Tage der Freuden
Zauber gab (wie zauberhaft sind die Dinge, die uns nicht gehören, denn sie strahlen so viel vom Himmel wider und landen an so vielen Gestaden) – hier brach Violante in Tränen aus.
»Mein armer Augustin«, sagte sie abends, »mir ist ein großes Unglück widerfahren.« Der erste Wunsch nach Mitteilung entstand in ihr nach der ersten Enttäuschung ihrer Sinnlichkeit, genauso selbstverständlich, wie es gewöhnlich aus der ersten Befriedigung der Liebe entsteht. Noch kannte sie die Liebe nicht, aber kurze Zeit danach begann sie unter ihr zu leiden, und das ist die einzige Art, wie man sie im tiefsten Grunde kennenlernt.
III
Liebesschmerzen
Violante war verliebt, das will sagen, daß ein junger Engländer, der sich Laurence nannte, während einiger Monate der Gegenstand aller Gedanken war, keinen ausgenommen, und das Ziel ihrer wichtigsten Handlungen. Sie war einmal mit ihm auf die Jagd gegangen und konnte es nicht verstehen, warum die Sehnsucht, ihn wiederzusehen, ihre Gedanken beherrschte, sie auf die Straße trieb, wo sie hoffen konnte, ihm zu begegnen, den Schlaf von ihr fernhielt, ihre Ruhe und damit ihr Glück zerstörte. Violante war verliebt, sie wurde verschmäht. Laurence liebte die große Welt, und sie liebte ihn genug, um ihm dorthin zu folgen, aber Laurence hatte keinen Blick für diese Landschönheit von zwanzig Jahren. Sie wurde krank vor Kummer und Eifersucht und wollte Laurence in den Bädern von S. vergessen, aber sie blieb in ihrer Eigenliebe verletzt, weil man ihr so viele Frauen vorgezogen hatte, die nicht besser waren als sie, und war entschlossen, sie mit ihren eigenen Waffen zu schlagen.
»Ich verlasse dich, mein guter Augustin«, sagte sie, »und gehe an den Hof von Österreich.«
»Das wolle Gott nicht«, sagte Augustin, »die Armen unserer Gegend hätten niemanden mehr, der sie tröstet, wenn Sie unter so vielen bösen Menschen weilten. Wollen Sie nicht mehr mit unseren Kindern in den Wäldern spielen? Wer soll die Orgel in der Kirche bedienen? Wir sollen Sie also nicht mehr in den Feldern malen sehen? Sie werden keine Lieder mehr erfinden?«
»Sorge dich nicht, Augustin«, sagte Violante, »wache mir treu über mein schönes Schloß und meine braven Leute von Steyer. Die Welt soll mir nur ein Mittel sein, sie bietet mir zwar banale, aber unbesiegliche Waffen, und wenn ich eines Tages geliebt sein will, muß ich sie besitzen. Mich stachelt eine Neugier und mehr als das, mich treibt eine Lebensnotwendigkeit dazu, ein äußerlich reicheres und weniger abgeklärtes Leben zu führen als hier. Es soll zugleich Ruhe sein und eine Schule für mich. Sobald ich mir meine Stellung geschaffen habe und meine Ferien zu Ende sind, will ich die große Welt verlassen und in die Felder zurückkehren zu unseren guten, einfachen Leuten und, was mir das Liebste ist, zu meinen Liedern. An einem bestimmten Tage, der nicht sehr fern ist, will ich auf der schiefen Ebene haltmachen und in unser Steyer zurückkehren und neben dir leben, mein Lieber.«
»Werden Sie das können?« fragte Augustin.
»Man kann, was man will«, sagte Violante.
»Sie werden aber dann nicht mehr das gleiche wollen«, sagte Augustin.
»Warum?« fragte Violante.
»Weil Sie sich wandeln werden«, sprach Augustin.
IV
Die Weltlust
Die Menschen in der großen Welt waren so mittelmäßig, daß Violante bloß da sein mußte, um sie fast alle in ihr Nichts zurückzustoßen. Die exklusivsten Aristokraten, die ungebärdigsten Künstler folgten ihrer Schleppe und brachten ihr ihre Huldigung entgegen. Wenn jemand Geist hatte, war sie es, sie hatte den feinsten Geschmack, die herrlichste Haltung und alles, was die unerhörte Vollendung ihrer Erscheinung zum Ausdruck brachte. Sie brachte Komödien in Mode, nicht anders als Parfüms und Toiletten. Die Schneiderinnen, die Literaten, die Friseure lagen auf den Knien vor ihr und bettelten um ihre Protektion. Die berühmteste Modistin Österreichs erbat sich den Titel ihrer Lieferantin, der allerberühmteste Prinz Europas erbat sich den Titel eines Geliebten. Sie hielt es für ihre Pflicht, beiden ihre Bitte abschlägig zu bescheiden, die, erfüllt, ihre Eleganz auf immer als das Vollkommenste in seiner Art bestätigt hätte. Unter den vielen jungen Leuten, die sich um den Eintritt in Violantes Salon heiß bewarben, zeichnete sich Laurence durch besonders dringendes Bemühen aus. Einmal hatte er ihr viel Kummer bereitet, man kann es verstehen, daß er ihr jetzt infolgedessen widerlich war. Er
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