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Tagebuch eines Engels

Tagebuch eines Engels

Titel: Tagebuch eines Engels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carolyn Jess-Cooke
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hast du heute Abend schon ein Date?«
    Margot trat einen Schritt zurück. Sie konnte das Weiße in Sonyas Augen sehen und den roten Lippenstift auf ihren Zähnen.
    Sonya trat einen Schritt nach vorne. Paris leckte ihr über den Arm. »Dein Hund mag mich wohl.«
    Margot fasste sich wieder. »Tut mir leid wegen der Bluse. Die ist echt hübsch.«
    Sonya blickte hinunter auf ihr violettes, gerüschtes Seidentop, das ihr nass an der Brust klebte. »Macht nichts, davon kann ich massenweise kriegen. Hier.« Wie aus dem Nichts zauberte sie eine schwarze Visitenkarte hervor und steckte sie Paris unters Halsband. »Du kannst es wiedergutmachen, indem du heute Abend zu meiner Party kommst.«
    Sie zwinkerte Margot lasziv zu und marschierte dann hinaus auf die Fifth Avenue. Sie tropfte immer noch.
    Gleichermaßen hund- wie ahnungslos tauchte Margot am selben Abend vor Sonyas Stadthaus in Carnegie Hill auf. Sie schaute noch mal genau auf der Visitenkarte nach, weil sie sicher war, sich in der Straße geirrt zu haben. Sie klingelte. Im selben Moment wurde bereits die Tür aufgerissen, und Sonya stand in einem hautengen Kleid mit Leopardenmuster vor Margot. »Gewissermaßen!«, kreischte sie und zog Margot hinein. Ich kicherte. Gewissermaßen. Was für eine Frechheit.
    Sonya stellte Margot ihren Gästen vor (sie musste gegen Bob Marley anbrüllen, der aus zwei gigantischen Lautsprechern vor dem Haus plärrte) und steuerte schließlich auf einen Mann zu, den sie vorstellte als »Mr. Shakespeare – der Mann, der meine Partys immer in ein Buch vertieft hinter sich bringt«. Ich hielt die Luft an. Es war Toby.
    Â»Hallo«, sagte Margot und streckte der Gestalt hinter dem Buch die Hand entgegen. »Hi«, ertönte es von hinter dem Buch, und als er sie sah, sagte er noch einmal »Hi«, aber dieses Mal mit einem Ausrufezeichen dahinter.
    Â»Toby«, sagte Toby und stand auf.
    Â»Margot. Ich glaube, wir zwei sind uns schon mal begegnet.«
    Â»Ich überlass euch dann mal euch selbst«, sagte Sonya und rauschte davon.
    Margot und Toby sahen einander unverwandt an und wandten dann verlegen die Blicke ab. Margot setzte sich und nahm das Buch zur Hand, in dem er gelesen hatte. Toby fummelte an den Gürtelschlaufen am Bund seiner Hose herum, bevor er sich neben sie setzte. Ein kurzer Blick zu Sonya, die am anderen Ende des Zimmers flirtete und lachte, genügte mir als Bestätigung meines Verdachts: Toby war schon immer mehr an Sonya interessiert gewesen als an mir. Von Anfang an.
    Â»Also«, sagte Margot. »Du bist Toby.«
    Â»Ja«, sagte Toby. »Ich bin Toby.«
    Haben wir wirklich so rumgeeiert? Ich hatte unser erstes Treffen immer viel dynamischer in Erinnerung.
    Â»Bist du mit Sonya zusammen?«
    Toby blinzelte ein paar Sekunden, dann machte er den Mund auf und wieder zu.
    Â»Ã„h, wie soll ich unsere Beziehung beschreiben … Sie hat mir als Baby immer meinen Schnuller geklaut. Ich glaube, sie hat sich auch irgendwann mal ganz nackt ausgezogen und ist in mein Gitterbettchen geklettert. Aber abgesehen davon ist unser Verhältnis rein platonisch.«
    Margot nickte und lächelte. Gaia trat hervor und neigte sich zu Toby hinunter : Margot ist die Frau deines Lebens, Toby.
    Einfach so sagte sie das. Aber was noch viel wichtiger ist: Toby schien zu hören, was sie sagte. Er wandte sich kurz Gaia zu. Sein Herz raste nach dieser ihm blitzartig zuteilgewordenen Erkenntnis, und ich beobachtete ihn, selbst wie gelähmt vor Verwunderung und Demut. Gaia wusste, dass ich Margot gewesen war, und sie war dabei, als ich ihn des Mordes bezichtigt hatte. Trotzdem war sie hier und ermunterte ihn, sein Leben mit ihr zu teilen.
    Toby wandte sich Margot zu und wollte sie plötzlich besser kennenlernen. Sie war inzwischen ganz in sein Buch vertieft.
    Â»Sehe ich das richtig, dass du gerne liest?«
    Sie blätterte um. »Jeps.«
    Â»Weißt du was, heutzutage sind irgendwie alle so anti-Shakespeare, aber Romeo und Julia muss man doch einfach lieben, oder?«
    Ich lachte. Smalltalk war nun wirklich nicht Tobys Stärke.
    Margots Stärke dagegen waren provozierende, alles plattmachende Aussagen. Sie sah von dem Buch auf, schlug die Beine übereinander und sah Toby sehr ernst an.
    Â» Romeo und Julia ist eine chauvinistische Liebesphantasie. Ich finde, Julia hätte einen Bottich mit heißem Öl über das Balkongeländer

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