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Tage in Burma

Tage in Burma

Titel: Tage in Burma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Orwell
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Sie die Degeneration des Ostens«, sagte der
    Doktor, auf Mattu deutend, der sich wie eine Raupe
    zusammenzog und ein dankbares Winseln von sich gab. »Sehen Sie sich seine elenden Gliedmaßen an. Seine Waden sind nicht mal so dick wie die Handgelenke eines Engländers. Sehen Sie seine Erniedrigung und Servilität. Sehen Sie seine Unwissenheit
    - solche Unwissenheit gibt es in Europa nicht außerhalb einer Anstalt für Schwachsinnige. Einmal habe ich Mattu gefragt, wie alt er sei. ›Sahib‹, sagte er, ›ich glaube, ich bin zehn Jahre alt.‹
    Wie können Sie vorgeben, Mr. Flory, daß Sie solchen
    Geschöpfen nicht von Natur aus überlegen sind?«
    »Der arme alte Mattu, der Aufschwung des modernen
    Fortschritts scheint ihn irgendwie übersehen zu haben«, sagte Flory und warf noch ein Vier-Anna-Stück über die Brüstung.
    »Geh, Mattu, kauf dir was zu saufen. Sei so degeneriert, wie du
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    kannst. Das alles schiebt Utopia noch etwas hinaus.«
    »Aha, Mr. Flory, manchmal glaube ich, Sie sagen das alles
    nur, um - wie sagt man doch gleich? -, um mich aufzuziehen.
    Der englische Humor. Wir Orientalen haben keinen Humor, das ist ja bekannt.«
    »Ihr könnt von Glück sagen. Unser verdammter Humor hat
    uns ruiniert.« Er gähnte, die Hände hinter dem Kopf. Mattu war nach weiterem dankbarem Gemurmel davongeschlurft. »Ich
    sollte wohl gehen, bevor diese verfluchte Sonne zu hoch steht.
    Die Hitze wird dieses Jahr teuflisch werden, ich spür es in den Knochen. Nun, Doktor, wir haben so viel debattiert, daß ich Sie gar nicht gefragt habe, was es Neues gibt. Ich bin erst gestern aus dem Dschungel gekommen. Ich sollte übermorgen wieder
    zurückgehen - weiß nicht, ob ich soll. Ist irgendwas passiert in Kyauktada? Irgendwelche Skandale?«
    Der Doktor sah plötzlich ernst aus. Er hatte seine Brille
    abgenommen, und sein Gesicht mit den dunklen feuchten Augen erinnerte an das eines schwarzen Apportierhundes. Er wandte den Blick ab und sprach ein wenig zögernder als zuvor.
    »Die Sache ist die, mein Freund, daß da eine höchst
    unerfreuliche Angelegenheit im Gange ist. Sie werden vielleicht lachen es klingt nach nichts -, aber ich bin ernstlich in Schwierigkeiten. Oder vielmehr, ich bin in Gefahr, in
    Schwierigkeiten zu kommen. Es ist eine Untergrundsache. Ihr Europäer werdet davon nie direkt hören. Da drüben« - er zeigte mit der Hand auf den Basar - »gibt es unaufhörlich
    Verschwörungen und Intrigen, von denen Sie nichts hören. Aber für uns bedeuten sie viel.«
    »Was ist denn geschehen?«
    »Es ist dies. Da wird eine Intrige gegen mich
    zusammengebraut. Eine sehr ernsthafte Intrige mit dem Ziel, meinen Charakter anzuschwärzen und meine offizielle La ufbahn zu ruinieren. Sie als Engländer werden das alles nicht verstehen.
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    Ich habe mir die Feindschaft eines Mannes zugezogen, den Sie wahrscheinlich nicht kennen, U Po Kyin, der Distriktsrichter. Er ist ein höchst gefährlicher Mann. Der Schaden, den er mir antun kann, ist unberechenbar. «
    »U Po Kyin? Welcher ist das?«
    »Der große, dicke Mann mit vielen Zähnen. Sein Haus ist da unten an der Straße, hundert Meter von hier.«
    »Oh, dieser fette Schurke? Den kenne ich gut.«
    »Nein, nein, mein Freund, nein, nein!« rief der Doktor ganz eifrig; »es kann nicht sein, daß Sie ihn kennen. Nur ein Orientale kann ihn kennen. Sie, ein englischer Gentleman, können sich nicht zur Tiefe eines U Po Kyin herablassen. Er ist mehr als ein Schurke, er ist - was soll ich sagen? Mir fehlen die Worte. Er erinnert mich an ein Krokodil. Er hat die Verschlagenheit eines Krokodils, die Grausamkeit, die Bestialität. Wenn Sie den Ruf dieses Mannes kennten! Seine Ungeheuerlichkeiten! Die
    Erpressungen, die Bestechungen! Die Mädchen, die er
    geschändet, vor den Augen ihrer Mütter vergewaltigt hat! Ach, ein englischer Gentleman kann sich so einen Charakter nicht vorstellen. Und das ist der Mann, der geschworen hat, mich zu erledigen.«
    »Ich habe aus verschiedenen Quellen eine ganze Menge über
    U Po Kyin gehört«, sagte Flory. »Er scheint ein Musterbeispiel eines burmanischen Richters zu sein. Ein Burmane hat mir
    erzählt, daß während des Krieges U Po Kyin dafür angestellt war, Rekruten auszuheben, und er habe ein ganzes Bataillon aus seinen unehelichen Söhnen zusammengestellt. Ist das wahr?«
    »Das kann kaum stimmen«, sagte der Doktor, »denn sie
    wären nicht alt genug gewesen. Aber an seiner Niedertracht ist nicht zu zweifeln. Und nun ist er

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