Tagebuch der Apokalypse 3: Roman (German Edition)
nicht einschlafen. Seit die USS Virginia sich von der Küste Panamas gelöst hatte und unter den blauen Wassern des Pazifiks fuhr, herrschte schlechtes Wetter. Man blieb unter Wasser und war von der Sonne und jeglichem Funkbetrieb abgeschnitten.
Seine Wache richtete sich nach Greenwich-Zeit, und er hatte leider vergessen, inwiefern sie mit dem jeweiligen Stand der Sonne zusammenhing. Kil rollte aus der Koje, und seine Füße glitten problemlos in die Gummilatschen. Er packte seinen Duschkram und flitzte den Gang entlang, wobei er mit der Schulter gegen eins von tausend Rohren und eine Anschlussdose stieß, die an den Schotten entlang verliefen. Dies führte dazu, dass er, bevor er die Duschen erreichte, etwas wacher war. Die Korridore der Virginia waren nicht mal halb so breit wie die des Flugzeugträgers. In den meisten Bereichen kamen zwei Männer nicht mal aneinander vorbei.
Als er ankam, traf er auf eine Schlange. Einige Besatzungsmitglieder kannte er bereits. Die meisten waren Mannschaftsdienstgrade. Die Männer, die ihn als Commander identifizierten, boten ihm an, ihn vorzulassen. Doch er lehnte ab und kämpfte das Verlangen nieder, ihnen zu sagen, dass er vor seiner bizarren und plötzlichen Beförderung nur Lieutenant gewesen war. Er putzte seine Zähne, als er sich an der Reihe der Waschbecken entlang zu den Duschen vorarbeitete. Als sich eine lange Reihe von Seeleuten, deren Wache gerade geendet hatte, hinter ihm bildete, beschloss er, sich schon mal das Haar einzuseifen, um Zeit zu sparen.
Hollywood-Luxus-Duscherei machte einen Mann an Bord eines Unterseebootes zur Zielscheibe von Hass und Spott. Zwar herrschte an Frischwasser kein Mangel (es wurde an Bord produziert), doch war die Virginia im Moment mit Kil, Saien und der an Bord gekommenen Sondereinheit zu 105 Prozent bemannt. Als Offizier hielt Kil es für das Beste, sich besonders gesittet und leise zu verhalten. Bis er die Verhältnisse an Bord genau kannte.
Er kam ohnehin bald an die Reihe, hängte sein Zeug vor der Kabine an die Wand und trat ein. Das Wasser war heiß – besser als die 50/50-Dusche im Hotel 23. Ohne den Mund zu öffnen, sang er »The Star Spangled Banner«. Als er bei »home of the brave« angekommen war, wusste er, dass er nun zum Handtuch greifen sollte.
Beim Weg hinaus fiel Kil auf, dass einer der U-Boot-Fahrer keine Gummilatschen trug, und er dachte: w iderlicher Scheißkerl. Er wäre – fast – lieber mit einem Untoten in den Ring gestiegen, als barfuß einen Duschraum der US-Marine zu betreten.
Zurück in seiner »Kabine« bemühte er sich, Saien nicht aufzuwecken, der noch immer in seinem Sägewerk beschäftigt war und im Schlaf auch dann und wann etwas sagte. Kil schlüpfte in seinen Overall, setzte die Kappe auf, schnallte seine Knarre um und ging in die Kombüse. Die Offiziersmesse war geschlossen, da man Ressourcen einsparen wollte. Nun mussten Offiziere und Mannschaften auf Gedeih und Verderb in der gleichen Kantine tafeln.
Kil nahm seine Kaffeetasse vom Haken an der Wand. Er freute sich, in ihr eine hübsche und ansehnliche Kaffeetapete heranwachsen zu sehen. Da jeder an Bord für sein Geschirr selbst verantwortlich war, bestand keine Gefahr, dass seine Tasse versehentlich gespült wurde. Die meisten Offiziere zogen ihn wegen dieser Marotte auf, doch Kil hatte schon vor seiner Anwerbung auf Tassen mit Kaffeerest gestanden. Es war besser fürs Aroma, und der Kaffee auf diesem Boot konnte jede Hilfe brauchen, die er kriegen konnte. Die Rationen waren klein, und der Kaffee schmeckte meist nach Spülwasser.
Er bestellte bei dem Bürschlein hinter dem Tresen ein Eipulver-Käse-Omelett. Während es gebacken wurde, schaufelte Kil etwas Haferbrei in eine zerschrammte Schale. Beim ersten an Bord genossenen Frühstück waren ihm die mitgekochten Rüsselkäfer im Haferbrei aufgefallen, aber er hatte beschlossen, so zu tun, als wären sie gar nicht da.
Als er allein am Tisch saß, schaute er sich das Bordfernsehen an. Der Film, den der über dem Speisebereich hängende Bildschirm zeigte, hieß Flucht ins 23. Jahrhundert . Kil, der ihn schon vor Jahren gesehen hatte, lachte leise vor sich hin, als der wie ein typisches Produkt der 1970er-Jahre aussehende Roboter im Film um sich haute.
Captain Larsen, der Kommandant der USS Virginia , betrat den Speisebereich mit einem gefüllten Tablett genau in dem Moment, in dem Kil sich eine volle Gabel mit Omelett in den Mund schob und zu kauen begann.
»Darf ich mich zu Ihnen
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