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Tage in Burma

Tage in Burma

Titel: Tage in Burma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Orwell
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hausierte) hatte
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    vielleicht etwas bessere Arbeit geleistet, als er wollte. Jedenfalls bestand die Möglichkeit neuer Unruhen - einzelne, wirkungslose Gewalttaten wahrscheinlich. Selbst U Po Kyin wußte davon
    noch nichts. Aber wie gewöhnlich waren die Götter auf seiner Seite, denn durch jeden weiteren Aufstand würde der erste
    ernster erscheinen, als er gewesen war, und so zu seinem Ruhm beitragen.
    XXI
    Westwind, ach, wann wirst du wehn, uns mit Regen zu
    versehn? Es war der erste Juni, der Tag der
    Generalversammlung, und noch war kein Tropfen gefallen. Als Flory den Clubweg heraufkam, hatte die Nachmittagssonne,
    deren schräge Strahlen unter seine Hutkrempe fielen, noch
    genügend Kraft, um seinen Nacken unangenehm zu versengen.
    Der Mali, der zwei Kerosinfässer mit Wasser an einer Schultertrage trug, taumelte den Pfad entlang, und seine
    Brustmuskeln waren schlüpfrig von Schweiß. Er stellte die
    Fässer hin, planschte ein wenig Wasser über seine mageren
    braunen Füße und begrüßte Flory mit einem Selam.
    »Nun, Mali, wird es Regen geben?«
    Der Mann deutete mit einer vagen Geste gen Westen. »Die
    Berge halten ihn gefangen, Sahib.«
    Kyauktada war fast ringsum von Hügeln umgeben, und diese
    fingen die ersten Regenschauer ab, manchmal bis fast Ende Juni.
    Das Erdreich der Blumenbeete, das zu großen unregelmäßigen Brocken gehackt war, sah grau und hart aus wie Beton. Flory ging in den Salon, wo er Westfield fand, der auf der Veranda herumstand und über den Fluß hinausblickte, denn die
    Bambusrohrjalousien waren hochgerollt. Am Fuß der Veranda
    lag ein Chokra auf dem Rücken in der Sonne, zog mit der Ferse das Punkahseil und beschattete sein Gesicht mit einem breiten Streifen eines Bananenblattes.
    -267-
    »Hallo Flory! Du bist dünn geworden wie eine
    Bohnenstange.«
    »Du auch.«
    »Hm, ja. Verdammtes Wetter. Kein Appetit außer zum
    Saufen. Herrgott, werde ich froh sein, wenn die Frösche
    anfangen zu quaken. Trinken wir eine n Schluck, ehe die ändern kommen. Butler!«
    »Weißt du, wer zur Generalversammlung kommen wird?«
    fragte Flory, als der Butler Whisky und lauwarmes Sodawasser gebracht hatte.
    »So ziemlich alle, glaub ich. Lackersteen ist vor drei Tagen vom Lager zurückgekommen. Bei Gott, der Mann hat sich
    glänzend amüsiert, mal weg von seiner Alten! Mein Inspektor hat mir erzählt, wie es da in seinem Lager zugegangen ist.
    Ganze Scharen von Nutten. Muß sie extra aus Kyauktada
    importiert haben. Wird schon sein Fett abkriegen, wenn die Alte seine Clubrechnung sieht. Elf Flaschen Whisky in vierzehn
    Tagen in sein Lager rausgeschickt.«
    »Kommt der junge Verrall?«
    »Nein, der ist ja nur zeitweiliges Mitglied. Aber der würde sowieso nicht kommen, der junge Spund. Maxwell wird auch
    nicht hier sein. Kann gerade jetzt nicht vom Lager weg, sagt er.
    Er hat geschrieben, Ellis soll ihn vertreten, wenn es zu einer Abstimmung kommt. Aber ich glaube nicht, daß über irgendwas abzustimmen ist, heh?« setzte er hinzu und sah Flory verstohlen an, denn beide erinnerten sich an ihren früheren Streit über dieses Thema.
    »Ich nehme an, das liegt bei Macgregor.«
    »Ich meine, Macgregor wird diesen Quatsch wegen der Wahl
    eines eingeborenen Mitgliedes unter den Tisch fallen lassen, heh? Nicht der richtige Zeitpunkt jetzt. Nach dem Aufstand und so.«
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    »Wie ist das übrigens mit dem Aufstand?« fragte Flory. Er
    wollte noch nicht mit dem Gerangel über die Wahl des Doktors anfangen. In ein paar Minuten würde es sowieso Ärger absetzen.
    »Gibt’s was Neues? Glaubst du, daß sie ’s noch mal versuchen werden?«
    »Nein. Alles vorbei, fürchte ich. Sie haben Schiß bekommen, feige wie sie sind. Der ganze Distrikt ist so ruhig wie eine Mädchenschule. Äußerst enttäuschend.«
    Florys Herz setzte einen Schlag aus. Er hatte im Nebenraum Elizabeths Stimme gehört. Mr. Macgregor kam in diesem
    Augenblick herein, gefolgt von Ellis und Mr. Lackersteen.
    Damit waren alle Stimmberechtigten beisammen, denn die
    weiblichen Clubmitglieder waren nicht stimmberechtigt. Mr.
    Macgregor hatte schon einen seidenen Anzug an und trug die Kassenbücher des Clubs unter dem Arm. Er brachte es fertig, selbst einer so geringfügigen Angelegenheit wie einer
    Clubsitzung einen halboffiziellen Charakter zu geben.
    »Mir scheint, wir sind alle hier«, sagte er nach der üblichen Begrüßung. »Sollen wir also - äh - mit unserer Schwerarbeit beginnen?«
    »Geh du voran, Macduff«, sagte Westfield und

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