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Tagebuch eines Engels

Tagebuch eines Engels

Titel: Tagebuch eines Engels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carolyn Jess-Cooke
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heiraten, und sie werden versuchen, das zu verhindern.«
    Â»Und warum?«
    Sie sah mich an. »Eine Heirat steht für Liebe und Familie. Genau die Dinge, die Dämonen am allermeisten verabscheuen. Abgesehen vom Leben an sich.«
    Ich folgte ihrem Blick aus dem Fenster. Da waren nichts als das orangefarbene Glühen der untergehenden Sonne und das Aufblitzen entgegenkommender Scheinwerfer.
    Â»Vielleicht sind wir schon dran vorbei.«
    Nan schüttelte den Kopf und blickte weiter gespannt hinaus.
    Auf einmal fing der Wagen an zu schlingern, immer heftiger, quer über die Straße. Ich krallte mich an Tobys Sitz fest und langte nach vorn, um Margot zu beschützen.
    Â»Noch nicht«, sagte Nan ganz ruhig, aber das Auto neigte sich immer mehr nach links, und einen Augenblick lang glaubte ich, wir würden jetzt entweder ganz umkippen oder mit dem Verkehr auf der Gegenseite kollidieren. Da ergriff Nan meine Hand.
    Â»Was sollen wir tun?«, rief ich.
    Â»Jetzt!«, schrie Nan, packte mich am Arm, und schon waren wir mit Gaia draußen und umklammerten bei voller Fahrt die Motorhaube, um den Wagen wieder auf die rechte Fahrbahn zu zwingen. Es wurde gehupt. Mehrere Autos wichen aus und landeten im Graben. Toby rang mit dem Lenkrad und riss das Auto im letzten Moment aus dem Scheinwerferlicht eines schweren Lasters.
    Dann blieb das Auto auf Kurs, und kurz darauf hielt Toby neben einem Schild, auf dem »Herzlich willkommen in Nevada« stand. Der Motor verstummte stotternd, und ich versuchte, wieder klar zu denken. Im Auto hörte ich Margot und Toby lachen.
    Â»Wow! Das war knapp!«
    Â»Ich seh mal eben nach dem Motor.«
    Inzwischen hatte Nan sich auf den Weg in die gelbe Landschaft gemacht, vom Gegenlicht der Sonne in eine Silhouette verwandelt. Ich schirmte meine Augen mit der Hand ab und versuchte auszumachen, was sie sah.
    Â»Was siehst du da?«
    Keine Antwort. Ich sah mich um. Hinter den Konturen der lila Hügel bewegten sich auf einmal irgendwelche Gestalten auf mich zu. Ich ging ihnen entgegen, den Arm erhoben und bereit, mein gleißendstes Licht auszusenden. Zuerst dachte ich, es handle sich um eine Invasion aus der Hölle. Es war so hell, dass ich den Blick abwenden musste. Mindestens hundert goldene, flammende Wesen, viel größer als ich, mit Flügeln aus Feuer. Ich drehte mich um und wollte Nan rufen, aber sie stand bereits neben mir.
    Â»Erzengel«, sagte sie. »Sie wollen uns nur wissen lassen, dass sie hier sind.«
    Â»Gut«, sagte ich. »Aber warum sind sie hier?«
    Â»Hast du es noch nicht gespürt? Sieh dir mal deine Flügel an.«
    Ich verrenkte mich so weit nach hinten, dass mir das Wasser quer über die Brust und bis auf die Füße lief. Meine Flügel waren ganz voll und dunkel, wie das Überlaufbecken eines Stausees. Und dann spürte ich es. So intensiv und beängstigend, als würde ich in den Vorhof der Hölle kommen: Wir wurden gejagt.
    Toby ließ die Motorhaube zufallen und wischte sich die Finger an einem Lappen ab. »Fürchte dich nicht, holde Maid, es ist alles gut«, rief er Margot zu, die kichernd aus dem Beifahrerfenster hing. Er sprang wieder ins Auto und ließ den Motor an.
    Ich wollte auch einsteigen, aber Nan hielt mich zurück.
    Â»Sieh mal.« Sie zeigte auf das Auto.
    Schwarzer Rauch stieg erst spärlich, dann in größeren Schwaden von unter der Motorhaube auf. Ich fragte mich, wieso Toby den Motor nicht wieder abschaltete und nachsah. Stattdessen setzte der Wagen sich schnurrend in Bewegung. Der Rauch stieg weiter auf, wehte über das Autodach und hinunter zum Kofferraum, bis er das ganze Auto wie eine zweite Haut umhüllte. Oder wie ein Schutzschild – ähnlich jenem, den ich bereits um Toby herum gesehen hatte.
    Und dann, mitten im Rauch, eine Fratze.
    Grogor.
    Ich hechtete hinter dem Auto her und sprang aufs Dach. Die letzten Sonnenstrahlen verschwanden hinter dem Horizont, sodass mich Dunkelheit umfing. Ich konnte nicht sehen, wie viel Rauch sich um meine Füße herum bildete.
    Ganz weit hinter mir hielt Nan eine Lichtkugel hoch über ihren Kopf. Sie bewegte sich auf mich zu und wurde immer heller, je näher sie kam. Ich sah zu meinen Füßen hinab, wo der Rauch sich teilte, aber dafür nahm er an anderer Stelle zu und schwoll an wie eine dunkle Woge. »Ruth!«, hörte ich Nan aus der Ferne rufen. In dem Moment türmte sich eine Wand aus

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