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Tagebuch eines Engels

Tagebuch eines Engels

Titel: Tagebuch eines Engels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carolyn Jess-Cooke
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weiterfahren, Passanten über die Kreuzung führten und sich mit deren Engeln berieten. Und dann verschwanden sie genauso schnell, wie sie aufgetaucht waren.
    Langsam verblasste das Licht um mich herum wieder. Ich berührte meine Arme und mein Gesicht und stellte fest, dass ich schweißgebadet war.
    Ich ging zu Margots Wagen, setzte mich wieder auf die Rückbank und fragte mich, was da wohl gerade mit mir passiert war. Ich musste dringend Nan fragen, aber die tauchte nirgendwo auf.
    Margot sah zu Sonya hinüber.
    Â»Also, nächstes Mal brauchst du nicht unbedingt eine Knarre mitzubringen.«
    Sonya sah zu Margot. »Aber es hat doch funktioniert, oder?«
    Schweigen. Dann: »Es tut mir leid. Ob du’s glaubst oder nicht.«
    Â»Ich glaub’s. Mir tut es auch leid.«
    Â»Meine Karte«, sagte Sonya und warf eine schwarze Visitenkarte aufs Armaturenbrett. »Lass von dir hören, Margie.«
    Sie stieg aus und packte die Waffe zurück in ihre Tasche. Am Fenster hielt sie noch einmal inne und beugte sich zu Margot herein. »Tu mir einen Gefallen«, sagte sie. »Tu dich wieder mit Tobes zusammen.«
    Und damit ging sie.

– 24 –
    DIE KARTEN WERDEN NEU GEMISCHT
    Am nächsten Morgen nahm ich auf dem Qantas-Flug von New York nach Sydney meinen Platz in der Angel Class ein, blickte hinab zu den Lichtern auf der Erde und beobachtete, wie die Engel die Sterne und Planeten über mir lenkten. Ich dachte an das, was Nan gesagt hatte – Das hier ist Teil deiner Ausbildung –, und strengte meine kleinen grauen Zellen an, um dahinterzukommen, was sie damit gemeint hatte. Warum sollte ich denn wohl ausgerechnet jetzt in den Genuss einer Ausbildung kommen? Dazu war es ja wohl ein bisschen zu spät? Oder meinte sie eine ganz andere Art der Ausbildung?
    Außerdem dachte ich über die Botschaft nach, die mich in jenem entscheidenden Augenblick über meine Flügel erreichte. Vertraue! Ich war einerseits erleichtert, dass ich mich dazu entschieden hatte, dem Befehl Folge zu leisten, und andererseits verwirrt, weil ich nicht wusste, warum man mich angewiesen hatte, einfach nur zu vertrauen. War ich nicht in das Auto gesetzt worden, um etwas zu tun, das den Unfall verhindert hätte? Schließlich hatte ich mich einfach nur gezwungen, daran zu glauben, dass irgendwie schon alles gut gehen würde. Keine Ahnung, wie das funktioniert hat. Aber irgendetwas war in dem Moment passiert. Für einen kurzen Augenblick hatte ich mich in etwas anderes – in jemand anderen – verwandelt. Und ich war wild entschlossen, das noch einmal auszuprobieren.
    Also übte ich mich in der hohen Kunst des Hoffens.
    Vielleicht vergeblich, aber immerhin. Hoffen, dass ich bei Gott vielleicht ein paar Pluspunkte sammeln konnte, genug, um ihn meinen Verrat vergessen zu lassen. Hoffen, dass es trotz der Vision vom lebenslänglich einsitzenden Theo, die Nan mir gezeigt hatte, doch noch eine Möglichkeit für mich gab, ihm so weit zu helfen, dass er diesem Schicksal ausweichen konnte. Hoffen, dass ich zu Toby zurückkehren konnte. Ich würde mein Leben dafür geben. Sogar ein zweites Mal.
    Wie Nan es vorausgesagt hatte, gab es Anzeichen dafür, dass die Sachlage sich verbessert hatte, dass einige Dinge sich geändert hatten. Als ich seinerzeit nach Sydney zog, musste ich wochenlang nach einer Wohnung suchen, darum kam ich eine ganze Zeitlang in einem Hostel in Coogee, einem Vorort östlich von Sydney, unter, wo ich mir mit ein paar thailändischen Studenten und einer Frau aus Moskau, die Tag und Nacht nicht vor die Tür ging und bloß dicke, fette Zigarren rauchte und Wodka trank, einen Schlafsaal teilte. Mein Rückfall war quasi unvermeidbar gewesen. Schon bald leistete ich ihr Gesellschaft, und meine Suche nach einer Wohnung, Arbeit und einem neuen Leben ging Flasche für Flasche in russischen Spirituosen unter.
    Margot landete an einem frühen Montagmorgen im September auf dem Flughafen von Sydney. Ich dachte mir, ich erspare ihr den widerlichen Schlafsaal in Coogee, und schlug ihr vor, sie solle direkt nach Manly fahren und dort eine Wohnung mit Blick auf den Strand mieten. Es war nicht ganz unwahrscheinlich, dass mein Vorschlag ein bisschen zu früh kam – tatsächlich hatte ich sie nämlich erst ab Dezember desselben Jahres gemietet –, aber die Manly-Idee gefiel ihr, und sie erkundigte sich nach dem Weg dorthin. Einen Bus und eine

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