Tagebuch der Apokalypse 02
waren noch in Kunststoff gehüllt. Wir nahmen sie mit und trugen sie zur Tür. Bei der Fortführung unserer Lagerhallenexpedition fanden wir zahlreiche tragbare Notfunkgeräte, aufblasbare Rettungsflöße und andere nützliche Dinge. Wir nahmen die Satellitentelefone und tragbaren VHF- Notfunkgeräte und gingen hinaus.
Unsere Kiste war voll betankt. Wir besaßen vier neue Satellitentelefone, mehrere tragbare Funkgeräte und hatten zudem die überraschende Entdeckung gemacht, dass eine Familie vor einigen Wochen zu einem Flugplatz in Louisiana aufgebrochen war. Es wurde Zeit, also luden wir alles ein und machten uns auf den Rückflug. Diesmal blieben wir so lange auf einer Höhe über 7000 Fuß, bis sich Hotel 23 beinahe genau unter uns befand. Ich wollte nicht das Risiko eingehen, von verirrten Kugeln abgeschossen zu werden. Als wir uns dem Stützpunkt näherten, funkte ich Jan und Tara an und meldete: »Navy One - Bug- und Hauptfahrwerk ausgefahren und eingerastet.« Ich fragte mich, ob jemandem das Rufzeichen der Präsidentenmaschine auffiel, aber niemand raffte es. Davis würde es bestimmt raffen. Wir landeten und versteckten die Kiste wie zuvor. Als wir in den Bunkerkomplex zurückkehrten, dachte ich an die Familie Davis. Ob sie den Flugplatz in Louisiana überhaupt erreicht hatte?
Charles' Wasserturm
4. Juni
22.21 Uhrr
Ich habe mich in den vergangenen drei Tagen mit der Gruppe über die Frage auseinandergesetzt, ob ich versuchen soll, die Familie Davis am Lake Charles zu finden. Ich habe das Kartenmaterial überprüft und festgestellt, dass Lake Charles so weit nicht entfernt ist. Natürlich muss ich, sollte ich den Plan verwirklichen, nicht nur die Entfernung, sondern auch den für die Strecke nötigen Treibstoff genau berechnen. Die anderen glauben wohl, dass das Risiko den Nutzen, die Davis' zu finden, bei weitem überwiegt. John hält sich raus, doch Jan, Tara und William vertreten hartnäckig den Standpunkt, ein solcher Flug könne rasch zu einer Reise ohne Wiederkehr werden.
Obwohl es uns gelungen ist, die Satellitentelefone aufzuladen, gibt es, wie wir feststellen mussten, leider niemanden, den man damit anrufen kann. Sie scheinen aber gut zu funktionieren, wenn wir sie dazu verwenden, sie untereinander anzuwählen. Es hat nicht lange gedauert, ihre Funktionsweise zu verstehen, aber wir haben keine Ahnung, wer die Rechnung kriegt. Ich weiß, dass die Telefone den Fluggesellschaften gehören und weiß auch, dass niemand mehr da ist, der für die Nutzung der Satelliten Rechnungen verschicken kann; ich habe aber die Sorge, es könne eine Art automatische Systemabschaltung geben, wenn so ein Telefon eine gewisse Minutenzahl in Betrieb war.
Im Moment interessiert es mich brennend, was die Leute am Lake Charles gerade tun. Haben sie gehofft, dass jemand ihre Nachricht findet? Ich habe das Bedürfnis, mich mit ihnen zu unterhalten, selbst wenn es bedeutet, dass ich ein Satellitentelefon an einem selbst gebastelten Fallschirm aus der Maschine werfen muss. Das wäre wenigstens etwas. Dann könnten wir mit ihnen kommunizieren, mehr über sie erfahren und Ideen austauschen.
8. Juni
2.26 Uhr
Ich breche heute Morgen auf. John und die anderen bleiben hier für den Fall, dass ich jemanden mitbringe. Ich möchte die Maschine nicht überbelasten. Ich hoffe, die Familie Davis hat sich nicht zu weit vom Flugplatz am Charles entfernt. Während ich hier sitze und den gelben Zettel begutachte, der fast einen Monat alt ist, frage ich mich, ob sie überhaupt noch leben oder vielleicht belagert werden, wie John und ich damals im Tower. William hat mich fast angefleht, ihn mitzunehmen, aber wie gesagt: Es könnte sein, dass ich den Platz für andere Menschen brauche. Ich habe keine Ahnung, was mich erwartet, deswegen kann ich das Risiko nicht eingehen, die Kiste zu überladen.
Neben der üblichen Ladung - einer Pistole mit 50 Schuss 9-mm- Munition und dem Gewehr mit mehreren Hundert Schuss - nehme ich zwei aufgeladene Satellitentelefone mit. Wasser und Proviant für mehrere Tage sollen ebenfalls im Laderaum der Maschine heimisch werden.
Ich habe immer gedacht, mir würde, wenn ich irgendwann meine letzten Worte in dieses Tagebuch schreiben muss, etwas Prägnantes und Bedeutendes einfallen. Da ich aber weder prägnant noch bedeutend bin, leihe ich mir einen Satz eines bedeutenden, längst (wirklich und endgültig) verstorbenen Menschen aus: »Bis zum Letzten ringe ich mit dir; aus dem Herzen der Hölle steche ich auf
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