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Tagebuch aus der Hölle (German Edition)

Tagebuch aus der Hölle (German Edition)

Titel: Tagebuch aus der Hölle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Thomas
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nach ihr zu suchen. Aber wenn ich Sie beide je dabei erwische, dass Sie mir folgen, dann erschieße ich Ihren Geliebten, das schwöre ich Ihnen.«
    »Vielleicht haben wir ja Glück, und keiner von uns verliert den, den er liebt.«
    Ich trat einen Schritt zurück. »Ich gehe jetzt, Inspektor.«
    »Ich wünsche Ihnen viel Glück.« War sein Lächeln aufrichtig? Zumindest wirkte es erleichtert. »Und danke, dass Sie Vernunft bewiesen haben.«
    »Man nennt das auch Barmherzigkeit. Vielleicht wollt ihr Engel es ja auch mal ausprobieren.« Ich verstaute meine Waffen wieder in meinen Jackentaschen, öffnete die Tür der kleinen Wohnung und trat hinaus. Da ich ihm den Rücken zuwandte und meine Waffen wieder weggesteckt hatte, erwartete ich beinahe, dass Nephi sich doch noch auf mich stürzen würde, aber das passierte nicht. Ich machte die Tür hinter mir zu und schloss die Liebenden in dem Zimmer ein, in dem Chara und ich uns geliebt hatten.

Zweiundsiebzigster Tag (zumindest glaube ich, dass es der zweiundsiebzigste ist)
    Gleich zu Beginn meiner Schicht kündigte ich meinen Job. Nach meiner Begegnung mit Turner gestern fühlte ich mich noch immer voller Kraft und Energie, voller unterdrückter Wut, und dachte mir, ich könnte dieses Gefühl eigentlich auch für etwas Sinnvolles nutzen.
    Ich suchte Bruce auf, teilte ihm meine Kündigung mit und bat ihn um die Münzen für meine letzten Arbeitstage.
    »Was?«, schäumte er. »Du kannst nicht einfach so kündigen! Du stellst dich jetzt sofort wieder an dieses Fließband! Du musst eine Kündigungsfrist einhalten, damit ich mich um Ersatz kümmern kann!«
    »Du kannst dich selber an mein Fließband stellen. Gib mir mein Geld.«
    »Scheiß auf dein Geld. Du kapierst es nicht! Reich von mir aus eine Beschwerde beim Arbeitervorstand ein!«
    Auch wenn ich nirgendwo mehr ohne meine Waffen hinging, widerstand ich in jenem Moment der Versuchung, eine von ihnen zu zücken. Stattdessen stieß ich Bruce nur mit voller Wucht von mir fort. Er landete hart auf seinem Hintern.
    »Du verdammter Hurensohn!«, schnaubte er wütend und rappelte sich wieder auf, während ich mich abwandte. »Das werde ich Mr. Gold erzählen! Er hat mächtige Freunde!«
    »Scheiß auf Mr. Gold. Und sag ihm, seine Dämonenfreunde werden demnächst allesamt eingesammelt und auf den Scheiterhaufen geworfen.«
    »Du bist doch verrückt! Du findest in dieser Stadt keinen Job mehr, dafür werde ich sorgen!«
    Ich finde also in dieser Stadt keinen Job mehr? Manche Leute sind in der Tat wandelnde Klischees. Aber ich habe mir Bruce wirklich nicht ausgedacht, das müssen Sie mir glauben.
    Larry hat alles mit angesehen, aber er wagte es nicht, Bruce auszulachen oder mir zuzujubeln. Trotz all seines rebellischen Geredes hatte er letztlich doch Angst davor, irgendjemanden zu verärgern. Er tat mir leid.
    Als ich mich dem Hotel näherte, in dem ich wohnte, und sich mein Ektoplasma-Spiegel – sozusagen mein Adrenalin – wieder senkte, dachte ich noch einmal in Ruhe darüber nach, ob mein Tun wirklich so weise gewesen war. Chara war möglicherweise tatsächlich zu dem Schluss gekommen, dass es zu riskant war, mich mitzunehmen, und vielleicht wirklich bereits aus der Stadt geflohen … oder sie war, wie ihr Captain, für ihren Ungehorsam bestraft worden. Vielleicht würde ich Oblivion ja doch nicht so bald verlassen. Wollte ich mich wirklich allein auf den Weg nach Pluto oder in irgendeine andere Stadt machen? Und was, wenn ich Oblivion verließ und Chara mich doch noch aufsuchte, nur um dann annehmen zu müssen, ich hätte sie im Stich gelassen?
    Nun, ich hatte Kleidung und ein Dach über dem Kopf. Und trotz meines Hungers und Durstes musste ich ja nicht wirklich etwas essen oder trinken. Solange meine mageren Ersparnisse also reichten, um meine Miete zu bezahlen, würde ich für eine Weile auch ohne Job zurechtkommen.
    Ich sah mein Hotel bereits – und die düsteren Metalltürme der Schwarzen Kathedrale, die wie ein Wäldchen aus abstoßenden Bäumen über dessen Dach aufragten –, als sich mir ein Dämon rasch von hinten näherte und mich am Arm packte.
    Ich wirbelte herum und versuchte, mich zu befreien. Die ernsten Gesichtszüge des männlichen Dämons verzogen sich jedoch kaum, als er mich mit sich fortzerrte. »Wehr dich nicht, sonst muss ich noch grober werden«, murmelte er ruhig.
    »Wo gehen wir hin?«, wagte ich ihn unverschämterweise zu fragen.
    Zu meinem Glück war er ebenso geduldig wie gelangweilt. »Zur

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