCourt
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wär das für den Kauderwelsch.
    Was ist Kauderwelsch?
    Unverständliche Sprache.
    Ich hatte eine Idee, eine plötzliche Eingebung. Ich sagte, Psychologie ist die Lehre vom Verhalten der Menschen. Grammatik ist die Lehre vom Verhalten der Sprache.
    Mach weiter, Lehrer. Erzähl ihnen von deiner genialen Entdeckung, deinem großen Durchbruch. Frag sie, wer weiß, was Psychologie ist?
    Schreib das Wort an die Tafel. Sie mögen die großen Wörter. Sie nehmen sie mit nach Hause und schüchtern ihre Eltern damit ein.
    Psychologie. Wer weiß es?
    Psychologie ist, wenn die Leute verrückt werden und man muß rausfinden, was ihnen fehlt, bevor man sie in die Klapsmühle steckt.
    Alle lachten. Ja, ja. Wie die Schule hier, Mann.

    Ich trieb es weiter. Wenn jemand etwas Verrücktes tut, untersucht ihn der Psychologe, um dahinterzukommen, was ihm fehlt. Wenn jemand seltsam redet, so daß man ihn nicht versteht, dann denkt man an Grammatik. Wie beispielsweise, John Laden in den ging.
    Also das ist dann Kauderwelsch, ja?
    Das Wort hatte es ihnen angetan, und ich klopfte mir dafür auf die Schulter, daß ich es ihnen gebracht hatte, eine Neuigkeit aus der weiten Welt der Sprache. Unterrichten bedeutet Neuigkeiten bringen. Ein großer Durchbruch für den neuen Lehrer. Kauderwelsch. Sie sagten es sich gegenseitig vor und lachten. Aber es blieb in ihren Köpfen haften. Schon nach den ersten paar Jahren meiner Lehrerlaufbahn hatte ich es geschafft, daß ein Wort haftenblieb. In zehn Jahren würden sie »Kauderwelsch« hören und an mich denken. Es tat sich etwas. Sie fingen an zu begreifen, was Grammatik ist. Wenn ich so weitermachte, würde ich es vielleicht sogar selbst begreifen.
    Die Lehre vom Verhalten der Sprache.
    Jetzt gab es für mich kein Halten mehr. Ich sagte, Laden den in ging John. Ist das verständlich? Natürlich nicht. Ihr seht also, ihr müßt die Wörter in die richtige Reihenfolge bringen. Erst die richtige Reihenfolge ergibt einen Sinn, und wenn eure Sätze keinen Sinn haben, plappert ihr sinnloses Zeug, und dann kommen die Männer in den weißen Kitteln und nehmen euch mit. Und stecken euch in die Kauderwelsch-Abteilung von Bellevue. Das ist Grammatik.
    Rons Freundin Donna meldete sich. Und was ist aus John geworden, dem ersten Jungen, der jemals in den Knast gekommen ist, weil er ein Grammatikbuch geklaut hat? Den haben Sie bei all den fiesen Typen in Sing-Sing zurückgelassen. Und was ist aus Rose geworden? Hat sie auf John gewartet? War sie ihm treu?
    Der harte Ken sagte, nee, die warten nie auf einen.
    Entschuldige mal, sagte Donna in sarkastischem Ton. Ich
würde auf Ron warten, wenn er ins Gefängnis käme, weil er ein Grammatikbuch geraubt hat.
    Gestohlen, sagte ich. Der Englischlehrer wird von seinen Vorgesetzten dazu angehalten, diese kleinen Fehler zu korrigieren.
    Was? fragte Donna.
    Nicht rauben. Das richtige Wort ist stehlen.
    Na schön, von mir aus.
    Ich ermahnte mich, halt den Mund. Unterbrich sie nicht andauernd. Wer gibt denn einen Fiedlerfurz auf den Unterschied zwischen stehlen und rauben? Laß sie reden.
    Ken sah Donna an und schnaubte verächtlich. Ja, ja, sicher. Klar würdest du warten. Die vielen Jungs, denen sie in Frankreich und Korea den Arsch weggeschossen haben, auf einmal kriegen die von ihrer Freundin oder ihrer Frau einen Abschiedsbrief. Warten! Daß ich nicht lache.
    Ich mußte eingreifen. Immer mit der Ruhe. Wir reden von dem John, der nach Sing-Sing gekommen ist, weil er eine Grammatik gestohlen hat.
    Abermals ein verächtliches Schnauben von Ken. Ja, das sind alles große Grammatikfreaks in Sing-Sing. Die ganzen Killer sitzen in der Todeszelle rum und reden die ganze Zeit über Grammatik.
    Ken, sagte ich. Es geht nicht um Ron. Es geht um John.
    Genau, sagte Donna. Es geht um John, und der fängt an, alle in Grammatik zu unterrichten, und wenn die dann aus Sing-Sing rauskommen, reden sie alle wie College-Professoren, und die Behörden sind John so dankbar, daß sie ihm eine Stelle als Grammatiklehrer an der McKee geben.
    Ken wollte etwas erwidern, aber die anderen klatschten und johlten und sagten, weiter, Donna, weiter, und schrien ihn nieder.
    Englischlehrer sagen, wenn man Grammatik an einer Berufsschule unterrichten kann, kann man überall alles unterrichten.
Meine Schüler hörten mir zu. Sie machten mit. Sie merkten nicht, daß ich ihnen Grammatik beibrachte. Vielleicht dachten sie, wir hätten nur Geschichten über John in Sing-Sing erfunden, aber beim Hinausgehen sahen

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