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Tage in Burma

Tage in Burma

Titel: Tage in Burma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Orwell
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    vorzugsweise über sic h selbst - war die große Freude von Francis’ Leben. Wenn er nach einer Pause von Monaten einen Europäer fand, der ihm zuhörte, quoll seine Lebensgeschichte in unstillbaren Sturzbächen aus ihm heraus. Er sprach in einem nasalen Singsang und mit unglaublicher Geschwindigkeit:
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    »An meinen Vater, Sir, erinnere ich mich wenig, aber er war sehr jähzorniger Mann und viele Prügel mit großem
    Bambusstock ganz voll Knorren auf selbst, kleinen Halbbruder und zwei Mütter. Auch wie bei Besuch von Bischof kleiner
    Halbbruder und ich in Longyis angezogen und unter die burmanischen Kinder geschickt, um incognito zu wahren. Mein Vater ist nie zum Bischof aufgestiegen, Sir. Vier Bekehrte nur in zwanzig Jahren, und auch zu große Vorliebe für chinesischen Reiswein sehr feurig wird publik und verdirbt Absatz vom
    Büchlein meines Vaters mit Titel Die Geißel Alkohol,
    veröffentlicht bei Rangun Baptist Press, eine Rupie, acht Annas.
    Mein kleiner Halbbruder bei einem heißen Wetter sterben,
    immer husten, husten«, usw. usw.
    Die beiden Eurasier bemerkten die Anwesenheit Elizabeths.
    Beide zogen ihre Topis mit Verbeugungen und glänzend
    entblößten Zähnen. Es war wahrscheinlich mehrere Jahre her, daß einer von ihnen Gelegenheit gehabt hatte, mit einer
    Engländerin zu sprechen. Francis verbreitete
    sich
    überschwenglicher denn je.
    Er schwatzte pausenlos, offenbar in Angst, daß man ihn
    unterbrechen und das Gespräch plötzlich beenden könnte.
    »Guten Abend, Madam, guten Abend, guten Abend! Sehr
    geehrt, Ihre Bekanntschaft zu machen, Madam! Sehr schwüles Wetter zur Zeit, nicht wahr? Aber zeitgemäß für April. Nicht zuviel leiden Sie unter Hitzpickel, hoffe ich? Gestoßene
    Tamarinde auf die befallenen Stellen gelegt ist unfehlbar. Ich selbst leide Qualen jede Nacht. Sehr verbreitetes Leiden unter uns Europäern.«
    Er sprach das Wort Europäer aus wie Mr. Chollop in Martin Chuzzlewit. Elizabeth antwortete nicht. Sie betrachtete die Eurasier ziemlich kühl. Sie hatte nur eine verschwommene
    Ahnung, wer oder was sie waren, und empfand es als
    unverschämt, angesprochen zu werden.
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    »Danke, ich werde mir die Tamarinde merken«, sagte Flory.
    »Spezifisches Heilmittel von bekanntem chinesischem
    Doktor, Sir. Außerdem, Sir - Madam, darf ich Ihnen raten, nur Teraihut tragen im April ist nicht weitblickend, Sir. Für
    Eingeborene gut, ihre Schädel sind steinhart. Aber für uns immer Gefahr von Sonnenstich. Sehr tödlich ist die Sonne auf europäischen Schädel. Aber ist es, daß ich Sie aufhalte,
    Madam?«
    Das sagte er in enttäuschtem Ton. Elizabeth hatte sich auch entschlossen, die Eurasier kurz abzufertigen. Sie wußte nicht, warum Flory sich in ein Gespräch verwickeln ließ. Während sie sich abwandte, um zum Tennisplatz zurückzuschlendern,
    schwang sie ihren Schläger in der Luft zur Übung und um Flory an das überfällige Spiel zu erinnern. Er sah es und folgte ihr etwas zögernd, denn er gab sich dem elenden Francis gegenüber nicht gern herablassend, so langweilig er auch sein mochte.
    »Ich muß gehen«, sagte er. »Guten Abend, Francis. Guten
    Abend, Samuel.«
    »Guten Abend, Sir! Guten Abend, Madam! Guten Abend,
    guten Abend!« Sie zogen sich mit mehreren Schwenkern ihrer Topis zurück.
    »Wer sind die beiden?« fragte Elizabeth, als Flory sie
    einholte. »So merkwürdige Geschöpfe! Sie waren Sonntag in
    der Kirche. Der eine von ihnen sieht beinahe weiß aus. Er is t doch aber kein Engländer?«
    »Nein, sie sind Eurasier - Söhne von weißen Vätern und
    eingeborenen Müttern. Gelbbäuche ist unser freundlicher
    Spitzname für sie.«
    »Aber was machen sie hier? Wo wohnen sie? Arbeiten sie
    irgendwie?
    »Sie existieren irgendwie im Basar. Ich glaube, Francis ist bei einem indischen Geldverleiher angestellt und Samuel bei einem Anwalt. Aber sie würden wahrscheinlich von Zeit zu Zeit am
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    Verhungern sein, wenn die Eingeborenen sich nicht ihrer
    erbarmten.«
    »Die Eingeborenen! Meinen Sie, daß sie - daß sie bei den
    Eingeborenen betteln?«
    »Ich denke es mir. Es wäre sehr leicht, wenn man es wollte.
    Die Burmanen lassen niemanden verhungern.«
    Elizabeth hatte dergleichen noch nie gehört. Die Vorstellung, daß Menschen, die mindestens zum Teil weiß waren, in Armut unter ›Eingeborenen‹ lebten, entsetzte sie so, daß sie plötzlich auf dem Weg stehenblieb und das Tennisspiel um ein paar
    weitere Minuten verschoben wurde.
    »Aber wie gräßlich! Ich

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