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Tagebuch der Lust

Tagebuch der Lust

Titel: Tagebuch der Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ava Pink
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einen Vorsprung zu verschaffen. Es dauerte Wochen, ehe ich wieder aufatmen konnte.
    Mein Bruder schickte mir ein Telegramm, mit den Worten:
    Der Vogel ist gelandet.
    Ich war überglücklich, denn jetzt hatte ich endlich die Gewissheit, dass Matthew und seine Frau in eine sichere Zukunft blickten.
    Ja, ich schenkte vielen Menschen eine gute Zukunft, nur meine eigene lag nach wie vor im Dunklen. Zwei Jahre vergingen, und ich feierte mittlerweile meinen vierundzwanzigsten Geburtstag. Das Verhältnis zwischen Caleb und mir zerbrach endgültig. Er nahm sich ein Haus in der Stadt und führte seine Geschäfte von dort aus. Alisha kam mich des Öfteren besuchen. Sie hatte mittlerweile eine zuckersüße Tochter und war erneut schwanger. Es versetzte mir jedes Mal einen Stich ins Herz, wenn ich die kleine Jo in meinen Armen hielt. Ich hatte alles verloren. Meinen Mann, meine große Liebe und die Hoffnung, jemals selbst Mutter zu werden. Ich fristete mein Dasein auf einer Plantage, über die ich mehr und mehr das Sagen hatte.
    Da weder Caleb noch Jethro sich um die Abläufe kümmerten, hatte Caleb einen Verwalter eingestellt, der mir allerdings über alle Maßen wohlgesonnen war. Er bezog mich in jede Entscheidung mit ein, und wir arbeiteten Hand in Hand. Ich machte meine Sache gut. Tag für Tag ritt ich die Felder ab, und sorgte dafür, dass es den Sklaven an nichts mangelte. Nach weiteren zwei Jahren hatte ich, mit der Hilfe des Verwalters, der Plantage zu noch mehr Reichtum verholfen. Eines jedoch tat ich in all den Jahren nicht mehr. Ich ritt nicht mehr als Antoinette in die Stadt und frönte der Lust. Nachdem Jethro mich verlassen hatte, war mein Herz gebrochen, und ich wollte keinen anderen Mann mehr an meiner Seite. Er ließ sich nicht mehr blicken, und ich erfuhr nur von Alisha etwas über seinen Verbleib.
    Sie erzählte mir, Jethro sei nach ihrer Hochzeit für eine Weile untergetaucht. Was genau er gemacht hatte, entzog sich ihrer Kenntnis. Als er jedoch wieder in Atlanta auftauchte, war er nicht mehr als ein Wrack. Heruntergekommen, spielsüchtig und kaum noch ein Schatten seiner selbst. Er vögelte sich durch die Bordelle und schlief mit jeder noch so abgewirtschafteten Hure, weil für mehr sein Geld nicht mehr reichte. Jethro hatte sein gesamtes Vermögen verspielt und hasste seinen Vater aus vollstem Herzen. Alisha sagte, er habe Caleb sogar bedroht und das in aller Öffentlichkeit. Daraufhin enterbte Caleb seinen Sohn und sprach fortan kein Wort mit ihm. Alishas Schilderungen brachten mich zur Verzweiflung. Was war nur aus dem lustigen und jungenhaften Jethro geworden? Als ich sie fragte, wo er zu finden sei, zuckte sie nur ahnungslos mit den Schultern.
    „Das Letzte, was ich hörte, war, dass er in Missouri bei Sarah, unserer ältesten Schwester, ist.“
    Diese Information war allerdings schon ein halbes Jahr alt, also konnte Jethro überall sein. Ich wusste, wen ich zu fragen hatte. Otis Campbell, Jethros Jugendfreund. Otis war Anwalt, und vielleicht konnte er mir auch aus meiner unglückseligen Ehe hinaus helfen, denn diese bestand sowieso nur noch auf dem Papier. Ich beschloss, mich ein letztes Mal in Antoinette zu verwandeln und Otis meine Aufwartung zu machen.
    Ich betrachtete mich im Spiegel und begutachtete Mollys Werk. Ich war zufrieden mit dem, was ich sah, wenngleich ich mich verändert hatte. Vor vier Jahren war Antoinette eine zarte Blume, jetzt war ich eine Frau, deren Rundungen ausgeprägter waren und auf deren Gesicht sich der Kummer der letzten Jahre widerspiegelte. Nichtsdestotrotz war ich nach wie vor eine sinnliche und bildschöne Frau und hoffte, Otis würde es genauso sehen. Ich bestieg meinen treuen Ghost und ritt nach Atlanta. Wie hatte ich dieses Gefühl vermisst! Und es war deutlich besser als in damaligen Zeiten, denn jetzt musste ich mich nicht mehr verstecken, wenn ich nach Hause kam.
    Ich wusste, wo Otis' Kanzlei lag und steuerte genau darauf zu. So lange hatte ich den einst nervösen, schüchternen Mann nicht gesehen und wurde selbst ganz aufgeregt. Ob ich meine Rolle noch beherrsche? , fuhr es mir durch den Kopf. Was wäre, wenn man mich vergessen hatte? Wenn die einstige Göttin der Lust nur noch eine blasse Erinnerung mit einem faden Beigeschmack war?
    Doch ich machte mir zu Unrecht Gedanken, wie ich feststellen durfte. Als Otis mir die Tür öffnete, verschlug es ihm glatt die Sprache.
    „Miss Antoinette“, stammelte er. „Sind Sie es wirklich?“
    „Leibhaftig, mein lieber

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