Tagebuch der Apokalypse 3: Roman (German Edition)
Aufschlagpunkt, wenn man bei näheren Reichweiten nicht nach oben ausglich. Er feuerte einen weiteren Schuss auf den Schädel ab und traf den Ausschalter des Dings.
Zeitmesser und Ausschalter, dachte Doc. Der menschliche Körper verfügte über mehrere Killzeitmesser, aber nur wenige Killschalter. Traf man eine Oberschenkelarterie, hatte man einen Zeitmesser. Traf man Herz oder Hirn, hatte man einen Schalter. Aber dies galt für lebendige Menschen. Nun waren die Regeln anders – nur Schalter spielten eine Rolle. Untote respektierten keine Zeitmesser.
Seit die Toten auferstanden waren, hatte man die Trefferskala heraufgesetzt. Volltreffer zählten nun als Fehlschuss. Der einzige zählende Treffer lag oberhalb der Nasenwurzel und unterhalb des Haaransatzes.
Doc und Billy eilten wie Diebe in der Nacht rasch über die Überführung. Mittels ihrer Nachtsichtgeräte sahen sie etwa dreißig Meter vor sich die Wracks eines Auffahrunfalls. Diesen metallenen Jenga-Stapel mussten sie überwinden, um die andere Seite zu erreichen.
Der erste Ausläufer der Untotenhorde lief bereits unter der Überführung her. Die Masse der wandelnden Leichen kam rasch näher. Als der Wind sich drehte und Doc den Gestank roch, den sie verbreiteten, wurde ihm übel.
Er wusste, dass die unerbittliche und tödliche Sache an einem Schwarm dieser Art der war, dass jeder Mist den Kopf der untoten Schlange umleiten und dazu bringen konnte, den Kurs zu ändern. Ein streunender Hund, ein Hirsch, die noch funktionierende Alarmanlage eines Autos. Alles, was man sich vorstellen konnte.
»Doc, lass uns lieber auf der Brücke anhalten und nachschauen, wohin sie gehen«, schlug Billy vor. »Ich möchte nicht auf der falschen Seite landen. Es könnte übel ausgehen.«
Doc dachte kurz nach. Er stellte sich vor, was ihnen im schlimmsten Fall passieren konnte. Angenommen, die Meute teilt sich und ergießt sich von beiden Seiten auf die Überführung? Da haben wir keinen Einfluss drauf. »Wir müssen über die Autos da rüber und ein paar Hundert Meter geradeaus. Wir haben noch ungefähr zwei Stunden, dann müssen wir umkehren, wenn wir vor Sonnenaufgang zu Hause sein wollen. Wir werden ’n bisschen abwarten, aber gefallen tut’s mir nicht. Schau mal.«
Die beiden Männer blickten über die Leitplanke auf den Strom der Untoten. Obwohl Nachtsichtgeräte auf langen Strecken keine besonders hohe Auflösung hatten, wussten sie, dass sie einer kilometerlangen und zehn Meter breiten Schlange von Untoten zuschauten. Keiner von ihnen war darauf aus, genaue Berechnungen vorzunehmen.
Die Fließgeschwindigkeit der Untotenmasse wurde von einem Tröpfeln zu einem Strom. Als sie die Über führung zur Hälfte hinter sich gelassen hatten, machten Doc und Billy sich klein. Allerdings nicht, weil sie dazu gezwungen, sondern weil sie so verdammt ängstlich waren. Es war vergleichbar mit dem Ausstieg aus einem Hubschrauber. Man ging instinktiv in die Knie, was völlig unnötig, andererseits aber auch keine schlechte Idee war.
Sie erreichten den Fahrzeugtrümmerhaufen. Der auf fauligen Füßen sich bewegende Fluss hatte unter ihnen inzwischen seinen Höhepunkt erreicht, was dazu führte, dass die Überführung zu vibrieren begann. Doc riskierte erneut einen Blick über die Leitplanke. Nun war auf beiden Seiten der Brücke eine kilometerlange Schlange auszumachen. Die Untoten vermuteten offenbar nicht, dass ihre potenzielle Beute ihnen von oben zuschaute. Einige Ghoule versuchten, sich von der Meute zu lösen, kehrten jedoch schnell wieder zurück, da das laute Getrampel der Herde sie anzog.
»Lass uns ein Päuschen machen und was futtern«, schlug Doc vor.
»Klingt gut. Uns bleiben mindestens noch zwanzig Minuten.«
Während die Brücke unter ihnen bebte und der sich seiner Existenz nicht bewusste tote Strom eine verlassene Straße verwüstete, bevor er im Nichts verschwand, mampften sie Schokoriegel, deren Haltbarkeitsdatum abgelaufen war, und tranken jodhaltigen Wein.
Zwanzig
Arktischer Norden
Crusow, Mark und die drei restlichen Überlebenden der Außenstation trafen sich im Konferenzraum gleich neben dem Kontrollzentrum. Bret und Larry, die Militärberater der Station, und He-Wei Chin, der Wissenschaftler, standen zusammen und trugen noch immer die schweren eisbedeckten Kaltwetterklamotten. He-Wei sprach nur gebrochenes Englisch und war für den Rest der Besatzung manchmal eine Quelle politisch inkorrekter Heiterkeit. Bevor der Chinese in die Arktis geschickt
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