Tagebuch der Apokalypse 01
mal auf der Landkarte. Was mich zu einer anderen wichtigen Frage führt. Erst gestern habe ich herausbekommen, wo wir sind. Es scheint mir lange her zu sein, seit wir die Bahama Mama verlassen und blindlings und nach meinem Gefühl tagelang bis zu diesem Ort gelaufen sind. John hat unseren Aufenthaltsort über die Satelliten ausgemacht. Wir haben unsere allgemeine Marschrichtung von der Küste aus geschätzt und dann den Atlas genommen, um die Koordinaten einzugeben.
Zuerst mussten wir das Boot finden. Dann haben wir in winzigen Schritten unsere Koordinaten und die Auflösung angepasst, bis- wir den Ort der Karambolage fanden, an dem der Feuerwehrmann an der hydraulischen Leiter hängt. Danach sind wir, wieder sehr gewissenhaft, weiter nach Nordwesten gegangen, bis wir die Anlage fanden.
Sie war leicht auszumachen, denn das klaffende Loch des Raketensilos ist wie eine deutlich sichtbare Flagge. John hat die genauen Koordinaten aufgeschrieben. Um sicherzugehen, dass wir aufs richtige Foto schauten, habe ich eine Rolle Toilettenpapier mit nach oben genommen, mich versichert, dass die Umgebung sauber ist und dann das offene Schachttor mit einem riesigen X aus Papier markiert.
Nach ungefähr fünfzehn Minuten Wartezeit gab John die Koordinaten erneut ein. Und siehe da, das X wurde dort sichtbar, wo wir die hundert Meter Auflösung eingegeben hatten. Obwohl wir unsere Anlage nicht sahen, wussten wir, dass sie sich mitten auf dem Bildschirm befand. So arbeitet das Programm.
Mit dem Atlas und dem Foto konnten wir ermitteln, dass wir uns in der Nähe des Kleinstädtchens Nada in Texas befinden. Die schlechte Nachricht ist, dass wir uns ebenfalls ungefähr hundert Kilometer südwestlich von Houston befinden. Houston wurde im atomaren Feldzug nicht vernichtet, aber da wir die Fotos nicht vergessen haben, die wir am 8. gemacht haben, wissen wir, dass die Stadt von Untoten wimmelt.
Mit den CCT- Kameras können wir überwachen, was die Untoten am Haupteingang treiben, doch mit Hilfe der Satellitenaufnahmen können wir nun, da wir unsere genauen Koordinaten kennen, auch versuchen, das Gesamtbild im Auge zu behalten.
»Klopf, klopf!«
12. April
22.19 Uhr
Ich habe den Unterhaltungswert des Bunkers noch nicht erwähnt bzw. ihn nicht schriftlich dokumentiert. Es gibt hier einen Salon mit Fernseher, Kassettenrekorder und DVD-Spieler. In dem Holzkasten, auf dem der Fernseher ruht, stehen DVDs dicht an dicht. Nachdem ich den Kasten geöffnet und seinen Inhalt begutachtet hatte, stieß ich auf einen meiner alten Favoriten: »Der Omega Mann.« Auf VHS. Aus irgendeinem Grund kann ich mich nicht dazu bringen, mir den Film nochmal anzuschauen. Es wäre ungefähr so, als würde man sich auf dem Schlachtfeld einen Kriegsfilm ansehen.
Tagsüber laufe ich am Zaun entlang. Ich überprüfe den CCT- Monitor, bevor ich rausgehe, weil ich sicher sein will, dass die Meute noch da ist, wo ich sie zuletzt gesehen habe: vor der dicken Stahltür an der Vorderseite der Anlage, an der sie wie geisteskrank herumkratzen. Nach ungefähr fünfzig Runden am Zaun gehe ich rein und genehmige mir eine Dusche. Normalerweise setze ich mir feste Zeiten, um Wasser zu sparen. Es erinnert mich an die Grundausbildung und an die Offiziersanwärterschule, in der ich mir das Haar shampoonieren musste, bevor ich unter die Dusche ging - um Duschzeit zu sparen. Momentan gönne ich mir eine Minute.
Die anderen haben, so scheint's, weniger Disziplin -oder denken nicht ans Sparen. Ich kann wohl nicht erwarten, dass alle wie eine Maschine agieren. Vielleicht ist das auch seit einiger Zeit mein Problem. Ich hatte eine solche Kriegsneurose, dass ich zur Logik und zur gefühllosen Reaktion zurückgekehrt bin, um mit der gegenwärtigen Lage fertigzuwerden.
Nachdem wir die Anlage vor ein paar Tagen gründlich inspiziert haben, verfügen wir nun über einen passenden Eingang, durch den wir kommen und gehen können, ohne jedes Mal die Schachtleiter benutzen zu müssen. Eine Treppe führt zu dem schuppengroßen Ziegelsteingebäude mit der grau gestrichenen Stahltür. Da diese Tür in Schachtnähe zur Oberfläche führt, halten wir es für das Beste und auch für sicherer, sie zu benutzen.
Tara und ich haben heute Zeit miteinander verbracht. Wir werden allmählich Freunde. Wir haben Annabelle und Laura unter strenger Beobachtung im umzäunten Gebiet spielen lassen. Gestern war ich mit John draußen. Wir haben ein Seil und vier Holzpflöcke aus der Wartungsabteilung mitgenommen
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