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Tage des letzten Schnees: Ein Kimmo-Joentaa-Roman (German Edition)

Tage des letzten Schnees: Ein Kimmo-Joentaa-Roman (German Edition)

Titel: Tage des letzten Schnees: Ein Kimmo-Joentaa-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Costin Wagner
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zurückbleiben«, sagte Westerberg.
    Seppo schwieg.
    »Wir haben endlich was«, rief einer der Kriminaltechniker und kam auf sie zu. Der Gegenstand, den er ihnen zeigen wollte, lag in einer Klarsichtfolie.
    »Eine Visitenkarte?«, sagte Westerberg.
    Der Kriminaltechniker nickte. »Werbung. Von einem Nachtclub, in Salo.«
    »Salo? Bei Turku?«, fragte Seppo.
    »Ja, das denke ich mal«, sagte der Kriminaltechniker. »Die Karte lag in einer Seitentasche des Mantels. Also, von dem Mann. Aber interessanter ist die Dame, die hier vorne abgebildet ist. Das müsste, wenn ihr mich fragt, unsere Tote sein.«
    Westerberg betrachtete das Bild der nackten Frau, die sich lasziv gegen den Schriftzug des Clubs lehnte, der in fetten rosa Buchstaben die kleine Karte dominierte. Villa Bella, was immer das heißen sollte.
    »Ich denke, das ist sie«, sagte der Kriminaltechniker.
    »Ja?«, sagte Westerberg. Der Bereich der Augen war verpixelt, alles andere gut zu erkennen.
    »Wegen der Tätowierung. Unsere Tote hat genau dieses Tattoo an der Schulter.«
    Unsere Tote, dachte Westerberg. Villa Bella. In Salo, hundert Kilometer entfernt.
    »Das würde bedeuten, dass sie da gearbeitet hat. Ein erster Hinweis, immerhin.«
    Turku, dachte Westerberg. Dann würde dieser Fall ihn also wieder mit Kollegen zusammenführen, die er mochte, mit Sundström, Grönholm und vor allem mit Kimmo Joentaa. »Kannst du mit dem Teil auch telefonieren?«, fragte er, an Seppo gewandt.
    »Äh, was?«, fragte Seppo.
    »Telefonieren. Mit deiner Scheibe da.«
    Seppo lachte. »Mit meinem Tablet, meinst du. Nein.«
    »Hm. Würde auch komisch aussehen, denke ich. Dann solltest du Sundström in Turku mit dem guten alten Handy anrufen. Frag nach, ob er sich mal diesen Club in Salo ansehen kann.«
    Seppo nickte.
    »Eine Sache ist ganz sicher falsch«, sagte eine Stimme in Westerbergs Rücken, eine resolute, weibliche Stimme. Er drehte sich um und sah in die Augen einer Frau, die hinter der Absperrung stand, in einem beigen Mantel mit einem monströsen Kragen aus augenscheinlich echtem Pelz, und sie schien ehrlich erbost zu sein.
    »Ja?«, fragte er.
    »Also … der Mann, dass der fremdländisch, groß und übergewichtig gewesen sein soll, ist Quatsch.«
    »Entschuldigung?«
    »Die Frau da auf Ihrem Foto …«
    »Ja?«
    »Die habe ich einmal gesehen, nämlich gestern, weil ich meinen Sohn besucht habe, der zieht gerade um, in eines der neuen Häuser, auf der anderen Seite des Parks …«
    »Ja …«
    »… und ich bin durch den Park gegangen und habe die beiden gesehen. Sie haben gespielt.«
    »Äh … gespielt?«, fragte Seppo.
    »Ja. Gespielt, gelacht. Mit Schneebällen geworfen, erwachsene Leute, also, der Mann zumindest … und der war ganz sicher nicht groß und breit, sondern … normal.«
    »Normal?«, fragte Westerberg.
    »Ja. Normal. Normal und schmal.«
    »Aha …«
    »Auf keinen Fall der auf dem Foto da, das mir Ihr Kollege gezeigt hat. Mein Sohn sagte gerade, er habe diese beiden zusammen gesehen, aber ich …«
    »Moment«, sagte Seppo. Er nahm seine flache Scheibe und hielt sie in die Höhe. Westerberg sah das Bild des Toten, der noch immer wenige Meter entfernt auf dem Boden im Schnee lag, friedlich sah er aus auf diesem Foto, dem Polizeifotograf war es gelungen, ihn abzulichten, als schlafe er.
    »Genau. Das ist er nicht«, sagte die Frau.
    »Nicht …«, sagte Seppo.
    »Nein. Das gestern war ein anderer. Schmal. Normal. Sie haben Englisch gesprochen«, sagte die Frau. »Und er mit diesem unverkennbaren Akzent … unserem Akzent.«
    »Ein Finne?«, fragte Seppo.
    »Ja, natürlich.«
    »Ein schmaler normaler Finne«, murmelte Westerberg.
    »Ja. Ich fand es … komisch … dass ein Mann da mit Schneebällen um sich wirft … aber irgendwie … war es ja auch nett … ich hatte fast Lust, mitzumachen. Er schien glücklich zu sein. Und sie auch. Ich habe mich dann später noch gewundert … weil die beiden Englisch gesprochen haben … also … weil …«
    »Ja?«, sagte Westerberg.
    »Na, für mich waren die beiden Vater und Tochter. Und das habe ich eigentlich selten gehört, dass die Tochter nicht die Sprache vom Papa sprechen kann.«
33
    Die Sonne sah aus wie ein ungewöhnlich heller Mond in einem makellosen Himmel.
    Markus Sedin fixierte sie, zwang sich, dem Licht standzuhalten, bis der Schmerz hinter seinen Augen zu brennen begann. Dann wendete er sich ab und betrachtete wieder die Geschichte, die in unmittelbarer Nähe, aber weit entfernt, im Zentrum

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