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Tagebuch eines Engels

Tagebuch eines Engels

Titel: Tagebuch eines Engels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carolyn Jess-Cooke
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beste Jeans und klopfte bei ihr an.
    Â»Margot?«
    Â»Ich schlafe.«
    Â»Nein, tust du nicht, sonst würdest du nicht antworten.«
    Â»Lass mich in Ruhe, Bob.«
    Â»Ich hab eine Flasche Wein mit. Roten. Cha-bliss .«
    Die Tür ging auf. Margot präsentierte sich in Nachthemd und mit einem extrem verschlagenen Lächeln. »Sagtest du Chablis?«
    Bob inspizierte das Etikett und sah dann wieder auf zu Margot. Ȁh. Ja.«
    Â»Na, dann hereinspaziert.«
    Ich konnte verhindern, dass Bobs Wünsche sich erfüllten – allerdings ging das nur, indem sowohl er als auch Margot sturzbetrunken in der winzigen Küche einschliefen.
    Weniger erfolgreich verlief meine Mission am nächsten Tag, als ich versuchte, Margot die Antworten auf die Prüfungsfragen einzutrichtern. Sie hing im Prüfungsraum an ihrem Pult und kämpfte gegen ihren Kater an. Ich riss die Hände in die Luft und marschierte zum Fenster. Ganz vorn am Tisch der Prüfungsaufsicht saß Toby. Ich setzte mich neben ihn und sah ihm beim Schreiben zu.
    Einige der Sätze, die er schrieb, erkannte ich wieder – sie waren später in seinem ersten Roman Schwarzes Eis vorgekommen. Ein paar Mal machte er unartikulierte, abschätzige Laute und strich dann energisch irgendetwas wieder durch – bis Gaia ihm den Arm auf die Schulter legte und ihn ermunterte, weiterzumachen. Einmal sah ich, wie sie die Hand nach seiner ausstreckte, als er den Stift wütend einmal quer über die Seite riss, aber sie konnte ihn nicht berühren. Ein paar Minuten später konnte sie es dann doch. Ich sah ganz genau hin. Während seine Gedanken so durch die Ideenlandschaften in seinem Kopf wanderten, zog sich seine Aura plötzlich ein-, zweimal krampfartig zusammen, und eine dicke, wie Gletschereis aussehende, Wand umgab ihn. Ungefähr zehn Sekunden lang. Gaia rief Toby wiederholt bei seinem Namen, bis die Wand sich auflöste. Und sie verdunstete nicht in den Äther – sie verdunstete in Toby hinein.
    Â»Was ist das?«, fragte ich Gaia nach einer Weile.
    Sie sah mich kurz an. »Angst. Toby hat Angst, dass er nicht gut genug ist. Ist dir das bei Margot noch nie aufgefallen?«
    Ich schüttelte den Kopf. Jedenfalls nicht so.
    Â»Kann wohl unterschiedliche Formen annehmen«, sagte Gaia und zuckte mit den Schultern. »So sieht das bei Toby aus. Es schirmt ihn ab. Aber ich mache mir Sorgen, weil es ihn in letzter Zeit auch vor guten Dingen abschirmt. Auch ich kann kaum durchdringen.«
    Ich nickte. »Vielleicht können wir gemeinsam daran arbeiten.«
    Sie lächelte. »Vielleicht.«
    Sie bemühte sich weiter, ihn aus seiner Isolation herauszuholen, aber der Schutzschild, diese Wand, baute sich immer wieder auf, und wenn Toby erst mal Angst bekommen hatte, konnte nur er selbst es wieder auflösen. Und das geschah völlig kampflos. Hätte er sich ganz davon befreit, hätte er vielleicht mitbekommen, dass Margot ihre Sachen zusammenpackte und eine Stunde vor Prüfungsende ging.
    Ich folgte ihr nach draußen. Sie schlang die Arme um sich selbst und blickte über den Hudson. Dann setzte sie sich in Bewegung. Sie lief immer schneller, bis sie rannte, und sie blieb nicht stehen, bis wir beide unsere Höchstgeschwindigkeit erreicht hatten. Schweiß lief Margot übers Gesicht, die Haare flatterten hinter ihr her wie ein Kometenschweif.
    Wir rannten und rannten, bis wir auf der Brooklyn Bridge angekommen waren. Margot rang nach Luft, sie keuchte und beugte sich vornüber, ihr Herz raste. Sie sah auf den Verkehr unter der Brücke, lehnte sich gegen das Geländer und bewunderte dann die Skyline von Manhattan. Die Sonne stand noch hoch am Himmel und zwang Margot, sich schützend die Hand vor die Augen zu halten. Sie sah aus, als suche sie nach jemandem. Sie kniff die Augen zusammen – erst in Richtung Twin Towers, dann Richtung Pier 45, bis sie schließlich eine nahe stehende Sitzbank bemerkte und sich daraufsinken ließ.
    Um sie herum leuchteten Traurigkeit und Verwirrung wie kleine Blitze auf. Wie sie so über ihre Knie gebeugt dasaß, sandte ihr Herz Hunderte von kleinen rosa Lichtern aus, die durch ihren Körper kreisten und mit ihrer Aura verschmolzen. Sie machte die Augen zu, ganz fest, und dachte an Mama. Ihr Kinn bebte. Mir blieb nur, ihr eine Hand auf den Kopf zu legen. Na, na, Kleines. So schlimm ist es doch nun auch wieder nicht. Als ich mich neben sie

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