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Tag vor einem Jahr

Titel: Tag vor einem Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Geraghty
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nicht ähnlich sah. Ich zog ihr die Hand vom Mund, wie sie es normalerweise bei mir machte.
    »Ich weiß nicht, was du an ihm findest. Er ist so seltsam wie ein schielender Hund. Und diese roten Haare. Was hast du dir dabei gedacht?«, platzte Shane heraus.
    »Deine Freundin, die da neben dir steht, hat im Übrigen auch rote Haare«, bemerkte Caroline.
    »Bei einem Mädchen ist das etwas anderes. Das weißt du.«
    Shanes Äußerung wurde von Caroline nicht sonderlich wohlwollend aufgenommen, sie warf sich in das Gemenge und entfernte sich.
    »Also«, sagte Shane und wandte sich zu mir. »Bist du froh, dass ich hier bin?« Über Shanes Schulter hinweg konnte ich Bernard beobachten, wie er zwischen den Leuten verschwand.
    »Grace?«
    Ich schaute zu Shane zurück. Er wartete auf meine Antwort.
    »Grace?« Dieses Mal war es Mam, die mich von der anderen Seite des Hofes aus rief.
    »Shane, ich bin in einer Minute zurück. Du kommst allein zurecht?«
    Shane sah sich um und entdeckte meine Cousinen, die
noch immer in seine Richtung starrten, einige von ihnen mit offenen Mündern.
    »Ja, mach dir keine Sorgen wegen mir«, sagte Shane und strich sich sanft über das Haar. »Es wird mir bestens gehen. Regele du deine Brautjungfernangelegenheiten, ich kümmere mich später um dich.« Er löste seinen Blick von der Kleinmädchenbande und tätschelte mich, bevor er ging, wie einen jungen Hund.
    Ich ging auf meine Mutter zu, die Jacks Krawatte geradezog. Er stand still wie ein gehorsames Kind, das die Aufmerksamkeit liebte. Für einen alten Junggesellen passte er sich hervorragend an Mams Fürsorge und den allgemeinen Lärm und Trubel des Familienlebens an. Zufrieden mit dem Knoten, den sie gebunden hatte, zog Mam Jacks Krawatte fest und trat einen Schritt zurück, um ihr Werk zu begutachten, während Jack um Atem rang und sich bemühte, nicht den obersten Knopf zu öffnen. Jeden Augenblick würde sie sich die Finger ablecken und seine Stirnhaare damit glätten.
    »Du wolltest mich sprechen, Mam?« Ich trat näher zu den beiden heran, und Jack lächelte mich an, als würde er sich freuen, mich zu sehen.
    »Du keuchst ein bisschen«, sagte Mam. »Hast du dein Asthmaspray dabei?«
    »Ja. Und es geht mir gut. Ich habe nur seit Ewigkeiten keine Zigarette mehr geraucht, das ist alles.«
    »Komm gar nicht erst auf den Gedanken, heute eine zu rauchen. Wie ich dich kenne, brennst du wahrscheinlich ein Loch in dieses wunderschöne Kleid.«
    »Du hast Recht«, warf Jack ein. »Grace sieht heute wirklich wunderschön aus.« Und Mam sah mich an, sah mich zum ersten Mal seit, wie es schien, sehr langer Zeit richtig an.

    »Ja«, bestätigte sie, »das tut sie.« Hinter ihrem Lächeln dachte sie, da war ich mir sicher, an Patrick, und ich wünschte mir, ich würde ihm nicht so ähnlich sehen. Ich war ihr ständiges Mahnmal, so wie sie meins war.
    »Nun«, meinte sie plötzlich in ganz routiniertem Ton, »wir müssen in einer halben Stunde für die Fotoaufnahmen im Park sein. Kannst du also bitte Clare, Richard und Jane suchen und sie ins Auto setzen?«
    Clare küsste Richie Rich, als ich sie fand. Es war einer dieser Küsse, die ewig zu dauern schienen, aber für den prüfenden Blick der Öffentlichkeit noch keusch genug waren.
    »Ähm«, räusperte ich mich neben ihnen. Sie beendeten ihren Kuss, allerdings langsam, und wendeten sich mir zu. Sie waren so in ihre Liebe versunken, dass sie kaum ihren Blick auf mich richten konnten.
    »Wo ist Shane? Hast du ihn entdeckt?« Clare sprach mit undeutlicher Stimme, und das kam nicht vom Alkohol – sie hatte nur ein Glas Champagner getrunken, noch dazu mit Orangensaft gemischt.
    »Er ist dort drüben, es geht ihm bestens.« Ich deutete vage in die Menschenmenge vor der Kirche. In Clares momentanem Zustand wünschte sie sich alle vergeben und so glücklich, wie sie selbst es war. Ich hatte immer angenommen, dass man, war man einmal vergeben, auch glücklich wäre, aber inzwischen wusste ich, dass es so nicht funktionierte.
    »Ist alles in Ordnung, Grace?« Clare wollte sich wieder daranmachen, Richard zu küssen.
    »Äh, ja, gut.«
    »Brauchst du mich für irgendetwas?«
    »Oh ja, tut mir leid, Clare.« Ich drückte mich in den Schatten, um der Sonne, die auf mich niederbrannte und
mich benommen machte, zu entgehen. »Es ist Zeit, dass wir wegen der Fotoaufnahmen zum Park fahren.«
    »Wunderbar. Wir kommen gleich«, sagte Clare, die wartete, bis ich mich entfernt hatte, bevor sie sich wieder an Richard

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