Tagebuch Eines Vampirs 01. Im Zwielicht
Baum weg und sprach laut: „Ich warne dich, Stefan. Lege dich nicht mit mir an. Es ist egal, weshalb ich eigentlich herkam. Jetzt will ich Elena. Und wenn du versuchen solltest, mich aufzuhalten, werde ich dich töten.“ „Du kannst es versuchen“, erwiderte Stefan. Die Wut in ihm brannte heißer denn je. Sie strahlte mit großer Helligkeit, wie ein ganzer Himmel voller funkelnder Sterne. Unbewußt fühlte er, daß sie Damons Dunkelheit bedrohte. „Du glaubst, ich kann es nicht? Du wirst es nie lernen, stimmt's, kleiner Bruder?“ Stefan blieb noch genug Zeit, um das müde Kopfschütteln seines Bruders wahrzunehmen.
Dann fühlte er, wie ihn in einer fast unsichtbar schnellen Bewegung zwei starke Hände ergriffen. Er begann sofort, sich heftig zu wehren, versuchte den Griff mit aller Kraft abzuschütteln. Aber er hielt ihn fest wie ein Stahlband. Stefan schlug wütend um sich, er wollte die verwundbare Stelle an Damons Hals gleich unter dem Kinn treffen. Es hatte keinen Zweck. Seine Arme wurden nach hinten gedreht, sein ganzer Körper wurde zur Bewegungslosigkeit verdammt. Er war so hilflos wie ein Vogel in den Krallen einer Katze. Er ließ sich ganz schlaff fallen, um dann zu versuchen, sich unter Anspannung aller Muskeln plötzlich zu befreien und einen Schlag zu landen. Doch die grausamen Hände packten ihn nur fester und machten seinen Widerstand zwecklos. Du warst immer schon stur. Vielleicht wird das dich überzeugen. Stefan blickte in das bleiche Gesicht seines Bruders. Er fühlte eine Hand in seinem Haar. Sein Kopf wurde nach hinten gerissen, sein Hals entblößt. Er wehrte sich verzweifelt. Gib dir keine Mühe, sagte die kalte Stimme in seinem Kopf. Dann spürte er die Zähne und den entsetzlichen Schmerz. Er fühlte die Demütigung und Hilflosigkeit des gejagten Opfers. Das Blut wurde gegen seinen Willen aus seinem Körper gesaugt. Stefan weigerte sich nachzugeben. Die Schmerzen wurden schlimmer. Es schien, als würde ihm die Seele herausgerissen.
Glühende Speere durchzuckten ihn. Die Qual konzentrierte sich auf die zwei Stellen an seinem Hals, in die Damon seine Zähne gesenkt hatte. Stefan wurde schwindlig. Er war nahe daran, das Bewußtsein zu verlieren. Dann ließen ihn die Hände plötzlich los. Er fiel auf den Boden auf ein Bett von verloderten, feuchten Eichenblättern. Nach Atem ringend, richtete er sich mühsam auf Hände und Knie auf. „Siehst du, kleiner Bruder.
Ich bin stärker als du. Stark genug, dich zu überwältigen, dir Blut und Leben zu nehmen, wie es mir gefällt. Überlasse Elena mir, oder ich werde dich vernichten.“ Stefan schaute hoch.
Damon hatte den Kopf zurückgeworfen. Er stand mit leicht gespreizten Beinen da, wie ein Sieger, der bereit ist, dem Verlierer den Fuß in den Nacken zu setzen. Seine schwarzen Augen glühten triumphierend, und Stefans Blut klebte noch an seinen Lippen. Haß erfüllte Stefan. Ein solcher Haß, wie er ihn noch nie erlebt hatte. Im Vergleich dazu war der Haß, den er bisher für Damon gespürt hatte, so gering wie ein Tropfen Wasser in einem Ozean. Sehr oft in den vergangenen Jahrhunderten hatte er bereut, was er seinem Bruder angetan hatte, und sich aus tiefster Seele gewünscht, es ändern zu können. Jetzt jedoch wollte er es wieder tun, wieder und wieder... „Elena gehört dir nicht“, stieß er hervor. Er stand langsam auf und versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, welche Mühe es ihn kostete. „Und sie wird dir nie gehören.“
Langsam, sich auf jeden Schritt konzentrierend, setzte er einen Fuß vor den anderen und begann, sich zu entfernen. Sein ganzer Körper schmerzte, und die Scham, die er fühlte, war sogar noch größer als die körperliche Qual. Erdkrumen und Blätter klebten an seiner Kleidung, doch er wischte sie nicht ab. Er brauchte seine ganze Kraft, um sich weiter zu bewegen und gegen die Schwäche anzukämpfen, die ihn zu überfallen drohte. Du wirst es nie lernen, Bruder. Damons Stimme hallte in seinem Kopf. Stefan blickte weder zurück, noch antwortete er. Er biß die Zähne zusammen und schleppte sich weiter. Ein Schritt, und noch ein Schritt. Wenn er sich nur einen Moment setzen könnte, um sich auszuruhen... Ein Schritt, und noch ein Schritt. Das Auto konnte doch nicht mehr weit sein. Unter seinen Füßen raschelte das Laub, und plötzlich hörte er auch hinter sich Laub rascheln. Er versuchte, sich schnell umzudrehen. Doch seine Reflexe waren fast ganz verschwunden. Die ruckartige Bewegung war zuviel. Ihm wurde
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