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Tag vor einem Jahr

Titel: Tag vor einem Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Geraghty
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drehte sich abrupt um.
    »Was ist los?« Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr.
    »Liebst du mich?« Fast hätte ich es laut ausgesprochen, konnte mich aber gerade noch zurückhalten. Shane hasste diese Frage. Sie gehörte für ihn zur selben Kategorie wie »Woran denkst du gerade?« und »Kann ich mit dir nach London kommen?«.
    »Nichts. Es kann warten.«
    Er erwiderte nichts, hob stattdessen die Hand zu einer Art Winken, drehte sich um und verschwand durch die Sicherheitskontrolle. Durch einen Spalt in der Rauchglasabtrennung konnte ich ihn noch immer sehen, konnte sehen, wie er sich abmühte, Schuhe und Gürtel auszuziehen, und Münzen aus den Tiefen seiner Taschen fischte. Die Maschine musste gepiept haben, als er durchging. Eine kleine Frau mit kurzem Haar, das ein hübsches Gesicht einrahmte, näherte sich ihm. Sie hatte eine Uniform an: Flughafenpolizei, vermutete ich. Mit starrem Gesicht sagte sie etwas zu ihm. Auf Shanes Gesicht zeigte sich ein breites Lächeln, als er seine Arme und Beine spreizte. Ich konnte sehen, wie er sie unter die Lupe nahm, während sie mit ihren Händen seine Beine seitlich hochstrich. Als sie sich aufrichtete, reichte sie ihm bis zur Brust. Er beugte seinen Kopf zu ihr hinunter, und ihr Gesicht wendete sich zögernd und mit einem Anflug von Lächeln zu ihm hoch. Shane setzte seinen Zauber ein. Ihre Hände glitten über seine Brust und seitlich hinunter. Als sie von ihm zurücktrat, schien sie errötet zu sein. Shane der Charmante, dachte ich, als ich mich umdrehte
und ging. Mein Handy vibrierte in meiner Tasche, und ich nahm es heraus. Eine SMS von Caroline:
    Bin jetzt zu Hause. Wo bist du?
    Wo war ich? Ich war mir nicht ganz sicher, aber ich wusste, dass ich mich anders fühlte. Nicht besser oder schlechter, nur anders. Selbst wenn das Leben in den gewohnten Bahnen weiterging.

31
    Caroline war daheim, als ich nach Hause kam. Im Wohnzimmer, auf dem Kopf balancierend.
    »Das ist die neueste Ansicht zum Thema Durchblick.« Ihre Stimme klang gedämpft, und ihr Gesicht hatte die Farbe von reifen Erdbeeren. »Umkehrtherapie«, erklärte sie angestrengt weiter. Sie stieß die Worte abgehackt hervor.
    Ich zog meinen Mantel aus und versuchte sie zu ignorieren.
    »Dan Brown macht das so.«
    Gut, das reichte mir. Ich meine, wenn Dan Brown es macht … Ich ließ meinen Kopf zu Boden sinken und vergrub meine Hände im Teppich. Es war viel anstrengender, als ich gedacht hätte, meinen Körper abzustoßen und in die Senkrechte zu bringen. Ich warf meine Beine gegen die Wand und wartete auf eine Inspiration. Das Blut strömte meinen Körper hinab in meinen Kopf.
    Zuerst erfasste mich Panik, und ich begann zu hyperventilieren, doch dann zwang ich mich abzuwarten, und allmählich überkam mich Ruhe. Das hatte ich nicht erwartet, so wenig wie einen warmen Tag im Februar.
    Ich dachte über Shane nach. Über uns. Der alte Jenkins hatte mir ein »glückliches Wochenende« gewünscht, aber ich hatte keines gehabt. Wir hatten nicht über die Pläne gesprochen. Shane hatte es nicht mehr erwähnt, und ich hatte Angst, es zu tun. Ich wusste, dass das nicht richtig war, aber
ich wusste nicht, wie ich es ändern sollte. Warum musste immer alles so kompliziert sein?
    Plötzlich wurden meine Beine von der Wand gerissen, und ich fiel auf die Erde zurück, ein ungeordnetes Bündel aus Armen, Beinen und Haaren.
    »Ich muss mit dir sprechen«, sagte Caroline.
    Ich brauchte einen Moment, um aus meiner Gedankenwelt zurückzufinden, und ich tat es nur widerstrebend.
    »Ich möchte mit dir über Bernard sprechen.« Sofort fühlte ich mich schuldig, als hätte ich einen Aufkleber mit der Aufschrift »Ich habe mit Bernard O’Malley geschlafen und fand es wunderbar« auf meiner Stirn kleben. Hatte ihr Bernard irgendetwas über mich und ihn erzählt? Nein, natürlich nicht, sei nicht töricht, warum sollte er?
    »Was hast du gesagt?« Caroline sah mich mit ihrem Gesichtsausdruck an, der für Verrückte und Dubliner Fußballfans reserviert war. Himmel, hatte ich etwa laut gedacht?
    »Nichts«, erwiderte ich schnell. »Jetzt weiter, du wolltest über Bernard sprechen.« Auch ich wollte über ihn sprechen. Ich wollte beschreiben, wie sich sein Gewicht auf mir anfühlte. Herausheulen, wie zart die Haut hinter seinem Ohr war. Wie seine Fingerspitzen meinen Mund berührten. Wie er mich ansah, wenn ich sprach, so als würde er mir zuhören. Richtig zuhören.
    Ich setzte mich auf dem Boden in die Hocke und schnappte nach

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