Tagebuch der Apokalypse 3: Roman (German Edition)
Trümmer das Wachstum der Vegetation hemmten, konnte man die Straße hin und wieder sehen. Der jahreszeitliche Frost, Tauwetter und der Totalausfall der Autobahnmeistereien hatte manche Straßenabschnitte in Schottergruben verwandelt. Doc erinnerte sich an die verblassten Überreste der aus den 1880er-Jahren stammenden Bahngleise in der Umgebung seiner Heimstadt. Es dauert nicht mehr lange, dachte er, dann blüht den Highways das gleiche Schicksal.
Doc transportierte die Landkarte in einem transparenten, an seinem linken Unterarm befestigten Beutel. Sie war so gefaltet, dass sie das Gebiet zeigte, welches sie nun durchquerten. Er zählte weiterhin seine Schritte und überprüfte alle hundert Meter ihre Position.
»Noch zweitausend Meter bis zum Ziel«, sagte er leise, damit Billy auf dem neuesten Stand war.
»Verstanden«, gab Billy ebenso leise zurück.
Sie gingen, nicht weit vom Highway entfernt, an einem alten Rinderpfad vorbei. Von Untoten war weit und breit nichts zu sehen. Nur der Nachtwind und etwas Mondlicht waren ihre Begleiter.
»Da hinten kommt ’ne Überführung, Billy. Jetzt müssen wir die Straße nehmen und drunter hergehen, Mann.«
»Das gefällt mir nicht, Boss. Geht mir gegen den Strich.«
»Tja, was meinst du?«, fragte Doc, damit Billy eine Alternative ausspuckte. Er ging bei seinen Leuten oft so vor. Er gab ihnen einen Schubs, damit sie auf Achse eine schnelle taktische Entscheidung fällten. Seiner Meinung nach machte so etwas aus ihnen bessere Anführer.
»Lass uns ’n paar Meter neben der Straße hergehen. Wir gehen so dicht wie möglich an die Überführung ran und schauen nach, wie es darunter aussieht. Wenn sie befallen ist, nehmen wir die Überführung. Wenn nicht, gehen wir drunter her.«
»Scheiß drauf«, erwiderte Doc scherzhaft. »Hast du The Rock nicht gesehen? Man kriecht nie am Boden entlang.«
Mit dem Hauch eines Lachens näherten sie sich seitlich der Überführung. Doc hatte zwar das Kommando, aber er war nicht dumm. Er hörte auf seine Leute, und besonders auf Billy Boy. Billy war Apache, und sein Instinkt war geradezu unheimlich. Außerdem war er so vorsichtig wie ein Wolf. Wenn Billy rannte, die Knarre hob oder sich zu Boden warf, tat Doc das Gleiche, und zwar schnell.
Doc begutachtete die Überführung durch das Fernrohr seines Gewehres. Die gesamte Brücke war voller Autos. Darunter sah es nicht anders aus. Er schaute sich die Einzelheiten an. Billy gab ihm instinktiv Deckung. Doc schwenkte von da nach dort, sah aber nur ein paar Untote, die in den Autos Winterschlaf hielten oder zwischen den Blechhaufen feststeckten.
Billy witterte urplötzlich Fäulnisgeruch im Wind und klopfte Doc zur Warnung auf die Schulter. Damit der Alarm auch wirklich ankam, kniff er ihm zusätzlich in die Nase. Sekunden später sahen die beiden Männer die Spitze einer Meute an einer Biegung in der Ferne die Straße hinabwanken.
»Sie kommen. Bäh, ich kann sie schon riechen. Und es sind ’ne Menge.«
»Lass uns einen Moment rasten und nachschauen, was uns erwartet«, erwiderte Doc. »Wir wollen ihnen doch nicht voll in die Arme laufen.«
Mehrere angespannte Minuten später wussten sie, was sie nicht tun sollten. Ein großer blökender Schwarm näherte sich von Norden her und kam über den Highway, der unter der Überführung herführte, genau auf sie zu.
Die Zeit wurde knapp.
»Wir müssen jetzt abhauen, Billy. Auf dieser Seite wollen wir uns nicht festnageln lassen. Wenn es dazu kommt, erreichen wir die Absturzstelle nie.«
Die beiden Männer rannten los. Ihr fast einen halben Zentner schweres Gepäck kam ihnen nun, wo das Adrenalin sie vorwärtsschob, plötzlich so leicht wie ein Kissen vor. Sie gelangten auf die Westseite der Überführung und liefen oberhalb der Straße nach unten. Das Röcheln der sich nähernden Meute riss die Untoten zwischen und in den Autos aus ihrem Dämmerzustand.
Billy schaute Doc von der Seite an. »Bezaubernd.«
Seine schallgedämpfte Waffe schaltete drei Kreaturen auf der zerbröselnden Überführung aus. Doc schoss auf zwei andere. Bei der zweiten zielte er tief. Die Kugel durchschlug den Hals der Kreatur, verfehlte das Rückgrat und verspritzte tote Muskeln und Fett über das Geländer der Überführung. Doc verwünschte sich stumm, weil er den Halte- und Aufschlagpunkt der Waffe nicht bedacht hatte. Wie die meisten Rotpunktoptiken war sein Aimpoint-Micro einige Zoll über der Rohrseele seines M-4 befestigt. Dies führte zu einem niedrigen
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