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Tage in Burma

Tage in Burma

Titel: Tage in Burma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Orwell
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brach ein fürchterliches Geschrei aus.
    Flory ging hinaus. Am Tor im Sonnenschein war ein großes
    Ringen im Gange. Ma Hla May klammerte sich an den
    Torpfosten, und Ko S’la bemühte sich, sie hinauszubefördern.
    Sie wandte Flory ihr von Wut und Verzweiflung verzerrtes
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    Gesicht zu und kreischte immer wieder: »Thakin! Thakin!
    Thakin! Thakin! Thakin! « Es tat ihm im Herzen weh, daß sie ihn nach ihrer Entlassung noch immer Thakin nannte.
    »Was gibt es?« fragte er.
    Anscheinend handelte es sich um einen falschen Zopf, den
    sowohl Ma Hla May als auch Ma Yi beanspruchte. Flory gab
    Ma Yi den Zopf und entschädigte Ma Hla May mit zwei Rupien.
    Dann ruckelte der Karren davon, Ma Hla May saß aufrecht und verstockt zwischen ihren beiden Weidenkörben und streichelte ein Kätzchen auf ihren Knien. Erst vor zwei Monaten hatte er ihr das Kätzchen zum Geschenk gemacht.
    Ko S’la, der sich Ma Hla Mays Entlassung seit langem
    gewünscht hatte, war jetzt doch nicht so ganz erfreut. Er war sogar noch weniger erfreut, als er seinen Herrn zur Kirche gehen sah - oder zu der ›englischen Pagodes‹ wie er es nannte -, denn Flory war an dem Sonntag, als der Padre ankam, noch in
    Kyauktada und ging mit den anderen zur Kirche. Die Gemeinde bestand aus zwölf Personen, darunter Mr. Francis, Mr. Samuel und sechs christliche Eingeborene, und Mrs. Lackersteen spielte
    ›Herr, bleibe bei mir‹ auf dem kleinen Harmonium mit einem lahmen Pedal. Flory war zum erstenmal seit zehn Jahren in der Kirche, Beerdigungen ausgenommen. Ko S’las Vorstellungen
    von den Vorgängen in der ›englischen Pagode‹ waren äußerst vage; aber er wußte, daß Kirchenbesuch Ehrbarkeit bedeutete und Ehrbarkeit war etwas, das er wie alle Dienstboten von
    Junggesellen, bis ins Mark haßte.
    »Da ist Unheil im Anzug«, sagte er niedergeschlagen zu den anderen Dienern. »Ich habe ihn in den letzten zehn Tagen
    beobachtet. Er raucht nur noch fünfzehn Zigaretten pro Tag, er hat aufgehört, vor dem Frühstück Gin zu trinken, er rasiert sich jeden Abend - obwohl er glaubt, ich merke es nicht, der Narr.
    Und er hat ein halbes Dutze nd neue seidene Hemden bestellt!
    Ich mußte den Dirzi überwachen und ihn Bahinchut nennen, damit sie zur Zeit fertig wurden. Böse Vorzeichen! Ich gebe ihm
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    noch drei Monate, dann ist es aus mit dem Frieden in diesem Haus!«
    »Was, wird er heiraten?« fragte Ba Pe.
    »Das glaube ich bestimmt. Wenn ein weißer Mann in die
    englische Pagode geht, so ist das, wie man sagen könnte, der Anfang vom Ende.«
    »Ich habe in meinem Leben viele Herren gehabt«, sagte der
    alte Sammy. »Der schlimmste war Oberst Wimpole Sahib, der
    wies seine Ordonnanz an, mich über den Tisch zu legen, und dann kam er von hinten angerannt und trat mich mit sehr
    schweren Stiefeln, weil ich zu oft Bananenbeignets servierte.
    Ein anderes Mal, als er betrunken war, schoß er mit seinem Revolver durch das Dach des Dienerhauses, direkt über unsere Köpfe weg. Aber ich würde lieber zehn Jahre bei Oberst
    Wimpole Sahib dienen als eine Woche bei einer Memsahib mit ihrem Gefeilsche. Wenn unser Herr heiratet, gehe ich noch am selben Tag.«
    »Ich werde nicht gehen, denn ich bin seit fünfzehn Jahren sein Diener. Aber ich weiß, was uns bevorsteht, wenn diese Frau kommt. Sie wird uns anschreien wegen ein bißchen Staub auf den Möbeln und uns nachmittags, wenn wir schlafen, wecken, damit wir ihr Tee bringen, und immerzu im Küchenhaus
    herumschnüffeln und sich über schmutzige Töpfe und
    Kakerlaken in der Mehlkiste beklagen. Meiner Ansicht nach
    liegen diese Frauen nachts wach und denken darüber nach, auf welche neue Art sie ihre Diener schikanieren können.«
    »Sie führen ein kleines rotes Buch«, sagte Sammy, »in das sie das Basargeld eintragen, zwei Annas für dies, vier Annas für das, so daß man kein bißchen daran verdient. Sie machen mehr Gefeilsche wegen des Preises einer Zwiebel als ein Sahib wegen fünf Rupien.«
    »Ach, als ob ich das nicht wüßte! Sie wird schlimmer sein als Ma Hla May. Weiber!« setzte er mit einem zusammenfassenden
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    Seufzer hinzu.
    Der Seufzer fand ein Echo bei den anderen, selbst bei Ma Pu und Ma Yi. Keine faßte Ko S’las Bemerkungen als Kritik an
    ihrem eigenen Geschlecht auf, denn Engländerinnen werden als eine andere, eigentlich nicht einmal menschliche Rasse
    betrachtet, so schrecklich, daß die Heirat eines Engländers für gewöhnlich für jeden Dienstboten im Haus das Signal für Flucht ist,

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