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Tagebuch aus der Hölle (German Edition)

Tagebuch aus der Hölle (German Edition)

Titel: Tagebuch aus der Hölle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Thomas
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diffuses Leuchten, wodurch die Gesichter der Menschen aussahen, als hätten sie sich um ein Lagerfeuer gruppiert.
    Viele der kleineren Gebäude schienen aus Ziegelsteinen erbaut zu sein, die entweder aus schwarzem Bimsstein gehauen oder aus Ton gebrannt waren, den man schwarz angestrichen hatte. Zwischen den größeren Bauten rundum wirkten sie wie Mietslums. Auf ihren flachen Dächern befanden sich Zelte und Wetterschutze, die aussahen wie eine Art erhöhte Barackensiedlung. Die imposantesten Gebäude waren jedoch noch mechanischer, als sie aus der Entfernung gewirkt hatten … ihre Mauern waren mit externen Kreislaufsystemen aus Rohrleitungen bedeckt, mit sich drehenden Uhrenzahnrädern, pumpenden Kolben und laufenden Transportbändern, die sich in tiefen Furchen in der rostigen Haut der verrußten schwarzen Gebäude bewegten. All das erfüllte allem Anschein nach nicht den geringsten Zweck.
    Dort standen aber nicht nur mehrere gigantische Türme, die dem Empire State Building Konkurrenz gemacht hätten, sondern auch diverse Gebäude, die nicht nur gewaltig hoch, sondern schlicht und einfach gewaltig waren und mehrere Blocks einnahmen. Eines dieser Gebäude fiel mir besonders auf, denn es schien nicht ein einziges Fenster zu besitzen. Die meisten Türme hatten dieselben Fensterreihen wie irdische Wolkenkratzer, wobei einige von ihnen beleuchtet, andere dunkel waren, bei manchen das Glas intakt, bei anderen wiederum zerbrochen war. Viele von ihnen hatte man mit Brettern zugenagelt.
    Aus Oblivion drang Lärm zu uns, aber es war nicht der übliche Lärm der Autos und Hupen, den ich aus normalen Städten kannte. Er bestand aus einer Vielzahl von Stimmen, knirschenden und klappernden Maschinen und dem zischenden Dampf, der aus den Ziegelschornsteinen und seltsamen Lüftungen und Gittern in den Rümpfen der Gebäude emporstieg. Oblivion wirkte wie eine gigantische Fabrik, die sich eifrig selbst herstellte.
    Die gesamte Stadt umgab eine Mauer, die etwa vier Stockwerke hoch war und aus riesigen Eisenplatten bestand, die auf unmögliche Weise zusammengelötet und -geschweißt waren. Die Nähte sahen auf den dicken schwarzen Blechen aus wie silberne Narben. Hinter der Mauer erhob sich eine Art Raffinerie, und daneben ein riesiger Berg aus glitzernder Kohle. Und Bauwerke, die ebenso gut Kirchtürme wie Minarette sein konnten, mit vielschichtigen, reich verzierten Außenflächen. Auf verschiedenen Dächern drehten sich riesige Ventilatoren, möglicherweise Windräder, die Strom erzeugten. Auf anderen ruhten Wassertanks. Viele der hohen Gebäude waren durch Laufstege miteinander verbunden. Alles sah grässlich überfüllt und zusammengeflickt aus, so als habe man eine Stadt wie New York auf ihre halbe Länge und Breite gequetscht.
    Die Mauer, die Oblivion einschloss, hatte die Form eines Sechsecks, wobei sich an jeder Ecke ein schlanker Turm aus Metall erhob. Wie skelettartige eiserne Leuchttürme waren sie alle von einer orange leuchtenden Glühlampe gekrönt. Dann sah ich, dass eine fahrstuhlartige Vorrichtung in einem dieser Nadeltürme eine illuminierte Kugel in Richtung seiner gegenwärtig unbeleuchteten Spitze transportierte. Mir wurde klar, dass es sich bei der Kugel um die buddhagesichtige Kürbislaterne handelte, die ich in der Kutsche gesehen hatte.
    »Was ist das für ein Wesen?«, fragte ich die Inderin und zeigte darauf.
    »Ein Aufseher.«
    »Dann … überwachen sie die Stadt?«
    »Ja. Mehr oder weniger.«
    »Und wo ist der da hingegangen?«
    »Er ist nicht gegangen. Er kommt gerade. Er muss wohl einen ersetzen, dessen Ende gekommen ist. Manchmal werden die Aufseher krank … leuchten schwächer, werden schwarz und sterben. Manchmal werden sie auch von den Verdammten getötet, weil man das Öl in ihren Körpern auch für Lampen benutzen kann.«
    Ah! Ich erinnerte mich wieder an die geheimnisvolle Lampe, die Caroline und ich in Caldera benutzt hatten.
    »Und woher kommt dann dieser hier?«
    »Er wurde vermutlich in der Stadt Tartarus geboren. Dorther stammen die meisten Dämonen in dieser Gegend.«
    »Bist du je dort gewesen?«
    Die Frau drehte sich mit unbeschreiblichem Entsetzen in den Augen zu mir um. »Dort gewesen? Niemand geht jemals dorthin! Nicht freiwillig …«
    Wir hatten die mächtigen Tore der Stadt beinahe erreicht. Sie verliefen auf Schienen, damit sie sich zuschieben und verriegeln ließen, um die Stadt abzusperren. Ich fragte meine Begleiterin, wem die Stadt wohl den Zugang würde versperren

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