Tagebuch der Apokalypse 01
und ein Zäunchen um den offenen Schacht gebaut. Ich möchte nicht, dass jemand versehentlich reinfällt. Man sieht also, dass wir noch immer nicht wissen, mit welchem Code man das Schachttor wieder schließt. John weiß zwar ungefähr, in welcher Ecke des Computers er tätig werden muss, aber er will keinen Fehler machen und den Haupteingang des Komplexes öffnen. Wenn er die Büchse der Pandora öffnet, kämen Hunderte von Dämonen hinein und würden uns zwingen, einen großen Teil unseres Lagers unter Quarantäne zu stellen.
Als ich Laura mit Annabelle draußen spielen sah, vergaß ich die Untoten für eine Weile. Erst nach einer halben Stunde, als der Wind ihr Stöhnen herantrug, fielen mir die verheerenden Umstände wieder ein, die uns zum Hotel 23 geführt hatten. Ich habe die beiden schnell wieder nach unten gescheucht, als der Wind anfing, den Gestank verwesenden Fleisches und eine aus grauenhaftem Ächzen bestehende Sinfonie herüberzuwehen.
14. April
23.57 Uhr
Wir hatten für ca. zwei Stunden einen Stromausfall. Die batteriebetriebenen Ersatzgeneratoren haben sofort übernommen und das Innere des Komplexes ein wenig mit roter Kampfbeleuchtung erhellt. Ich vermute, dass die Stromversorgung dieser Gegend allmählich versagt. Keine Möglichkeit, es in Erfahrung zu bringen. Um 23.30 Uhr war der Saft wieder da. Ich bin mir sicher, dass das System automatisiert ist, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass es in Zeiten wie diesen noch pflichtbewusste Elektriker gibt, die auf ihrem Posten ausharren.
15. April
19.20 Uhr
Ich gehe heute Abend raus und schaue mir die Umgebung mit dem Nachtsichtgerät an. Ich werde der hohen Untotenpopulation an der vorderen Drucktür aus dem Weg gehen. Hier sind wir ungefähr vierhundert Meter von ihnen entfernt, und zwischen uns liegt ein kleiner Hügel. John wird sie mit den ferngesteuerten Kameras im Auge behalten.
Ich habe ihm mitgeteilt, dass ich die Meute beim kleinsten Anzeichen von Ärger vom Komplex fortlocken werde und er sich keine Sorgen machen solle. Es ist ja nicht so, dass sie im Dunkeln irgendwas sehen könnten. Vielleicht werde ich aber auch langsam selbstgefällig und unterschätze sie. Ich weiß: Wenn sie in großen Zahlen anrücken, sind sie äußerst gefährlich. Sie sind allerdings auch allein gefährlich genug.
Heute habe ich viermal eigenartige, mechanisch klingende Geräusche gehört. Bei einer Gelegenheit bin ich in den Umweltkontrollraum gerannt, um zu sehen, ob sie von dort kommen. Ist aber nicht so. Das Geräusch kommt von irgendwo aus den Eingeweiden des Bunkers. Vielleicht ist es eine Art Pumpe oder ein Ersatzsystem. Ich weiß es nicht. Dies ist übrigens das erste Jahr, in dem ich meine Einkommenssteuererklärung verspätet abliefern werde.
Bin letzte Nacht durch die Umgebung patrouilliert. Bevor ich rausging, haben John und ich uns gewissenhaft die Satellitenaufnahmen vorn Vortag angesehen. Das Gelände ist von zwei Zäunen umgeben. Der Haupteingang ist nur durch einen unterirdischen Tunnel erreichbar. Auf den Fotos ist mir des Weiteren aufgefallen, dass sich auch an der Nordostseite des Komplexes ein Grüppchen aufzuhalten scheint. Ich bin die Treppe hinauf zur Außentür. Ich habe John gebeten, die Lampen in meinem Gebiet abzuschalten, damit sich meine Augen, wenn ich rausgehe, schon ans Dunkel angepasst haben. Ich habe volle zwanzig Minuten gewartet - auf die Anpassung an das Nachtsichtgerät.
Ich setzte es auf, zog die Riemen fest und öffnete die Luke. Die kühle Abendluft roch nach Frühling und Geißblatt. Ich trat über die Schwelle in die Welt der anderen hinaus. Als die Luke hinter mir geschlossen war, nahm ich die Decke von der Schulter und schwang mich an der Stelle über den Zaun, an der wir ursprünglich hereingekommen waren.
Ich kannte zwar den Torcode, wollte aber während eines Adrenalinstoßes keine Zahlenreihen eingeben. Die Decke als Überquerungshilfe schien mir in dieser Situation sicherer. Inzwischen wies sie eine Menge Risse auf. Wenn ich sie noch einige Male benutze, ist sie nur noch gut fürs Feuer. Meine Stiefel berührten den Boden. Ich ließ die Decke über dem Stacheldraht hängen und umrundete das abgezäunte Gelände gegen den Uhrzeigersinn.
Als ich das Nachtsichtgerät auf Infrarot schaltete, sah ich in der Umgebung die Augen zahlreicher nachtaktiver Tiere. Kaninchen, Mäuse und Eichhörnchen waren heute in unserer Gegend sehr lebhaft. So etwas muss man sich für den Speisezettel der Zukunft merken. Ich bog
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