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Tagebuch eines Engels

Tagebuch eines Engels

Titel: Tagebuch eines Engels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carolyn Jess-Cooke
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schütten sollen.«
    Tobys Lächeln erstarb wie brennender Farn. Er wandte den Blick ab und überlegte fieberhaft, was er dem entgegensetzen könnte. Margot verdrehte die Augen, erhob sich und wollte gehen. Im selben Moment war Gaia wieder da und flüsterte Toby etwas zu. Margot sah sich nach einem anderen Gesprächspartner um, nach jemandem, der nicht so eine leichte Beute war, und ich spürte, wie ich Toby in Schutz nehmen wollte.
    Nichts von dem, was Gaia ihm zuflüsterte, drang zu Toby durch – er war so durcheinander angesichts der starken Gefühle, die in ihm aufwallten. Er wollte unbedingt mit Margot in Kontakt kommen. Er war nervös, angespannt und verunsichert, weil er sich so heftig von einer Frau angezogen fühlte, die doch eigentlich so gar nicht sein Typ war.
    Schließlich trat ich einen Schritt auf ihn zu. Toby , sprach ich ihn mit fester Stimme an. Du musst ihr Paroli bieten.
    Dann sagte ich es noch mal. Und dann noch mal. Gaia sah mich an, als hätte ich den Verstand verloren. Dann, endlich, stand Toby auf.
    Â»Margot«, sagte er, als sie sich bereits von ihm entfernte. »Margot!«, rief er noch einmal, und da drehte sie sich um. Es war kurz still zwischen zwei Liedern. Einige der anderen wurden aufmerksam und sahen zu ihnen hin. Toby zeigte auf Margot.
    Â»Das stimmt nicht, Margot. Das Stück handelt von Seelenverwandten, die alle Hindernisse überwinden. Es handelt von Liebe, nicht von Chauvinismus.«
    Da tönte wieder Musik aus den Lautsprechern: die ersten Takte von I Shot the Sheriff . Sonya scheuchte alle von ihren Sesseln hoch, damit sie tanzten. Margot sah durch die anderen hindurch zu Toby und hielt seinem starren Blick stand. Einen Moment lang hätte sie ihm am liebsten irgendeinen unüberlegten Kommentar an den Kopf geworfen. Aber da war etwas in seinem Blick, das sie davon abhielt. Sie ging. Zur Tür hinaus und zurück zu ihrer kleinen Bleibe über Babbington Books.

– 16 –
    DIE WELLE DER VERLORENEN SEELEN
    Im Laufe der nächsten Monate lernte ich so einige Dämonen kennen. Darunter Luciana und Pui, Sonyas Dämonen. Im Gegensatz zu Grogor konnte man die beiden kaum von den vielen schönen Menschen unterscheiden, die bei Sonya ein und aus gingen, und Sonya war sehr von ihnen abhängig. Ich wusste, dass sie eine Menge Zeit mit Sonya verbrachten, konnte sie aber meistenteils nicht sehen.
    Ich erfuhr ein paar Dinge. Zum Beispiel, dass Dämonen sich erstaunlich gut verstecken können. So wie Millionen von Insekten sich in den Abstellkammern und Fußbodenritzen von Häusern herumtreiben, verkriechen Dämonen sich in den Anzugtaschen von Menschen. Ich beobachtete Sonya dabei, wie sie eine Halskette mit einem schweren Perlmutt-Anhänger abnahm, und als sie sie auf ihrer Kommode ablegte, sah ich Lucianas und Puis Gesichter in dem Anhänger. Manchmal ließen sie sich von Sonya in ihrer Designer-Handtasche herumtragen. Und ab und zu wanden sie sich um ihren Unterarm wie ein Amulett. Weil Sonya etwas … sagen wir: unbeständig war, wenn es um Entscheidungen bezüglich ihres Lebensstils ging – montags zum Beispiel konnte man sie beim Yoga und mit einem Glas Aloe-Vera-Saft antreffen, und bereits dienstags konnte man über sie stolpern, wie sie bewusstlos und von Drogen völlig verstrahlt in ihrem eigenen Erbrochenen lag –, hingen Luciana und Pui entweder in vollständiger menschlicher Gestalt auf Sonyas riesigem Sofa herum oder zu dunklen Flecken reduziert auf Sonyas Seele. Aber sie ließen sie nie allein. Oftmals sah ich Sonyas Engel – ihren Vater, Ezekiel, der während ihres Lebens größtenteils durch Abwesenheit geglänzt hatte – geduldig in ihrem Treppenhaus auf und ab gehen, wenn Sonyas Dämonen, Luciana und Pui, ihn wieder einmal vertrieben hatten.
    Nach nur zwei Wochen bot Sonya Margot an, bei ihr einzuziehen. Sie sagte, Margot täte ihr leid mit ihren drei Jobs und – was sie noch viel schlimmer fand – in Bobs widerlicher Wohnung. In Wirklichkeit war Sonya einfach nur einsam. Selbst die Anwesenheit von Luciana und Pui hing mit ihrer Einsamkeit zusammen. Sonya begriff nie, wieso sie sich, wenn sie Drogen nahm, weniger einsam fühlte. Sie schrieb das den Wirkungen der Drogen auf ihr Gehirn zu. Falsch. Das kam daher, dass Luciana und Pui sich um sie rankten wie Efeu, jener wahnsinnig hingebungsvoll rankende Parasit, der auf Dauer jeden Baum in

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