Tagebuch der Apokalypse 01
um die erste Zaunecke und schritt aus.
Nach dem Verlassen des mir vertrauten Gebiets kam ich in einen Komplexteil, den ich nur vom Sehen kannte. Zwischen unserem Zaun und dem anderen klaffte ein fast hundert Meter breites Stück, das ich noch nie betreten hatte. Dort, wo ich stand, schätzte ich, dass John etwa fünfundzwanzig Meter unter mir war. Ich sah, dass mir die hellen Lichter der Überwachungskameras an der Ecke unseres Zauns folgten. Sie verwendeten ebenfalls Infrarot, deswegen waren sie für mein NSG wie Leuchtfeuer. Nach einem Läufchen von etwa einer Minute erreichte ich Zaun Nummer zwei und wandte mich der Nordostecke zu. Je näher ich den Untoten kam, desto lauter wurde ihr Gestöhn. Auch ihr Geruch verstärkte sich. Ich befand mich nun außer Reichweite der meisten Bunkerkameras, mit Ausnahme der am Haupteingang.
Nun sah ich die vor Zaun Nummer zwei gestapelten Toten und hörte in der Ferne, wenn auch nur schwach, die Hauptmeute der unermüdlich an den Haupteingang klopfenden Untoten. Ich machte mich klein und näherte mich lautlos den Toten. Der Zaun wies zahlreiche Unterbrechungen auf. Ich nahm an, dass sie vom Feuer automatischer Waffen verursacht worden waren. Da hatte jemand von innen nach außen geschossen. Die Toten am Boden lagen schon seit langer Zeit dort. Maden und andere Insekten bedeckten ihre blanke Haut.
Im Inneren von Zaun Nummer zwei suchte ich den für die Toten verantwortlichen Schützen. Doch ich sah nur hohes Gras. Der Zaun musste etwas Wichtiges umschließen, aber ich sah keine großen Stahlluken der Art, die ich in der ersten Umzäunung gefunden hatte. Ich werde das Gefühl nicht los, dass der, der diese Untoten erledigt hat, aus Sicherheitsgründen ins Dunkel des Bunkers zurückgekehrt ist. Aber wir haben die ganze Anlage durchsucht und weder etwas Lebendes noch etwas Totes gefunden. Ich dachte erneut an das periodisch auftretende mechanisch klingende Geräusch.
Ich überprüfte den Zaun dort, wo der Schaden am deutlichsten sichtbar war und stellte fest, dass ihn trotz seiner Beschädigungen nichts durchquert haben konnte, das dicker war als ein Menschenarm. An den gezackten Ecken des beschädigten Drahtes waren getrocknetes Blut und Hautfetzen zu erkennen, die andeuteten, dass tatsächlich jemand bei dem Versuch, seinen Henker zu ergreifen, seine Arme hindurchgeschoben hatte.
Ich wandte mich leise um und ging den Weg zurück, den ich gekommen war. Statt geradewegs zum Zaun Nummer eins zu gehen, ging ich zwischen beiden Zäunen her und nahm eine andere Route. Ich kam zwischen den Zäunen auf der Westseite des Komplexes heraus. Erneut fiel mir der lange ebene, grasbewachsene Streifen auf. Er war mir bereits aufgefallen, als wir dieses Gebiet erstmals betreten hatten. Dort hätte ich ohne Probleme ein Kleinflugzeug starten oder landen können. Es war vielleicht keine schlechte Idee, für den schlimmsten Fall irgendwo eine Maschine aufzutreiben. Schließlich ist Fliegen nicht wie Fahrradfahren. Fliegen ist vielmehr eine leicht verderbliche Kunstfertigkeit. Ich sprang über den Zaun, nahm die Decke mit, betrat den Komplex und erzählte meinen Freunden, was ich gesehen hatte.
19. April
12.11 Uhr
Ich bin gestern Nacht von einem dreitätigen Ausflug zurückgekehrt. Er sollte dazu dienen, Vorräte und benötigte Ausrüstungsgegenstände zu organisieren. Ich habe mich schon wieder verletzt und wäre außerdem fast draufgegangen. John hat es mit ein paar Kratzern im Gesicht besser getroffen. Sie stammten von einem um sich schlagenden Untoten. Wir waren die meiste Zeit auf den Beinen.
Mit dem Atlas und der Luftnavigationstabelle, mit der ich schon früher gearbeitet hatte, hatten wir die Lage des nächstliegenden Flugplatzes ausfindig gemacht. Laut unserer Karte existierte ca. dreißig Kilometer nordnordöstlich vom Hotel 23 das kleine private Rollfeld Eagle Lake. In der Nacht vor dem Aufbruch konnten John und ich ein Foto des Gebiets organisieren. Tatsächlich wurden zwei parallel laufende Betonbahnen auf den Satellitenfotos sichtbar. Ein Hangar und zwei kleine Flugzeuge standen neben dem kleinen Tower. Als wir zoomten, konnte man außerdem noch den schwachen Verlauf der 1-10 knapp zwölf Kilometer nördlich des Flugplatzes erkennen. Da wir wussten, dass wir für eine sichere Rückkehr ein Transportmittel brauchten, zoomten wir auf die 1-10 gleich nördlich des Flugplatzes. Auf der gesamten Interstate waren planlos Autos abgestellt. Dies war einst die zwischen den Ruinen San
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