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Tag vor einem Jahr

Titel: Tag vor einem Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Geraghty
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schmiegte und ihn küsste. Es machte mir nichts aus. Ich hatte getan, was man mir aufgetragen hatte, also hatte ich ein reines Gewissen. Seitlich der Kirche fand ich ein schattiges Fleckchen, schob mein Kleid hoch und tastete mit einer Hand am oberen Ende meiner Strümpfe entlang, bis ich das tröstliche Rechteck meiner Zigarettenschachtel fand. Clever wie ich war, hatte ich mein Feuerzeug in die Schachtel gesteckt, sodass alles für eine Zigarettenpause griffbereit war. Passenderweise konnte ich auch noch von meinem Plätzchen hinter einem riesigen Fliederbusch einen direkten Blick auf die Hochzeitsgesellschaft werfen, ohne dass die Leute mich sehen konnten.
    Bernard schüttelte gerade Jack die Hand. Er blieb kurz stehen, um sich etwas anzuhören, was Jack sagte, und während er so abgelenkt war, beobachtete ich, wie Mam ihre Blicke auf eine nicht ganz angemessene Weise über ihn gleiten ließ. Musterte sie jetzt etwa seinen Hintern?
    Bernard hatte den Rat von Jennifer und Laura angenommen und trug den schokoladenbraunen Anzug, wobei er heute ein Hemd in dunklem Rosa gewählt hatte. Mit dieser Farbkombination sollte er bei meiner Mutter eigentlich nicht punkten können, aber von mir bekam er zehn von zehn Punkten. Offensichtlich empfand das auch Caroline so, als sie zu ihm trat und ihren Arm um seine Taille legte – tief genug, um ein wenig seine Pobacken zu berühren. Jetzt entschuldigte sich Bernard und suchte in seiner Tasche nach etwas. Es war sein Handy. Für einen ganz kurzen Augenblick schwebte Carolines Arm, zu einem Halbkreis gebogen, in der Luft, als stünde er
noch immer da. Schnell senkte sie ihn und lachte über eine Bemerkung meiner Mutter. Beide sahen zu Bernard, der sich mit dem Handy am Ohr entfernte. Vielleicht sagte Mam ja, wie gut sie beide zusammen aussähen. Was für ein großartiges Paar sie abgäben. Caroline trug ein Kleid in dunklem Rosa, das fast den gleichen Farbton wie Bernards Hemd hatte, als hätte sie es gewusst. Vielleicht hatte sie es ja. Vielleicht hatte sie die vergangene Nacht bei ihm verbracht und das Hemd gesehen. Oder schlimmer noch: Vielleicht waren sie zusammen einkaufen gewesen, damit sein Hemd und ihr Kleid zusammenpassten. Eine ziemlich schlimme Vorstellung.
    Ich rauchte die Zigarette, ohne es zu merken, bis zum Filter herunter. Mit dem letzten Zug verbrannte ich mir die Finger. Ich warf den Stummel in das Blumenbeet. In der Zigarettenschachtel hatte ich auch eine Packung Kaugummis und einen kleinen Flakon mit Parfüm, den ich einmal kostenlos zu einer Wimpertusche dazubekommen hatte, versteckt. Während ich mich mit Parfüm besprühte und mir einen Kaugummi in den Mund schob, befühlte ich die Haare oben auf meinem Kopf, um mich zu vergewissern, dass alles noch an Ort und Stelle war. Meine Frisur neigte sich inzwischen wie der Schiefe Turm von Pisa, aber sie hielt noch. Ich konnte sehen, wie Mam und meine Schwestern auf das Auto zugingen, wobei Mam ihren Kopf auf der Suche nach mir in alle Richtungen drehte. Also setzte ich meine Beine auf meinen – sehr hohen – Absätzen in Bewegung und bahnte mir einen Weg durch die Menschenansammlung, sodass ich noch vor ihnen allen beim Auto ankam. Das freute mich mehr, als der Anstand es erlaubte.
    »Da bist du.« Shane kam auf das Auto zu, er sah verärgert aus. »Ich habe dich überall gesucht. Ich möchte unbedingt mit dir sprechen.«

    »Grace, wir fahren«, rief mir meine Mutter mahnend zu.
    »Shane, ich muss jetzt gehen. Wir fahren mit dem Fotografen zum Park.«
    »Ich dachte, du könntest es kaum erwarten, etwas über unsere Pläne zu erfahren.« Er sah aus wie ein schmollender Dreijähriger.
    »Ich habe die vergangenen zwei Monate darauf gewartet, etwas darüber zu erfahren, also gehe ich davon aus, dass weitere zwei Stunden jetzt auch keinen Unterschied mehr machen.«
    »Das ist ungerecht, Grace.« Sorgfältig darauf bedacht, dass meine Familie uns nicht hören konnte, senkte Shane die Stimme. »Ich war vor zwei Monaten noch nicht so weit, irgendwelche Pläne zu schmieden. Aber jetzt bin ich so weit. Ich hatte gedacht, du würdest dich freuen.«
    »Komm schon, Grace.« Die Stimme meiner Mutter tönte schrill, und ich entfernte mich von Shane.
    »Ich hätte dich vor zwei Monaten gebraucht. Doch du bist ungeachtet dessen einfach gegangen. Erinnerst du dich daran, dass ich mitkommen wollte?«
    »Das haben wir doch alles schon durch, Grace.« Shane konnte offenbar nicht glauben, dass ich das gesagt hatte. Um ehrlich zu

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