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Tage der Freuden

Tage der Freuden

Titel: Tage der Freuden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcel Proust
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Dauer deiner Liebe hängt davon ab!
    Die Uhr schlägt fieberhaft, die Rosen werden unruhig, die Orchideen beugen, sich in ihrer angstvollen Bedrängung vor Honoré, eine hat ein mißgünstiges Gesicht. Die tatenlose Feder betrachtet ihn mit Trauer, es tut ihr weh, sich nicht regen zu dürfen. Die Bücher setzen ihr ernstes Murmeln ohne Pause fort. Alles sagt ihm: »Gehorch der Fee und denk daran, daß die ewige Dauer deiner Liebe davon abhängt!«
    Honoré (zögert nicht einen Augenblick); Wie sollte ich nicht gehorchen, wie könnt ihr an mir zweifeln?
    Die Vielgeliebte tritt ein. Die Rosen, die Orchideen, die Uhr aus Meißen und der keuchende Honore, alles vibriert im gleichen Einklang mit ihr.
    Honoré (stürzt auf ihren Mund) »Ich liebe dich!«
    Epilog : Und es war, als hätte er der Sehnsuchtsflamme seiner Geliebten das Lebenslicht ausgeblasen. Sie tat, als ob sie beleidigt sei über die Unschicklichkeit seines Benehmens, sie floh, und nie sah er sie wieder, ohne daß sie ihn marterte mit ihrem strengen, gleichgültig feindlichen Blick …
XIII
Der Fächer
    Gnädige Frau, für Sie habe ich diesen Fächer gemalt.
    Möge er Ihren Wünschen gehorchen, möge er Ihnen in Ihrer stillen Zurückgezogenheit die reizenden Schattenbilder vors Auge zaubern, wie sie einst Ihren anmutsvoll lebendigen Salon erfüllt haben, dessen Türen jetzt für immer geschlossen sind.
    Ihre Kronleuchter, von deren Armen überall große weiße Blüten herabhängen, beleuchten Kunstgegenstände aus allen Zeiten und Ländern.
    Ich dachte an den Geist unserer Zeit, während ich mit meinem Pinsel die neugierigen Blicke nachzeichnete, die Ihre Kronleuchter auf die Vielfalt Ihrer Nippes warfen. Beide haben die Schöpfung des Gedankens in gleicher Weise erschaut, das Leben der Jahrhunderte gesehen, quer über das Erdrund hinweg. Und maßlos hat der Geist der Zeit den Kreis seiner Fahrten ausgespannt. Getrieben von Langeweile, gierig nach Vergnügen, hat er sie abgewandelt und geändert wie Spaziergänge, nicht so sehr in ihrem Ziel als vielmehr in dem Weg der Reise; und fühlte er unterwegs seine Kräfte erlahmen, seinen Mut schwinden, dann legte er sich mit dem Gesicht zur Erde wie ein stumpfes Tier und wollte nichts mehr sehen. Ich habe dennoch die Strahlen Ihres Kronleuchters mit Liebe nachgezeichnet. Diese haben mit verliebter Melancholie so viel Dinge und Wesen gestreichelt, und nun sind sie erloschen für immer.
    Trotz des winzigen Formats werden Sie vielleicht die Personen im Vordergrund erkennen und werden bemerken, daß der unparteiische Maler, gleichmäßig wohlwollend wie Sie, alle Personen mit derselben Liebe und Treue gemalt hat, mögen es große Herren sein, schöne Frauen oder begabte Männer. Dies ist ein zweifelhafter Trost in den Augen der Welt, unzureichend und im Gegenteil sogar ungerechtfertigt in den Augen der Vernunft, aber er hat Ihre Gesellschaft in einen kleinen Kosmos verwandelt, der innerlich weniger zerrissen, ja harmonischer ist als der andere, trotzdem von Leben erfüllt, und seinesgleichen sah man nie. So möchte ich auch nicht, daß irgendein Jemand diesen Fächer sähe, der nicht einen Salon wie Ihren besucht hat und der nur mit betroffenem Staunen sähe, wie hier »die gute Lebensart« Herzoge ohne Stolz mit Romanschriftstellern ohne Arroganz an einen Tisch bringt. Möglicherweise würde dieser »Jemand« ebensowenig die Schattenseiten dieser Annäherung begreifen, deren Übermaß nur einen einzigen Tauschverkehr fördert, nämlich den der Lächerlichkeiten. Zweifellos würde in seinen Augen die Wirklichkeitsschilderung pessimistisch scheinen – zum Beispiel die Schilderung eines hochlehnigen Sorgenstuhles, worin ein großer Schriftsteller mit den Allüren eines Snobs ruht und dem Gerede eines großen Herrn lauscht, der gerade eine Dichtung durchblättert, während sein (des großen Herrn) Gesichtsausdruck, wenn anders er mir in seiner Albernheit gut gelungen ist, zur Genüge beweist, daß er von der Sache nicht die geringste Ahnung hat.
    Nahe dem Kamin werden Sie C. wiedererkennen.
    Er hebt den Stöpsel von einem Parfümfläschchen und erklärt seiner Nachbarin, es sei ihm gelungen, die abenteuerlichsten, die stärksten Gerüche zu konzentrieren.
    B. ist verzweifelt, ihn nicht überbieten zu können, er denkt, die sicherste Methode, an der Spitze der modernsten Errungenschaften zu stehen, sei die, mit Eklat sich zur alten Mode zu bekennen, und während er das billige Veilchenparfüm einatmet, betrachtet er C.

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